Wahlprogramme im Vergleich: Städte und Gemeinden

Stand: 25.04.2012, 06:00 Uhr

Ein Großteil der NRW-Kommunen hat Schulden, 177 der 396 Gemeinden im Land befinden sich in der Haushaltssicherung. Die Konzepte der Parteien, dieses Problem zu lösen, sind höchst unterschiedlich. In einem Punkt sind sich aber alle einig: Der Bund soll sich mehr beteiligen.

SPD: Forderung nach dem Aufbau West

Das Logo der SPD NRW

Im Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 wurden 8,4 Milliarden Euro an Landesmitteln für die Kommunen bereitgestellt, laut SPD-Wahlprogramm "die höchsten Zuwendungen in der Geschichte des Landes". Diese Politik will die SPD weiter verfolgen. Auch der "Stärkungspakt Stadtfinanzen", der in der rot-grünen Regierungszeit vereinbart worden war, soll weiterlaufen. Kommunen in besonderen Notlagen sollen dabei in den nächsten zehn Jahren 5,3 Milliarden Euro aus dem Landeshaushalt überwiesen werden. Auch finanzschwache Kommunen sollen an wichtigen Förderprogrammen teilnehmen können.

Weiter fordert die SPD, dass sich der Bund stärker an den Kosten der gesetzlichen Sozialleistungen der Kommunen beteiligen soll. Zudem soll laut Wahlprogramm die Solidarität in Deutschland neu ausgerichtet werden. Es sei richtig, den Aufbau Ost voranzubringen, aber man dürfe darüber die strukturschwachen Regionen und Städte in anderen Teilen Deutschlands nicht vernachlässigen. In Sachen Förderung solle das Prinzip "Bedürftigkeit statt Himmelsrichtung" gelten. Bis 2019 sollen Bundesfördermittel für Infrastruktur in der Höhe nach NRW fließen, die der Größe des Landes entspricht.

CDU: Bund muss sich stärker an Soziallasten beteiligen

Das Logo der CDU als große Pappbuchstaben

Für die CDU ist die Entschuldung der NRW-Kommunen neben der Sanierung des Landeshaushaltes laut Wahlprogramm ein "vordringliches Anliegen". Die Partei hält den rot-grünen "Stärkungspakt Stadtfinanzen" für falsch. Dieser spalte die "kommunale Familie" und ersetze "Selbstverwaltung durch Fremdbestimmung". Stattdessen soll ein Sofortprogramm zur Zins- und Entschuldungshilfe vorgelegt werden, das "nicht nur einer kleinen Zahl, sondern allen notleidenden Kommunen auf der Grundlage transparenter Kriterien hilft". Die Umlagen, die die Kommunen an Kreise und Landschaftsverbände leisten, sollten deutlich abgesenkt werden. Dies soll durch "zusätzliche strukturelle Verbesserungen" erreicht werden.

Als Hauptgrund für die Belastung der kommunalen Haushalte sieht die CDU die stetig steigenden Soziallasten. Hier müsse man Entlastung schaffen: "Daher war die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung durch den Bund ein erster, wichtiger Schritt." Der Bund müsse sich zur Hälfte an den kommunalen Soziallasten beteiligen.

Bündnis 90/Die Grünen: Bundesmittel nicht nach Parteizugehörigkeit verteilen

Bündnis 90 die Grünen auf einer Flagge

Für die Grünen ist es "nicht zu akzeptieren", dass NRW-Städte, die ohnehin schon durch Arbeitslosigkeit, Strukturwandel und Bevölkerungsschwund finanziell stark belastet seien, auf Dauer auch noch Solidarleistungen Ost erbringen müssten. Um den Kommunen teure Liquiditätskredite zu ersparen, die sie für diese Aufbauhilfen aufnehmen müssten, soll der "Solidarpakt Ost" schrittweise in einen "Bedarfspakt" umgewandelt werden. Fördermittel sollten nicht mehr nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedarf in ganz Deutschland verteilt werden. Bundesmittel, die für den Hochschulausbau, den Schienenverkehr oder die Finanzierung von Soziallasten zur Verfügung stünden, dürften nicht nach Parteizugehörigkeit oder regionaler Verankerung des jeweiligen Bundesministers vergeben werden.

Der Weg, den die rot-grüne Minderheitsregierung in Sachen Kommunalfinanzen eingeschlagen hat, soll laut Wahlprogramm weitergegangen werden. Durch die Erhöhung und Reform der Grunderwerbssteuer stünden den Kommunen jährlich 190 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Zudem ist geplant, das Volumen des "Stärkungspakts Stadtfinanzen" langfristig auf mindestens 660 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.

FDP: Gemeindefinanzen reformieren, kommunale Zwangsabgabe streichen

FDP-Fahne

Die FDP will den "Stärkungspakt Stadtfinanzen", dem sie im Landtag zugestimmt hat, fortführen. Allerdings soll das Programm, das verschuldeten Kommunen unter hohen Sparauflagen Konsolidierungshilfen gewährt, verändert werden. Die von SPD und Grünen geplante Zwangsabgabe anderer Kommunen soll gestrichen werden. Ziel der FDP ist es laut Wahlprogramm, "kommunale Strukturen moderner und effizienter zu gestalten". Das soll über intelligente IT-Lösungen erreicht werden, außerdem soll die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen verbessert werden. Auch plant die FDP mehr öffentlich-private Partnerschaften in den Gemeinden. Um die Kommunen langfristig auf eine "planungssichere Grundlage" zu stellen und dauerhaft verlässliche Einnahmen zu ermöglichen, will die Partei eine Gemeindefinanzreform einleiten.

Auch die FDP sieht den Bund in der Pflicht, sich an den steigenden kommunalen Kosten zu beteiligen. Die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung sei ein wichtiger Schritt gewesen. "Weitere Entlastungen müssen folgen", heißt es im Wahlprogramm.

Die Linke: Schuldenmoratorium für klamme Kommunen

Logo Die Linke auf einer Flagge

Die Linke will die finanzielle Handlungsfähigkeit verschuldeter Kommunen durch ein Schuldenmoratorium wiederherstellen. Langfristig soll ein Landesfonds eingerichtet werden, um den Kommunen eine Perspektive zur Entschuldung zu liefern. Der rot-grüne "Stärkungspakt Stadtfinanzen" ist für die Linke ein "vergiftetes Geschenk". Das Programm führe zu "Zwangsbewirtschaftung" sowie zu einer Abschaffung der Selbstverwaltung der Kommunen. Viele kulturelle und soziale Dienstleistungen vor Ort seien vom Rotstift bedroht. Um die Lebensbedingungen in den Kommunen zu verbessern und öffentliche Nachfrage zu schaffen, seien Zukunftsinvestitionen "bitter nötig".

Der Anteil der Kommunen am Steuertopf des Landes soll schrittweise und deutlich erhöht werden. Zudem sollten finanzschwache Kommunen durch das Land teilentschuldet werden. Der Vorschlag der Landesregierung, dass die öffentlichen Sparkassen verschuldete Kommunen an ihren Gewinnen beteiligen, wird abgelehnt.

Piratenpartei: Zuständigkeit für Kommunalfinanzen dem Land übertragen

Logo der Piraten Partei auf einer Flagge

Die Piratenpartei will die Kommunalfinanzen komplett neu regeln. Da ein großer Teil der Finanzen, vor allem im Bereich der Sozialleistungen, schon heute nicht mehr in der Eigenverantwortung der Kommunen liege, soll die Zuständigkeit dorthin verschoben werden, wo über die Zuteilung entschieden werden: "ins Land". Das sei keine Einschränkung der Selbstverwaltung der Kommunen, sondern könne für diese eine Arbeitserleichterung bedeuten. Zudem hätte das Land so einen besseren Überblick über die Ausgaben. Die kommunalen Haushalte sollen laut Wahlprogramm der Piraten mit dem System der doppelten Buchführung arbeiten, zudem sollen alle Daten "in einem maschinenlesbaren Format" veröffentlicht werden.

Auf kommunale Finanzierungsmodelle wie das "Cross Border Leasing" (CBL) soll zukünftig verzichtet werden, fordert die Piratenpartei in ihrem Programm. Bestehende CBL-Verträge sollen geprüft werden, ein Fachbeirat soll helfen, aus bestehenden Verträgen auszusteigen, so weit dies möglich sei.