Im Giftskandal um die Dortmunder Firma Envio soll das NRW-Umweltministerium bereits seit 2008 von Unregelmäßigkeiten gewusst haben. Das berichtet die Westfälische Rundschau. Sie bezieht sich dabei auf ein internes Fachgutachten des Umweltministeriums. Unter anderem wegen der Verschlankung der Kontrollbehörden sei der Pfusch um die Reinigung von PCB-verseuchten Trafos so lange unentdeckt geblieben. Dem WDR bestätigte Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) die Existenz des Gutachtens - wollte sich aber zu den Vorwürfen nicht äußern. Nur so viel: Schon die letzte Landesregierung habe einen Zusammenhang zwischen mangelnder Überwachung und fehlendem Personal hergestellt. "Die Dinge liegen auf der Hand", so Remmel.
"Größter Umweltskandal der letzten zehn Jahre"
Envio war im Mai 2010 von den Behörden geschlossen worden, nachdem auf dem Gelände im so genannten "weißen Bereich", in dem sich keine Giftstoffe befinden dürfen, ein PCB-verseuchter Trafo entdeckt worden war. Im Sommer hatte Remmel gesagt: "Der PCB-Skandal in Dortmund hat die Dimension, einer der größten Umweltskandale der letzten zehn Jahre zu werden." Und er behielt Recht: Mittlerweile liegt gegen das Unternehmen eine Reihe von Strafanzeigen vor - unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. Bei über 200 Menschen, darunter Mitarbeiter und Angehörige, wurden zum Teil drastisch erhöhte PCB- und Dioxin-Werte im Blut nachgewiesen.
Erhöhte PCB-Werte bereits 2006
Das Prekäre: Schon 2006 hatte das Landesumweltamt erhöhte PCB-Werte gemessen. Und 2008 ging eine Anzeige bei der Bezirksregierung ein, in der schwere Vorwürfe gegen Envio erhoben wurden. Wusste das Ministerium von diesen Vorgängen? Der ehemalige Umweltminister und heutige Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) sagte dem WDR, er habe vor 2010 von den Problemen bei Envio nichts gewusst.
Bürgerinitiative: Strukturelles Problem
Eine Dortmunder Bürgerinitiative beklagt seit Monaten das Versagen der Kontrollbehörden in dem Umweltskandal. "Das hat eine lange Vorgeschichte", sagte Sprecherin Wibke Claussen. "Da sind nicht bloß Akten zwischen Behörden versackt, sondern da gibt es ein strukturelles Problem." Und damit kritisiert sie nicht nur das Umweltministerium, sondern auch die Bezirksregierung Arnsberg, das Landesumweltamt und die Stadt Dortmund.
100 neue Kontrolleure
Die schwarz-gelbe Landesregierung setzte auf eine schlanke Verwaltung und baute seit 2005 Stellen ab. Der neue Umweltminister Remmel setzt andere Akzente: Er will 100 neue Stellen bei Umwelt- und Lebensmittel-Kontrollbehörden in NRW schaffen. Die Stellen sollen aus dem Nachtragshaushalt finanziert werden.