Bereits im Alter von neun Jahren wird ihr von einer Wahrsagerin prophezeit, sie werde einmal die Geliebte des Königs: Die 1721 geborene Jeanne-Antoinette Poisson ist die erste Bürgerliche, die zur offiziellen Mätresse eines französischen Herrschers aufsteigt. Der Weg dahin ist allerdings nicht einfach. Lange versucht sie, die Aufmerksamkeit von König Ludwig XV. zu erregen, indem sie in auffallenden Aufmachungen im Park auftaucht, wenn er zur Jagd reitet. Schließlich wird sie zu einem Maskenball geladen, zu dem auch Nichtadelige zugelassen sind. Daraufhin werden die beiden Anfang 1745 ein Liebespaar. Jeanne zieht ins Schloss nach Versailles, studiert höfische Etikette und wird zur Marquise de Pompadour geadelt.
"Wenn man an eine Mätresse denkt, denkt man nur an Sex", sagt die Britin Elena Hermann, die ein Buch über Mätressen geschrieben hat. Bei dieser begehrten Position sei es jedoch um mehr gegangen. "Das war fast wie eine Beziehung, wie bei einer Ehe." Die Institution der offiziell anerkannten Mätresse ist damals gesellschaftlich akzeptiert. Madame de Pompadour nutzt ihre Stellung, um Einfluss auszuüben. Sie ist nicht nur Mäzenin von Künstlern, sie unterstützt auch die französischen Aufklärer Voltaire, Diderot und Rousseau. Außerdem gründet sie die Militärakademie Frankreichs und das französische Konkurrenzunternehmen zur Meißner Porzellan-Manufaktur. Auch in die Außenpolitik Frankreichs greift sie ein und trifft zentrale Entscheidungen im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen.
Erfinderin des "Hirschparks"
Auf dem politischen Parkett fühlt sich Madame de Pompadour wohl, im Bett weit weniger. Ihrer Zofe schreibt sie: "Ich habe solche Angst, den König zu verlieren, wenn ich nicht mehr so bin, wie er es wünscht. Sie wissen doch, dass Männer nun einmal bestimmte Dinge besonders schätzen und es ist mein Unglück, dass ich so kalt bin." Deshalb erfindet sie für den König den Harem von Versailles. Junge Frauen aus dem Volk wohnen unweit des Schlosses in einem Haus, das "Hirschpark" genannt wird. Bei ihrem Abschied - oft nach der Geburt eines Kindes - werden sie mit viel Geld entlohnt.
Madame de Pompadour schafft es dadurch, noch mächtiger zu werden, sagt Hans Pleschinsky, der ihre Briefe herausgegeben hat. "Denn nun konnte der König bei seiner Seelenfreundin alles ausplaudern." Sie habe sein Liebesleben organisiert, alles überwacht und die Rechnungen für die "Liebesdienste" seien bei ihr eingegangen. Madame de Pompadour schafft es über 19 Jahre die "Maitresse en titre" ("Titularmätresse") zu sein, obwohl sie nur in den ersten Jahren mit dem König schläft.
"Im Herzen trage ich den Tod"
Die Marquise hat Macht und Reichtum - und wird dennoch immer unglücklicher: '"Schöne Damen verfolgen mich mit Neid und ich neide ihnen ihre Freiheit." Missgunst und Verachtung stürzten sie in eine "schwarze Melancholie", die ihr alles vergälle. "Ich habe nach Größe verlangt. Jetzt bin ich ihrer überdrüssig. Dennoch muss ich ein fröhliches Gesicht aufsetzen, aber im Herzen trage ich den Tod."
Madame de Pompadour stirbt am 15. April 1764 in Versailles im Alter von 42 Jahren an einer Lungenkrankheit. In ihrem Testament bedenkt sie Kutscher, Stallknechte, Laufburschen, Behinderte und ihre Wahrsagerin von einst. Zur Trauergemeinde gehören 72 Bedürftige aus Versailles. Während der Französischen Revolution werden ihr Grab und ihre Schlösser zerstört. Sie gilt damals als Symbol für das absolutistische Frankreich. Ihren Ausspruch "nach uns die Sintflut" verzeihen ihr die Revolutionäre nicht.
Stand: 15.04.2014
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