Die Älteren unter uns werden sich noch erinnern: Das Land zwischen Rhein und Weser war einst ein Problemkind der Bundesrepublik: Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet, hohe Staatsverschuldung, Schaukelpolitik durch schnelle Regierungswechsel (Steinbrück, Rüttgers, Kraft, Wittke). Der Aufschwung, der dann folgte, war ein Geschenk der Krise, an die sich 2026 keiner mehr so recht erinnern will:
Zunächst gab es die Autonomiebestrebungen der so genannten "Randregionen". Ostwestfalen, Lippe und die "Sieger-Sauerland-Union" strebten fort aus NRW, wollten die sozialen Lasten an Rhein und Ruhr nicht mehr mittragen. Der Volksmund nannte die Regionalisten "Münte-Bauern", weil der Ex-SPD-Chef an ihrer Spitze noch einmal zu später Popularität kam. Am Ende setzten sie sich nicht durch, machten aber dem Strukturwandel Beine. Damit die Separatisten Ruhe gaben, kam der Transrapid von Bonn bis Rheine ("WestSpur") und von Siegen bis Bielefeld ("OstSpur"). Die letzten Zechen im ehemaligen Pott schlossen früher als geplant, der Freizeit-, Natur- und Erlebnispark zwischen Duisburg und Dortmund konnte schon 2015 eröffnet werden.
"NRW atmet"
Gewiss war der Strukturwandel ein Kraftakt. Die Menschen verließen die Städte, zogen den neuen Schlüsselbranchen nach: Genfood und Ökofarmen, Sport-Event-Management und Tourismus. Heute ist die Arbeitsteilung der Regionen längst Normalität geworden: Man lebt und arbeitet in Simmerath, Birken-Honigessen oder Reken, aber zum Kulturgenuss, zum Wandern und Biken fährt man nach Oberhausen oder Herne. Längst trauert niemand mehr der nach Süden und Osten abgewanderten Großindustrie nach. Das bekannte Motto "NRW atmet" trifft das neue Selbstbewusstsein genau: Deutschlands größtes Flächenland steht für renaturierte Schutzgebiete, für Erholung und Lebensqualität. Die Nachbarn danken es mit andauernd steigenden Übernachtungszahlen: Längst kommen nicht mehr nur die reichen Chinesen und Polen, auch die gestressten Autobauer aus Bayern und die Chip-Produzenten aus Mecklenburg haben Garzweiler-Fauna-Pfad, Emscher-Trecking und Kanäle-Rafting entdeckt. Die Ausrichtung der FIFA-Dauer-WM tut ihr Übriges.
Schwerpunkt
Agro&Fun-Ökonomie durch MikroCenter-Networking
Die jüngste Regierungserklärung der grün-gelben Koalition machte deutlich, wie der Erfolg zum Dauerzustand werden soll: Die Fusionsanträge von Rheinland-Pfalz und Hessen sollen wohlwollend geprüft werden. Aber die Beitritts-Kandidaten müssten sich dem Musterland der Agro&Fun-Ökonomie anpassen: Die großstädtischen Dinosaurier wie Frankfurt und Mainz passen nicht zum Wirtschaftskonzept des MikroCenter-Networking, das sich längst bewährt hat. Die Haupt-Exportartikel - Bier und Wein - würden sich dagegen gut ergänzen. Und immerhin müssten mit der Fusion die Monarchien der Familien Beck und Koch wieder einer republikanischen Verfassung weichen. Das mag auch Kanzlerin Bärbel Dieckmann freuen. Dennoch dürfte der unverwüstlichen Bonnerin, die in Berlin schon Erinnerungen an Adenauer weckt, das dominante Riesenland im Westen kaum behagen. Berlin braucht unsere Steuern - aber brauchen wir noch Berlin?