Die Ursache für das Unglück im sachsen-anhaltinischen Nachterstedt, bei dem am Samstag (18.07.2009) zwei Häuser in einen Tagebausee gerissen und vermutlich drei Menschen verschüttet wurden, ist weiter ungeklärt. Experten vermuten allerdings eine Spätfolge des dortigen Braunkohleabbaus, der 1991 beendet wurde.
Im rheinischen Braunkohlerevier ist der Abbau in den Gebieten Garzweiler, Hambach und Inden noch im vollen Gange - und könnte ähnliche Folgen haben. Das befürchtet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Tausende Anwohner dort einem "nicht abzuschätzenden Risiko" ausgesetzt sieht. Die Gebiete sollen zwar erst ab circa 2040 geflutet werden, doch der BUND sieht die Anwohner auch jetzt schon gefährdet.
Lage in NRW gefährlicher als in Nachterstedt?
Eine Sichtweise, die Hubert Frambach bestätigt. Er wohnt in Kerpen-Buir direkt am Rand des Abbaugebietes Hambach. "Hier kommt es immer wieder zu ungeklärten Wassereinbrüchen. Der Untergrund bewegt sich bereits heute", sagte Frambach am Sonntag (19.07.2009) zu WDR.de. "Was gestern in Nachterstedt passiert ist, droht uns auch in 20 oder 30 Jahren. Die Bedingungen hier sind noch viel katastrophaler als im Osten." Der BUND teilt diese Einschätzung: "Wegen der enormen Dimensionen der rheinischen Braunkohlentagebaue ist die Gefahr von Erdrutschen hier sogar wesentlich größer als in Ostdeutschland", sagte Dirk Jansen, Braunkohleexperte des Verbandes.
"Mischung aus Wut und Ohnmacht"
Ob in Niederzier, Elsdorf oder Kerpen - die Angst der Anwohner ist seit Samstag größer geworden. Frambach, der eine Bürgerinitiative gegen den Tagebau leitet, beschreibt die Stimmung als "Mischung aus Wut und Ohnmacht". Er glaubt nicht, dass sich aufgrund des Unglücks in Nachterstedt die Politik noch mal neu mit dem Thema beschäftigt: "Wir fühlen uns allein gelassen." Viele Anwohner seien bereits weggezogen, andere steckten nach Vogel-Strauß-Art den Kopf in den Sand.
Betreiber sieht Sicherheit gewährleistet
Die Essener Firma RWE Power, die die drei rheinischen Tagebaue betreibt, sieht zurzeit keinen Anlass, ihre Aktivitäten einzuschränken oder zu überprüfen. Es gebe großräumige Sicherheitszonen im Umfeld der Tagebaue, so Unternehmenssprecher Lothar Lambertz am Sonntag (19.07.2009). Zudem werde die Standsicherheit durch Baumaßnahmen wie Böschungen gewährleistet, die regelmäßig durch den Geologischen Dienst NRW überprüft würden. Lambertz wies daraufhin, dass sich die geologischen Verhältnisse in Sachsen-Anhalt und im Rheinland lokal unterschieden. Da die Unglücksursache von Nachterstedt aktuell noch unklar sei, seien Rückschlüsse für RWE Power vorerst nicht möglich.