Am 9. Juni 2004 explodierte vor einem Friseursalon auf der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe. 22 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Die Rechtsterroristen vom NSU sollen den Anschlag verübt haben. Hautnah miterlebt hat die Tat damals Ali Demir. Die Bombe detonierte nur wenige Meter neben seinem Büro. Kurz nach dem Knall habe er zwei Männer gesehen, sagte Demir am Donnerstag bei seiner Befragung im NSU-Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag. Er habe gedacht, die beiden seien Zivilpolizisten.
Der erste Mann habe direkt vor seinem Büro gestanden und ein kariertes Hemd, helle Sportschuhe und eine Pistole in einem Schulterholster getragen. Ihn habe Demir gefragt, was passiert sei, doch nur eine abweisende Antwort bekommen: "Schauen Sie auf den Boden". Dort hätten überall Scherben und Metallteile gelegen. Der zweite Mann hat laut Demir auf der anderen Straßenseite gestanden und ist ebenfalls zivil gekleidet gewesen: dunkle Jacke, helle Sportschuhe. "Beide waren miteinander im Augenkontakt", so Demir vor dem Ausschuss. Beide hätten die Straße nur beobachtet, aber nichts unternommen. Im herrschenden Chaos habe er sie rasch aus dem Blick verloren. Erst etwa zehn Minuten später seien die Rettungskräfte und uniformierte Polizisten in der Keupstraße eingetroffen.
Zivile Kleidung oder Uniform?
Weshalb waren zivil gekleidete Männer mit Waffen direkt nach der Explosion vor Ort? Als die "Aktuelle Stunde" 2012 darüber berichtet, sorgt das für Wirbel. Schnell präsentiert das Innenministerium NRW damals zwei Polizeibeamte, die es gewesen sein sollen. Die Polizisten wurden daraufhin vom NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages als Zeugen geladen. Kurz danach befasste sich auch der Innenausschuss des Landtages mit der Angelegenheit. Doch der Sachverhalt ließ sich nicht klären. Deshalb bohrte nun der Düsseldorfer NSU-Ausschuss nach.
Nach Ali Demir sagte am Donnerstag in Düsseldorf Peter Baumeister aus, einer der beiden Kölner Polizisten. Er soll derjenige sein, den Demir vor seinem Laden gesehen hatte. Vor dem Ausschuss sagte Baumeister, am Tattag sei er mit seinem Kollegen zufälligerweise in der Nähe der Keupstraße auf Streife gewesen und von der Einsatzleitstelle an den Tatort geschickt worden. Sie seien die ersten Beamten vor Ort gewesen. Auf die Frage, wie die beiden gekleidet gewesen seien, antwortete Baumeister: mit grüner Einsatzhose und beigem Hemd. Seine Waffe hätte er an der Hüfte getragen, so Baumeister. Seine Schuhe seien vermutlich schwarz gewesen. Auch ein Funkgerät habe er bei sich gehabt. Die von Demir beschriebenen Männer hatten hingegen keine Funkgeräte bei sich.
Handelte es sich um NSU-Helfer?
Wie schon im Bundestagsausschuss ließen sich auch im Düsseldorfer Ausschuss die Widersprüche nicht auflösen. Für den Grünen-Obmann Arif Ünal steht darum fest: "Für mich ist Herr Baumeister definitiv nicht die Person, die Herr Demir vor Ort gesehen hat", wie er am Donnerstag dem WDR sagte. Die Aussage von Demir sei plausibel gewesen. "Von daher müssen wir jetzt herausfinden, wer diese Personen waren." Das sei eine Schlüsselfrage.
Für den CDU-Obmann Peter Biesenbach gibt es verschiedene Möglichkeiten, wer die beiden sein könnten. "Auszuschließen ist es auch nicht, das es sich um Helfer gehandelt hat." Das sei aber sehr schwierig herauszufinden, sagte Biesenbach dem WDR: "Da müsste der Zufall helfen oder es müsste in München jemand den Mund aufmachen."
Offenbar erstes Zusammentreffen
Nach dem Abschluss der nacheinander geführten Befragungen trafen sich Demir und Baumeister vor dem Sitzungssaal - offenbar zum ersten Mal. Sie schüttelten sich die Hand. "Er hat gesagt, ich bin nicht der Mann, den Sie gesehen haben", sagte Demir nach dem Gespräch mit Baumeister dem WDR. "Dann habe ich gesagt, ich habe damals nicht Sie gesehen, ich sehe Sie zum ersten Mal."