Vor einem Jahr wurde der Dortmunder U-Turm eröffnet
Das unfertige U
Stand: 28.05.2011, 02:00 Uhr
Der Dortmunder U-Turm wurde vor einem Jahr (28.05.2010) eröffnet - zumindest teilweise. Bis heute sind die Bauarbeiten an dem neuen Wahrzeichen der Stadt nicht abgeschlossen und die Kosten haben sich fast verdoppelt.
Von Katrin Schlusen
"Ich bin so weit, dass ich sage: Ruft mich an, wenn's fertig ist", sagt U-Turm Gründungsdirektor Andreas Broeckmann und rührt in seinem Tee. Er hat zum Interview in die oberste Etage des immer noch nicht fertig gebauten U gebeten, in die sogenannte Kathedrale. Seit dem Winter ist hier ein Restaurant. Seine Lieblingsstelle des Gebäudes kann Broeckmann heute nicht zeigen: An der Besucherterrasse wird noch gebaut - wie überhaupt an so vielen Ecken in dem riesigen Turm. Eigentlich hätte die Terrasse schon längst fertig sein sollen, aber die Firma, die für den Ausbau verantwortlich war, ging Pleite und dann musste der Auftrag neu ausgeschrieben werden. Nach aktuellem Stand ist der Eröffnungstermin wahrscheinlich Ende Juli.
Durchschnittlich über 8.000 Besucher pro Monat
Das Projekt "Dachterrasse" ist nur ein Beispiel für die vielen Bauverzögerungen, die es im ersten Jahr gab. Das Dortmunder U wurde am 28. Mai 2010 eröffnet, aber die Kabel hingen noch von der Decke. Auf einigen Etagen wurden Ausstellungen gezeigt, die aber nach wenigen Monaten wieder geschlossen wurden. Das Café im Erdgeschoss ist ebenfalls dicht, weil es Probleme mit der Außenfassade gab. Zeitgleich zum Interview treffen sich die Bauherrn zur 14-tägigen Lagebesprechung. "Das ist, wie wenn man mit angezogener Handbremse fährt." Trotzdem kamen pro Monat bislang durchschnittlich über 8.000 Besucher in den einstigen Brauereiturm. Mit den Besucherzahlen des ebenfalls im Kulturhauptstadtjahr 2010 eröffneten Ruhrmuseums in Essen kann das U da nicht mithalten. "Das U ist etwas Neues", sagt Broeckmann. Das Ruhrmuseum habe dagegen acht bis zehn Jahre Vorlaufzeit gehabt.
U-Turm ist nicht bloß Museum
Das U ist nicht bloß ein Museum, sondern soll zum "Kulturzentrum des 21. Jahrhunderts" werden. Was Broeckmann damit meint ist, dass in einem Gebäude ganz Unterschiedliches zusammenkommt: unter anderem das Museum am Ostwall, die Etage der Dortmunder Hochschulen und ein Kino. Kein Wunder, dass Gründungsdirektor Broeckmann und sein Team viel Zeit damit verbringen, das alles zusammenzubringen. "Wenn ich Kollegen meine Ungeduld schildere, dann sagen die, dass es sieben Jahre dauert, so ein Haus zu gestalten."
"Jetzt hat das Gebäude einen Labor-Charakter"
U-Turm Gründungsdirektor Andreas Broeckmann
Die Dortmunder jedenfalls lieben ihren U-Turm. Vor allem die Videoinstallation von Regisseur Adolf Winkelmann an der Außenfassade - die auch auf aktuelle Ereignisse reagiert, etwa auf die BVB-Meisterschaft mit schwarz-gelben Kickerfiguren. Aber: Das neue Wahrzeichen ist eigentlich viel zu teuer für die Stadt. Bewilligt wurden im März 2008 52,8 Millionen Euro - jetzt kostet der Umbau 83,3 Millionen Euro. Die Stadt prüft, ob sie die Bauunternehmer in Haftung nehmen kann. Wie konnten sich die Verantwortlichen so vertun? Die Antwort: Weil alles ganz schnell gehen musste. Das Haus musste im Kulturhauptstadtjahr eröffnen, egal wie. "Das war eine politische Notwendigkeit", erklärt Broeckmann. Es ging um EU-Fördermittel in Höhe von 30 Millionen. Broeckmann: "Jetzt hat das Gebäude einen Labor-Charakter."
Warten auf Finanzierung durch Stiftung
Finanziert wird die Kostenexplosion aus dem Sondervermögen der Stadt, nicht etwa aus dem Kulturetat, wie Broeckmann betont. Als Gründungsdirektor muss er mit einem denkbar kleinen Budget auskommen. Nach Abzug der Personalkosten bleiben jährlich bloß etwa 50.000 bis 70.000 Euro übrig - das reicht für ein Banner am Haupteingang und ein paar Flyer. Die Finanzierung von Dortmunds Wahrzeichen soll künftig eine Stiftung übernehmen - deren Gründung wird gerade vorbereitet. Dann sollen jährlich bis zu einer Million Euro an Etat zur Verfügung stehen. Vor einem Jahr sagte Broeckmann noch: Wenn die erste große Ausstellung im Museum eröffnet, dann müsse es das U in alle deutschen Feuilletons schaffen. Im Jahr 2011 ist die Formulierung viel bescheidener: "In ein paar Jahren ist das U ein ganz selbstverständlicher Baustein in der Kulturlandschaft des Ruhrgebiets."