Reaktionen der Kommunen auf das Sparpaket
Der Bund spart, die Kommunen zahlen?
Stand: 08.06.2010, 15:53 Uhr
Viele NRW-Kommunen befürchten, sich durch das Sparpaket der Bundesregierung noch mehr zu verschulden. Besonders die Abschaffung des Rentenanteils für Hartz-IV-Empfänger stößt auf Kritik. Auch über Kitas wird diskutiert.
"Die Finanzsituation der Kommunen ist teilweise sehr angespannt. Die Bundesregierung bekennt sich hier zu ihrem Teil der gesamtstaatlichen Verantwortung." So steht es in dem Eckpunktepapier der Bundesregierung zum Sparpaket, das Kanzlerin Angela Merkel am Montag (07.06.10) vorstellte. Ein Bekenntnis, das Vertreter von Städten und Gemeinden in NRW ausdrücklich begrüßen. Allerdings regt sich bei den Kommunen auch die Befürchtung, dass sich aufgrund des Sparpakets weitere Belastungen für ihre ohnehin schon angespannten Haushalte ergeben. So sagte Stephan Articus, geschäftsführender Vorstand des NRW-Städtetags: "Haushaltskonsolidierung muss sein. Aber ein Widerspruch entsteht da, wo sich der Bund entlastet und die Kommunen dafür aufkommen müssen."
Verschiebebahnhof vom Bund zu den Kommunen?
Hauptkritikpunkt der Kommunen ist der dritte Punkt von Merkels Sparplänen, betitelt als "Neujustierung von Sozialleistungen". Hier wird unter anderem der Zuschuss zur Rentenversicherung für Hartz-IV-Empfänger gestrichen - das spart dem Bund 7,2 Milliarden Euro bis 2014. Allerdings entstehen dadurch mit Verzögerung Mehrkosten für die Kommunen. Denn wenn die Rente der Hartz-IV-Empfänger nicht ausreicht, bekommen sie die Grundsicherung für Ältere. Die wird zum Großteil von den Kommunen getragen und wächst rasant. Von 2003 bis 2008 stiegen die Ausgaben von 1,35 auf 3,67 Milliarden Euro. Schon jetzt seien die Belastungen für die Kommunen "erdrückend hoch", so Articus. Weitere Kosten seien den Kommunen nicht mehr zuzumuten. Auch der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) warnte vor Belastungen der Länder und Kommunen. "Als Länder werden wir bei der Umsetzung des Sparpakets sehr genau darauf achten, dass hier nicht ein gigantischer Verschiebebahnhof stattfindet und zwar zu Ungunsten der Rentenversicherung und zu Ungunsten der Länder und Kommunen", sagte er in einem Zeitungsinterview.
Streitpunkt Kleinkinderbetreuung bleibt bestehen
Gerd Landsberg, Vorsitzender des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sieht in den Sparmaßnahmen der Bundesregierung lediglich den "Beginn der notwendigen Reformdebatte". Zwar sei es nachvollziehbar, dass die Bundesregierung die Sozialausgaben in den Blick genommen habe. Doch nun müsse die von der Regierung eingesetzte Gemeindefinanzkommission weiter daran arbeiten, "die Finanzen der Kommunen auf eine stabile Grundlage zu stellen". Kritik übte Landsberg an Merkels Aufforderung an die Kommunen, den Ausbau der Betreuungsplätze für Unterdreijährige beschleunigt fortzuführen. Dies werde der Sache nicht ausreichend gerecht, sagte er. Der Bedarf werde weit höher ausfallen als die derzeit anvisierten 750.000 Plätze, zudem sei nicht einmal die Finanzierung der vorgesehenen Plätze ausreichend gesichert. Er forderte eine Neuberechnung der Plätze und Finanzen: "Bund und Länder müssen sich hier stärker engagieren oder aber der Rechtsanspruch muss eingeschränkt oder verschoben werden."
Aachener Resolution - für Merkel persönlich
In der Region Aachen unterzeichneten am Montagabend 51 Bürgermeister und Landräte eine gemeinsame Resolution gegen die Finanznot der Kommunen. Sie forderten, Sozialleistungen anders zu verteilen und äußerten die Befürchtung, dass durch das Sparpaket neue finanzielle Nachteile auf die Kommunen zukommen könnten. Noch im Juni will eine Abordnung aus Aachen nach Berlin reisen, um Bundeskanzlerin Merkel das Papier persönlich zu überreichen.