Wahlprogramme im Vergleich: Verbraucherschutz und -information
Stand: 25.04.2012, 06:00 Uhr
Sollen die Ladenöffnungszeiten wieder eingeschränkt werden? Wie kann man Kunden vor ungerechtfertigten Energiepreisen schützen? Wie sollen in Zukunft Lebensmittelskandale verhindert werden? Das Thema Verbraucherpolitik spielt bei den meisten Parteien eine große Rolle in ihren Programmen.
SPD: Telefonwerbung verbieten, Nichtraucher schützen
Für die SPD soll die Bildung der Verbraucher bereits in den Schulen beginnen. Ziel einer modernen Verbraucherpolitik sei es, Kinder und Jugendliche vor der Verschuldung zu schützen, heißt es im Wahlprogramm. Deshalb will die Partei die "Plage der unerlaubten Telefonwerbung beenden und ihr einen gesetzlichen Riegel vorschieben". Durch die Einführung eines einheitlichen Ökostromlabels sollen Verbraucher einen verlässlicheren Überblick über die Ökostromtarife bekommen. Zudem soll die Schuldner- und Privatinsolvenzberatung in Zukunft auch von Privat- und Genossenschaftsbanken mitfinanziert werden.
Beim Thema Ladenöffnungszeiten will die SPD laut Programm für einen "guten Ausgleich" zwischen den Interessen der Verbraucher, der Ladeninhaber und der Beschäftigten sorgen. Weiter will sich die Partei dafür einsetzen, "die Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes zu korrigieren". Die SPD will für einen "konsequenten Nichtraucherschutz" sorgen, der besonders Kinder und Jugendliche schützt. Ausnahmen, insbesondere in Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Jugendzentren und geschlossenen Sportstätten, soll es nicht mehr geben.
CDU: Energiepreise besser überwachen
Die CDU will laut Wahlprogramm die Verbraucher vor ungerechtfertigten Steigerungen der Energiepreise schützen. Marktmissbrauch oder Falschinformationen zulasten der Verbraucher sollen verhindert werden.
Außerdem will die Partei "das Netz der Verbraucherberatungsstellen stärken". Verbraucherschutzorganisationen sollen laut CDU-Wahlprogramm im Dialog mit den anderen Beteiligten dabei helfen, eine gute und gut zugängliche gesundheitliche Versorgung in NRW sicherzustellen.
Bündnis 90/Die Grünen: Bürgerumfrage zu Ladenöffnungszeiten
Die Grünen wollen die Verbraucher besser vor risikoreichen Finanzprodukten schützen. Dafür sollen laut Wahlprogramm Banken und Finanzmakler zu umfassender Transparenz über Produkte, Risiken und Provisionen verpflichtet werden, zudem soll der gesamten Banken- und Finanzdienstleistungssektor stärker durch den Staat überwacht werden. Das Verbraucherinformationsgesetz soll auch auf die Bereiche Wärme, Strom und Verkehr angewandt werden, in Gaststätten und anderen Lebensmittelbetrieben soll ein "Hygienebarometer" eingeführt werden. Kartellbußen und "Unrechtserlöse" sollen zukünftig gezielt für Verbraucherschutz und –beratung verwendet werden. So wollen die Grünen die Verbraucherzentralen finanziell absichern.
Beim Thema Ladenöffnungszeiten streben die Grünen laut Programm "einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Beschäftigten und des Einzelhandels" an. Die Position im Wahlprogramm, basierend auf einer Online-Befragung, an der über 10.000 Menschen teilgenommen haben sollen, lautet: "In der Woche keine Veränderungen; an Samstagen Ladenschluss um 20.00 Uhr; weniger verkaufsoffene Sonntage." Um für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu sorgen, wollen die Grünen vor der Verabschiedung einer Gesetzesnovelle eine repräsentative Umfrage in NRW durchführen.
FDP: Gegen die Bevormundungspolitik im Alltag
Die FDP setzt sich in ihrem Programm für liberale Ladenschlusszeiten ein und will die geltende Regelung "konsequent verteidigen". Die Menschen entschieden mit ihrem Einkaufsverhalten, wann die Läden öffneten. Kein Geschäft öffne dauerhaft länger, als es seine Kunden wünschten. Diese "tägliche Volksentscheidung" dürfe man nicht ignorieren.
Die FDP sieht die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger durch eine "immer stärker werdende Bevormundungspolitik im Alltag" bedroht. Die anderen Parteien diskutierten immer weitere Verbote und Beschränkungen, so das Wahlprogramm: "Es beginnt mit generellem Tempolimit, absolutem Rauchverbot, Verbot von Heizpilzen und Plastiktüten, Verbot von Motorrollern und Stand-by-Schaltern an Elektrogeräten, Verbot von Grillen in der Öffentlichkeit und setzt sich fort mit kuriosen Vorschlägen bis hin zum Fleischverbot in Kindertagesstätten." Die FDP wolle aber keine Verbotsgesellschaft, sondern eine Gesellschaft freier Bürger.
Die Linke: Ladenöffnungszeiten beschränken, Nein zur Gentechnik
Für die Linke befördert das aktuell gültige Ladenöffnungsgesetz den Verdrängungswettbewerb. Gewinner seien "die Großen, vor allem die großen Lebensmitteldiscounter", Verlierer die Beschäftigten sowie die kleinen Einzelhändler. Zudem sei die Regelung "beschäftigtenfeindlich" und befördere Lohndumping und Ausbeutung, heißt es im Wahlprogramm. Aufgrund der Ausweitung der Arbeitszeiten seien die Beschäftigten von einem "Großteil des gesellschaftlichen sowie des Familienlebens, das an Wochenenden stattfindet", ausgeschlossen. Bei längeren Arbeitszeiten steige die Gefahr von Überfällen, zudem hätten viele Beschäftigte Probleme, nach Feierabend sicher nach Hause zu kommen. Daher fordert die Linke die Abschaffung des jetzigen Ladenöffnungsgesetzes.
Die Linke plädiert für die Einrichtung einer "Lebensmittel-Ampel". Die staatliche Lebensmittelüberwachung soll so ausgestattet werden, dass sie "effektive und regelmäßige Kontrollen" durchführen kann, um die Verbraucher besser schützen zu können. "Tricksereien in der Lebensmittelindustrie, wie zum Beispiel Analog-Produkte ohne entsprechende Kennzeichnung sowie Gammelfleisch-Skandale, müssen der Vergangenheit angehören", heißt es im Wahlprogramm. Die Linke will Nahrung und Futtermittel, die gentechnisch behandelt wurden, verbieten. Auch die Freilandforschung mit gentechnisch veränderten oder behandelten Pflanzen soll generell verboten werden. Patente auf Lebewesen und deren Gene sollen nicht möglich sein.
Piratenpartei: Namensnennung bei Verstößen gegen Lebensmittelrecht
Die Piratenpartei erklärt den Verbraucherschutz in ihrem Programm zum "Kernthema". Der Verbraucherschutz soll in der Landesverfassung verankert werden, außerdem will die Partei ein eigenständiges Verbraucherschutzministerium einrichten, das vom Ressort Landwirtschaft getrennt wird. Die Partei setzt sich für ein Verbandsklagerecht im Verbraucherbereich ein. So soll es Verbraucherverbänden durch eine Musterfeststellungsklage ermöglicht werden, eine Rechtsfrage verbindlich für alle Betroffenen zu klären. Die Verbraucherberatung sollen laut Wahlprogramm ausgebaut, Lebensmittelkontrollen ausgeweitet werden, "um die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln sicherzustellen". Die Kontrollergebnisse sollen transparent gemacht werden. Die Öffentlichkeit soll unter Namensnennung über Verstöße informiert werden, "ohne allerdings den Grundsatz der Unschuldsvermutung anzutasten". Die Piratenpartei fordert die Einrichtung einer Datenbank, in der sämtliche Medikamentenabgaben an Nutztiere erfasst werden.
Im Energiemarkt will die Piratenpartei den Wettbewerb übersichtlicher und transparenter für die Verbraucher gestalten und die Gründung neutraler Netzbetreiber unterstützen. Analog zu den Effizienzklassen bei Haushaltsgeräten soll eine Energiekennzeichung für alle Verbrauchsgüter eingeführt werden. Auch Medikamente, die ein Suchtrisiko in sich bergen, sollen ähnlich wie Zigaretten durch vereinheitlichte Warnhinweise auf der Verpackung gekennzeichnet werden. Elektronische Zigaretten sollen nach Ansicht der Piratenpartei nicht als Arzneimittel, sondern als Handelsgut eingestuft werden. Zudem sollen europäisch einheitliche Sicherheits- und Qualitätsstandards für Produktion und Vertrieb von E-Zigaretten und Liquids erarbeitet werden.