Als schräge spirrelige Type von der Waterkant hat das Publikum Helga Feddersen in Erinnerung behalten. Mit sprödem Mauerblümchen-Charme, mal laut, mal leise, immer herzlich komisch und meist etwas naiv, blödelt die Hamburgerin in den 70er und 80er Jahren über den Bildschirm. Über ihren markant schiefen Mund reißt sie selbst die derbsten Witze. Feddersen: "Stell dir vor, ich tret' demnächst im Ausland auf!" - Antwort: "Das finde ich aber rücksichtsvoll von dir."
Doch Helga Feddersen passt in keine Schublade, schon gar nicht als "Ulknudel". Die Volksschauspielerin überzeugt auch in dramatischen Frauenrollen und als Autorin anspruchsvoller Drehbücher. Pendelnd zwischen "U" wie Unterhaltung und "E" wie Ernsthaftes erklärt sich Helga Feddersen deshalb kurzerhand zum „Ü“.
Gesicht nach Tumor-OP entstellt
Die Tochter eines Hamburger Schiffsausrüsters, am 14. März 1930 geboren, steht bereits mit 19 Jahren als Leonore in Strindbergs "Ostern" auf der Bühne. "Sie war eine Traumfrau und hatte ein zauberhaftes Engelsgesicht", schwärmt noch Jahrzehnte später der Freund und Verleger Knut Reimann. Diese ersten Jahre am Theater sind die unbeschwerteste Zeit in Helga Feddersens Leben – bis sich am Ohr der 25-Jährigen ein bösartiger Tumor entwickelt. Bei der Operation wird ein Nerv verletzt, was zu einer irreparablen Gesichtsentstellung führt.
Die junge Schauspielerin kann kaum noch sprechen, versteckt sich vor den Menschen und will eigentlich, wie sie später bekennt, vom Hamburger Michel springen. Das redet Vater Feddersen ihr aus und überzeugt sie, ihn im Geschäft zu unterstützen. Die Gespräche mit Kunden helfen Helga über ihr Leid hinweg und sie lernt, selbstironisch über ihre "schiefe Schnute" zu lästern. Nach zwei Jahren wagt Helga Feddersen einen Neuanfang als Souffleuse und Regieassistentin beim NDR. Bald steht sie auch wieder vor der Kamera, etwa als Cousine Clothilde in den "Buddenbrooks". 1966 wird die Charakterdarstellerin mit einem Engagement ans Deutsche Schauspielhaus belohnt.
Kult-Comedy aus der "Plattenküche"
Ermutigt durch ihren ersten Ehemann, den 1985 gestorbenen NDR-Dramaturgen Götz Kozuszek, versucht sich Helga Feddersen auch als Autorin. Gleich mit ihrem ersten Fernsehspiel "Vier Stunden vor Elbe 1" gelingt ihr der Durchbruch. In der Sketch-Show "Abramakabra" entdeckt sie als Partnerin von Didi Hallervorden ihr Talent zur Komik. Die schrillen Zwei singen "Du, die Wanne ist voll" und schaffen es mit der Blödel-Version des Songs aus dem Musical "Grease" sogar in die Hitparade. Die Rolle der Ulknudel wird Helga Feddersen nun nicht mehr los. Von 1976 bis 1980 präsentiert sie mit Frank Zander Musik und Comedy in der "Plattenküche" des WDR.
Ein Lebenstraum geht in Erfüllung, als Helga Feddersen 1983 mit ihrem späteren Lebensgefährten Olli Maier in Hamburg das "Theater am Holstenwall" eröffnet. Über 400 Mal spielt sie vor vollem Haus ihre Paraderolle der "Perle Anna". Doch 1987 diagnostizieren die Ärzte erneut einen bösartigen Tumor, diesmal hinter dem Auge. Durch eine Kiefervereiterung verliert Helga Feddersen zudem alle Zähne. Es folgen schwere Jahre mit weiteren Operationen, Tabletten- und Magersucht. Als Olli Maier sie schließlich in eine Nervenklinik bringt, wiegt sie noch 37 Kilogramm. Mit letzter Kraft kämpft sich Helga Feddersen zurück ins Leben und steht im Sommer 1990 noch einmal für die Serie "Großstadtrevier" vor der Kamera. Doch den Krebs kann sie nicht mehr besiegen. Am 24. November 1990, vier Tage nach der Hochzeit mit Olli Maier, stirbt Helga Feddersen in ihrer Heimatstadt.
Stand:14.03.2015
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