Stichtag

5. Juni 1979 - Heinz Erhardt stirbt

"Was bin ich wieder für ein Schelm." Mit Sätzen wie diesem erobert der Komiker Heinz Erhardt in den 50er und 60er Jahren die Bundesrepublik. Mit oftmals etwas biederem Wortwitz avanciert der gutmütig-verschmitzte Dicke mit der Hornbrille und dem lässig über die Glatze gekämmten Resthaar ("Ich trage mein Haar heute offen!") zur witzigsten Verkörperung der Wirtschaftswunderjahre.

Und doch lebt Erhardt ständig in der Angst, die Gunst des Publikums zu verlieren. Geplagt von Lampenfieber, geht er ohne seine zwei Schnäpse nicht auf die Bühne. Und selbst bei Fieber treibt ihn die Furcht vor dem Verlust der Popularität aus dem Bett.

15 Schulwechsel in neun Jahren

Geboren wird Erhardt 1909 im lettischen Riga. Kurze Zeit später trennen sich die Eltern; fortan pendelt der Junge zwischen seinen Großeltern in Riga, seiner Mutter in St. Petersburg und seinem Vater, der Theaterkapellmeister ist, in Deutschland hin und her. "Durch den Beruf meines Vaters musste ich jedes Jahr in eine andere Schule. Er war immer an einem anderen Theater und ich musste immer mit", wird sich Erhardt später erinnern. So bringt er es auf insgesamt 15 Schulwechsel in neun Jahren. Einen Abschluss macht er nicht.

Eigentlich soll Erhardt das großväterliche Musikaliengeschäft in Riga übernehmen. Aber er träumt von einer Laufbahn als Klavierspieler. Tagsüber steht er Noten verkaufend im Laden, am Abend sorgt er in Vereinsheimen für Unterhaltung. 1934 trifft er im Fahrstuhl seine spätere Frau Gilda Zanetti. 1936 bekommt das Paar sein erstes von insgesamt vier Kindern.

"Sizilium, Sizilium!"

1938 hat Erhardt mit "Fräulein Mabel" seinen ersten Hit. Kurz darauf verschlägt es ihn ins "Kabarett der Komiker" nach Berlin. Bevor die Karriere allerdings richtig durchstarten kann, wird der Nichtschwimmer zur Marine eingezogen. Nach 1945 geht er nach Hamburg zum NWDR und entwickelt beim Rundfunksender seine typische Komik, deren Witz sich vor allem aus Wortspielen speist ("Sie hören etwas Klaschisses, Klaschisses... was Altes" - "Das also ist das hüpfende Komma... der springende Punkt!" - "Sizilium, Sizilium").

In den 50er Jahren beginnt Erhardts rasanter Aufstieg zum Alleinunterhalter der Nation im Radio, auf der Bühne und im Fernsehen. Mit 42 Jahren entdeckt ihn auch das deutsche Kino. Komödien wie "Witwer mit fünf Töchtern" (1957), "Immer diese Radfahrer" (1958), "Der Haustyrann" (1959) oder "Was ist denn bloß mit Willi los?" (1970) machen ihn zum Filmstar.

Je größer der Erfolg wird, desto mehr setzt sich Erhardt unter Druck. Ende 1971 erleidet der Komiker einen Schlaganfall, der sein Sprachzentrum zerstört. Acht Jahre muss der Mann, dessen Erfolg im Sprachwitz bestand, damit leben, stumm zu sein. Heinz Erhardt stirbt in der Nacht auf den 5. Juni 1979 in Hamburg.

Stand: 05.06.2014

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