Wie Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, wurden landesweit 146 Wohnungen, Vereinsräume und weitere Objekte durchsucht. Die Ermittler stellten bei den Durchsuchungen unter anderem Schusswaffen, Schlagringe, Springmesser und Baseballschläger sicher. Die vom Minister verbotenen Vereine sind "Nationaler Widerstand Dortmund", "Kameradschaft Hamm" und "Kameradschaft Aachener Land".
"Löcher im Netzwerk der Neonazis"
Jäger sagte weiter: "Wir reißen damit große Löcher in das Netzwerk der Neonazis." Er sprach vom "schwersten Schlag" gegen die Neonazi-Szene in Nordrhein-Westfalen. "Aus diesen Kameradschaften haben die Mitglieder eine ganze Reihe von Straftaten begangen - feige, brutale Übergriffe gegen Andersdenkende, Migranten bedroht und verfolgt. Sie stellen den Rechtsstaat in Frage", sagte der SPD-Politiker dem WDR.
Die Beamten stießen auch auf rund 1.000 Plakate der rechtsextremistischen NPD. "Dies macht deutlich, wie eng die Verflechtungen innerhalb dieser Szene sind", kommentierte Jäger den Fund der NPD-Schilder. Kontakte zu der Partei waren nach Angaben von Experten schon lange bekannt.
Vermögen beschlagnahmt
Laut der Aachener und der Dortmunder Polizei handelt es sich um den bislang "umfangreichsten Schlag gegen Rechtsextreme". Neben Dortmund und Aachen wurden Objekte in Düren und Heinsberg sowie in Hamm und dem Kreis Unna aufgesucht. Laut Ministerium wird das Vermögen der Kameradschaften beschlagnahmt. Durch das Vereinsverbot sei den Mitgliedern nun auch verboten, die Vereinssymbole zu tragen.
Razzien auch in Gefängniszellen
Die Beamten suchten die Kameradschafts-Mitglieder sogar in Gefängnissen und in einer Klinik auf, um ihnen die sogenannte Verbotsverfügung persönlich auszuhändigen. Bei der "Kameradschaft Aachener Land" war es laut Polizei zunächst schwierig, Vereinsstrukturen nachzuweisen, denn die Vereinigung sei in keinem Register eingetragen gewesen. Ein Sprecher erklärte: "Verboten werden können nur Vereine, nicht Kameradschaften." Die Razzia dauerte den ganzen Donnerstagvormittag an.
Durchsucht wurden Objekte in Aachen, Ahlen, Bielefeld, Bochum, Castrop-Rauxel, Dortmund, Düren, Essen, Gelsenkirchen, Hamm, Heinsberg, Herdecke, Iserlohn, Köln, Münster, Schwerte, Unna, Welver, Wuppertal, im Rhein-Sieg-Kreis und im Kreis Mettmann.
Der neue Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, bezeichnete die Gruppierungen als gefährlich. "Wir stellen fest, dass es ihnen immer wieder gelingt, Jugendliche in ihre Fänge zu ziehen", sagte Freier. Dies wollten die Sicherheitsbehörden in NRW stoppen.
Mehr rechtsextremistische Straftaten in NRW
Erst im April waren Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die rechte Szene in Nordrhein-Westfalen vorgegangen. Dabei wurden 20 Gebäude in Radevormwald, Düsseldorf, Wuppertal und Essen durchsucht, darunter das Fraktionsbüro der rechtspopulistischen Partei Pro NRW. Außerdem wurden Haftbefehle vollstreckt.
Nach einer jüngst veröffentlichten Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen ist Kriminalität aus dem rechtsextremen Milieu weiterhin ein Problem in NRW. Mit 1.517 rechtsmotivierten Straftaten habe es zwischen Januar und Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 52 Fälle mehr gegeben. Für das Jahr 2011 wurde mit 3.015 Straftaten der dritthöchste Wert für rechte Kriminalität in NRW in den vergangenen zehn Jahren registriert.