Der abgefangene Brief der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe scheint Verbindungen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in die rechtsextreme Szene Dortmunds zu belegen. Über den 30 Seiten langen Brief an einen verurteilten Gefangenen in Bielefeld hatte am Mittwoch zunächst der ARD-Terrorismus-Experte Holger Schmidt berichtet. In dem Brief erwähnt Zschäpe, dass sie den Dortmunder Neonazi erst zwei Monate kenne. In einem Schreiben des Düsseldorfer Innenministeriums an die Bundesanwaltschaft heißt es jedoch, der "außergewöhnliche" Briefverkehr könne Anhaltspunkte dafür geben, dass sich die beiden bereits vorher kannten. Das nordrhein-westfälische Innenministerium gab am Sonntag (16.06.2013) auf WDR.de-Anfrage keinen Kommentar zu Einzelheiten des Vorgangs ab.
Brieffreund als Zeuge gefordert
Zschäpe äußert sich in dem handschriftlichen Schreiben zu zahlreichen persönlichen Aspekten und Eindrücken. Laut "Süddeutsche Zeitung" könnte dies für den psychologischen Gutachter im Münchener Verfahren um den NSU interessant sein - denn mit diesem habe Zschäpe bislang jedes Gespräch verweigert. Die Nebenkläger verlangen, den Brief als Beweisstück in den Prozess einzuführen. "Es ist an der Tagesordnung, dass beschlagnahmte Briefe von Häftlingen verlesen werden. So ein Brief kann die Persönlichkeit der Angeklagten aufhellen", sagte Rechtsanwalt Jens Rabe der "Süddeutschen Zeitung" vom Samstag (15.06.2013). Die Anwältin Angelika Lex regte an, den Brieffreund als Zeugen zu laden.
Der Brief war bei der Kontrolle von Zschäpes Post nicht beanstandet worden, weil das Oberlandesgericht München ihn offenbar für irrelevant hielt. Beschlagnahmt wurde das Schreiben erst in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne, wo der von Zschäpe angeschrieben Robin S. einsitzt. Dort verbüßt der Neonazi, der laut SWR der verbotenen "Hilfsorganisation Nationaler Gefangener" (HNG) angehört haben soll, zurzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen räuberischer Erpressung. S. hatte zuvor auch an Zschäpe geschrieben.
NSU und Dortmunder Neonazis
Seit Monaten wird in Medienberichten über Kontakte der ostdeutschen Terrorgruppe NSU nach Dortmund berichtet. Im Mai 2013 meldete die WAZ, dass Neonazis aus Dortmund bereits im Jahr 1995 gemeinsam mit dem späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos ein Treffen gewaltbereiter Neonazis aus der extremistischen "Blood & Honour"-Szene im ostdeutschen Gera besuchten. Dem Blatt zufolge trafen sich etwa im Jahr 2001 Dortmunder Neonazis im Rahmen der rechtsradikalen Gefangenenhilfe HNG mit einer NSU-Unterstützerin. Im April 2006 erschossen die NSU-Terroristen Mundlos und Uwe Böhnhardt laut Anklage der Bundesanwaltschaft in Dortmund einen türkischen Kioskbesitzer.