Missbrauchs-Prävention in der Kirche
Sexueller Gewalt vorbeugen
Stand: 02.10.2012, 15:00 Uhr
Die Deutsche Bischofskonferenz hat 2010 aufgrund verschiedener Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen eine Rahmenordnung zur Prävention von sexuellem Missbrauch Minderjähriger beschlossen. Auf dieser Grundlage setzten die Bischöfe der fünf (Erz-) Bistümer in Nordrhein-Westfalen eine sogenannte Präventionsordnung in Kraft.
Seit über einem Jahr setzt Kalle Wassong, Präventionsbeauftragter des Bistums Aachen, diese Ordnung in die Praxis um. Ein Riesenprojekt, denn es sollen jetzt in einem ersten Schritt rund 15.000 Haupt- und Ehrenamtliche geschult werden. Bei der Ausarbeitung der Präventionsstandards hat sich Wassong Unterstützung auch bei außerkirchlichen Stellen geholt. "Ich habe Kontakt mit Fachdiensten im Bistum aufgenommen, die schon viele Jahre Erfahrung mit diesem Thema haben, unter anderem dem Kinderschutzbund und 'Zornröschen', einem Verein gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen. Sie waren alle gerne bereit mit uns zu kooperieren und uns zu unterstützen", sagt der 50-jährige Diplom-Sozialarbeiter.
Zielgruppengerichtete Schulungen
Geschulte Referenten bieten ab sofort Kurse für hauptamtlich wie ehrenamtlich Tätige an. Unterschieden wird in der Schulungsdauer: Die Basisschulung für Ehrenamtliche, die sporadischen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben, dauert drei Stunden. Das betrifft zum Beispiel Katecheten, Hausmeister, Küster oder Leiter von Büchereien. Doppelt so lang dauert der Kurs für Mitarbeiter, die regelmäßig mit Kindern zu tun haben, wie ehrenamtliche Gruppen-, Messdiener-, Freizeitleiter. Eine zwölfstündige Intensivschulung besuchen hauptamtliche Mitarbeiter. Dazu zählen Berufsgruppen wie Priester, Gemeindereferenten, Lehrer und Erzieher. "Uns ist es wichtig, auf die verschiedenen Zielgruppen einzugehen. Erzieherinnen beispielsweise benötigen eine andere Schulung, weil sie sich mit anderen Themen befassen", erklärt Pantea Dennhoven vom katholischen Forum für Erwachsenen- und Familienbildung Mönchengladbach und Heinsberg, die die Schulungen für das Bistum Aachen koordiniert. "Bei den Erzieherinnen werden wir in den Kursen anregen, dass sie sich selber mit einem sexualpädagogischen Konzept für ihre Einrichtung befassen", so Dennhoven.
Führungszeugnis und Selbstverpflichtungserklärung
Neben den Schulungen beinhaltet die Präventionsordnung zwei weitere Bausteine: Das erweiterte Führungszeugnis ist verpflichtend für alle Mitarbeitenden, die im Rahmen ihrer Beschäftigung in regelmäßigem oder sporadischem Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen. Alle Haupt- und Ehrenamtlichen müssen zudem eine Selbstverpflichtungserklärung abgeben.
Weitere Maßnahmen geplant
Die Resonanz auf die Präventionsordnung sei überwiegend positiv, so die Erfahrungen von Kalle Wassong. Viele wünschten sich seit Langem mehr Sicherheit im Umgang mit diesem Thema. Doch mancher Mitarbeiter sah sich unter Generalverdacht gestellt. Diese Sorge habe sich im Laufe der Zeit aufgelöst, erklärt Wassong: "Ich habe viele Gespräche geführt und erklärt, dass wir alle gemeinsam dazu beitragen, dass das Vertrauen in die Kirche zurückgewonnen werden kann und dass das Bistum ein klares Zeichen im Umgang mit sexueller Gewalt setzt." Die Präventionsmaßnahmen werden langfristig weiter ausgebaut, damit flächendeckend Kinder und Jugendliche sowie auch schutz- und hilfebedürftige Erwachsene sicher sind vor sexuellen Übergriffen. Die gesamten Kosten übernimmt die katholische Kirche.