Die Nennung der Namen will einfach nicht enden: Für jedes der 21 Todesopfer der Loveparade legen Duisburger Bürger eine rote Rose an das Mahnmal, das den Bürgern der Stadt an diesem Mittag übergeben wird. 21 Namen, die auch auf der Gedenktafel verewigt sind. Darüber die Worte: "Sie kamen um zu feiern und fanden den Tod." Während die tödlich Verunglückten genannt werden, brechen längst nicht nur ihre Angehörigen in Tränen aus. Es ist der bewegendste Augenblick der kleinen Zeremonie. Seiner Trauer zu schämen braucht sich hier niemand: Alle sind noch immer tief betroffen von der Tragödie, die sich vor nicht mal einem Jahr wenige hundert Meter entfernt ereignet hat.
Dankbar für rasche Realisation des Mahnmals
"Der Ort ist wunderbar angelegt", sagt Sabine Siebenlist, obwohl es ihr gerade in diesen Wochen vor dem ersten Jahrestag sehr schlecht geht. Die 46-Jährige hat ihre Tochter Fenja bei der Katastrophe am 24. Juli 2010 verloren. Sie saß in der Jury, die den Entwurf für das Mahnmal ausgesucht hat und ist mit der Umsetzung sehr zufrieden. "Der kleine Park liegt ein bisschen abseits vom Unglücksort und das ist genau gut so. Der Tunnel ist im Moment so eine Art Drive-In-Trauerplatz geworden", bedauert die Gelsenkirchenerin. Umso mehr schätzt sie das Engagement der Duisburger, die so schnell für eine Umsetzung des Mahnmals gesorgt hätten.
Dem entsetzlichen Geschehen eine künstlerische Form
Mehr als dreieinhalb Meter hoch ist das Mahnmal aus Stahl. Während auf der Vorderseite die Namen der Todesopfer und das Datum der Katastrophe verewigt sind, zeigt die Rückseite 21 eckige Stahlrohre, die scheinbar fallen und übereinander stürzen. Das Mahnmal soll "dem entsetzlichen Geschehen eine künstlerische Form" geben, sagt Duisburgs Alt-Oberbürgermeister Josef Krings. Und er hebt bei seiner Rede neben dem erinnernden auch den mahnenden Aspekt des Kunstwerks hervor: "Fortan sollen wir die Entscheider fragen: Kannst du deine Entscheidung verantworten? Überdenke sie noch einmal."
Lehren gezogen: Große Freifläche um das Mahnmal herum
Für Gerhard Losemann ist der Tag der Übergabe des Mahnmals ein "wichtiger Abschluss". Der Vorschlag des Duisburger Künstlers wurde schließlich umgesetzt, nachdem bei einem zunächst ausgewählten Siegerentwurf Plagiatsvorwürfe laut geworden waren. Schon die Berichterstattung habe ihn damals nicht losgelassen, sagt der 73-Jährige. "Die Tragik hatte sich bei mir eingebrannt. Die Frage war: Wie kann ich mit ihr umgehen?" Sein Kunstwerk ist nicht nur eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Katastrophe, sie zieht auch erste Lehren: "Wir machen das Mahnmal allen zugänglich und für alle erreichbar. Und wir haben viel Platz geschaffen - weil wir aus der Tragödie gelernt haben."
Große Spendenbereitschaft
Auszubildende von Thyssen-Krupp waren es, die Gerhard Losemanns künstlerische Idee in die Tat umsetzten. Teilweise hatten die jungen Leute selbst an der Duisburger Loveparade teilgenommen. Das Material stiftete ihr Unternehmen, andere Firmen sorgten kostenlos für die Ausschachtungsarbeiten, den nötigen Beton oder den Schwertransport. Die 26.000 Euro, die bei einem Spendentrauermarsch im vergangenen August zusammen gekommen waren, flossen vor allem in die Neugestaltung der Grünfläche rund um das stählerne Monument. "Die Bürger haben über das Mahnmal entschieden. Es mahnt uns zu neuem Denken", so Josef Krings.
Mehrere Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag
Für den 24.07.2011, wenn sich die Duisburger Katastrophe zum ersten Mal jährt, ist eine große Gedenkveranstaltung im Fußballstadion geplant. Für den Freitagabend davor laden die Angehörigen-Initiativen in die Duisburger Clubs ein - zum Tanzen, Musikhören, Reden. "Meine Tochter hat das Haus lebensfroh verlassen. Sie hätte das so gewollt", meint Sabine Siebenlist. "Dass wir das Mahnmal schon haben, finde ich ganz wertvoll. Dann kommen die Emotionen portionsweise. Der Jahrestag an sich wird mit Sicherheit noch mal sehr dramatisch."