Die Steubenparade in New York fällt aus
Tag 6: Gottesdienst statt Festumzug
Stand: 19.09.2001, 15:23 Uhr
Friedrich Wilhelm von Steuben war ein mutiger Mann. Als Generalinspekteur der US-Armee ist es dem Adeligen gelungen, England im Unabhängigkeitskrieg zu besiegen. Das war vor mehr als 200 Jahren. Für Millionen Deutschamerikaner ist der tapfere Preuße der größte deutschstämmige Held, den die Vereinigten Staaten je hervorgebracht haben.
Von WDR.de-Reporter Herbert Bopp
Doch in diesen chaotischen Zeiten in New York müssen selbst Helden dem aktuellen Geschehen weichen: Die Steubenparade durch die Straßen von Manhattan wird zum ersten Mal seit 44 Jahren abgesagt. Dabei war in München gestern noch ganz anders argumentiert worden: Wenn die New Yorker die Steubenparade abhalten, hieß es da, können wir Münchner auch das Oktoberfest feiern. In Wahrheit wurde einer der größten Umzüge des amerikanischen Kontinents wegen des Anschlags auf das World Trade Center abgesagt.
Mehrere Deutschamerikaner unter den Opfern
Statt der Parade findet am Samstag in der Patricks-Kathedrale unter deutscher Schirmherrschaft ein Trauergottesdienst statt. William Hetzler, der Vorsitzende des Parade-Komitees, zu WDR.de: "Man kann nicht feiern, wenn das Leid so groß ist." - Groß ist das Leid auch in den eigenen Reihen: Mehrere junge Deutschamerikaner, die an den Vorbereitungen für die Parade beteiligt waren, werden vermisst: Feuerwehrleute, Polizisten, ein Musiker. Sie alle liegen wahrscheinlich noch immer unter den Trümmern des eingestürzten World Trade Center.
William Hetzler - der Organisator
Die Steubenparade hat eine lange New Yorker Tradition. Jährlich säumen bis zu 500.000 Menschen die Fifth Avenue, zwischen der 63. und 86. Straße. Etwa 10.000 Deutschstämmige und Deutsche nehmen jedes Jahr aktiv an dem Umzug teil: Musikgruppen, Trachtenvereine, Schützengilden, Chöre und Schulen. Zum diesjährigen Festumzug wurden allein aus Deutschland 40 Delegationen erwartet, darunter drei aus Köln. Unter anderem wäre auch eine Karnevalsgruppe aus Köln mitmarschiert.
Auch "Siegfried & Roy" sollten kommen
Einige Vereine hat die Absage aus New York zu spät erreicht. Sie werden, vermutet der aus München gebürtige Parade-Organisator William Hetzler, am Samstag (22.09.01) zum Trauergottesdienst kommen. Nicht dabei sein werden die deutschamerikanischen Star-Zauberer "Siegfried & Roy". Sie konnten für die diesjährige Parade als "Grand Marshals" gewonnen werden. Das ist in Paradekreisen die höchste Auszeichnung, die zu vergeben ist.
Die deutsche Beteiligung an der Steubenparade war schon immer hochkarätig: Ex-Präsident Richard von Weizsäcker war da, Bertelsmann-Chef Gerd Schulte-Hillen ebenso. Und auch der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel führte schon die Gästeliste an.
Heide Simonis kommt zum Trauergottesdienst
Für dieses Jahr war eine Premiere vorgesehen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Steubenparade sollte ein weiblicher Ehrengast aus Deutschland den Umzug anführen. Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis hatte sich in einem Grußwort "über diese hohe Ehre" schon "sehr gefreut". Heide Simonis kommt trotzdem nach New York. Sie wird, wie viele andere Vertreter des öffentlichen Lebens, statt an der Parade am Trauergottesdienst in der St. Patrick's Cathedral teilnehmen.