"Dieser Fall darf sich auf keinen Fall wiederholen", sagte der Arnsberger Regierungspräsident Gerd Bollermann (SPD). Mit "diesem" Fall ist der Umweltskandal um den Dortmunder PCB-Entsorger Envio gemeint. Am Donnerstag (15.12.2011) stellte der Regierungspräsident in Dortmund die Ergebnisse der internen Ermittlungen seiner Behörde vor. Zunächst gestand Bollermann schwere Fehler seiner Behörde ein: Er sprach von der "schmerzhaften Tatsache", dass die Firma Envio nicht so kontrolliert wurde, wie es angemessen gewesen wäre. "Mehr Kontrollen hätten dazu beitragen können, dass ein solcher Skandal verhindert wird", gestand er ein. Zugleich verwies er auf den Umbau der Kontrollbehörde und 40 Prozent Personalabbau. Das sei eine Erklärung, aber keine Entschuldigung, so Bollermann. "Das muss man in die Bewertung miteinbeziehen, bevor es Schuldzuweisungen an die Mitarbeiter gibt."
Nur ein Mitarbeiter dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen
Nur ein Mitarbeiter aus der Abteilung "Umwelt" wurde dienstrechtlich belangt - Details dazu wollte Vize-Präsident Volker Milk aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nennen. Nur so viel: Es könnte sich dabei um eine förmliche Missbilligung oder eine Ermahnung handeln. Diese würden auch in der Personalakte vermerkt. Die Innenrevision der Bezirksregierung - bestehend aus sechs Ermittlern - befragte 31 Personen. "Wir konnten keine Anhaltspunkte für Korruption oder persönliches Fehlverhalten feststellen", berichtete Milk. Auch er betonte: Selbst wenn kein Dienstvergehen vorliegt, seien Fehler zweifellos passiert.
360 Menschen mit erhöhten PCB-Werten
Das Unternehmen Envio hatte sich darauf spezialisiert, PCB-verseuchte Trafos zu reinigen. Nachdem bekannt wurde, dass die Firma auch in Außenbereichen die hochgiftigen Trafos lagerte, machte die Bezirksregierung das Unternehmen im Mai 2010 dicht. Die Staatsanwaltschaft Dortmund will gegen mehrere Mitarbeiter des Unternehmens unter anderem wegen Körperverletzung vorgehen. Denn bei 360 Menschen, darunter ehemalige Arbeiter der Firma, aber auch deren Angehörige, wurden zum Teil stark erhöhte PCB-Werte im Blut gefunden. Zurzeit wird die Anklageschrift vom Gericht geprüft. Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Bezirksregierung Arnsberg wurden von der Staatsanwaltschaft bereits Ende Juni eingestellt. Dennoch blieb die Behörde als zuständige Kontrollbehörde in der Kritik von Medien und Betroffenen. Denn schon vor dem Bekanntwerden des Skandals lagen der Kontrollbehörde Hinweise auf Unregelmäßigkeiten vor.
19 neue Mitarbeiter für Kontrollen
Warum wurde diesen Hinweisen nicht nachgegangen? SPD-Mann Bollermann macht für das Versagen seiner Behörde die "damalige Denkweise" verantwortlich und kritisierte die Politik der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Der neue Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sorgte für die Einrichtung neuer Stellen in den Kontrollbehörden. In Arnsberg wurden im Bereich Überwachung bislang 19 neue Mitarbeiter eingestellt.
Außerdem wurde der gesamte Kontrollbereich neu strukturiert. Jetzt gebe es ein Risiko-basiertes Überwachungskonzept für die 1.350 Anlagen, die von den Arnsbergern kontrolliert werden. "Auch unangemeldete Kontrollen gehören dazu", sagte Abteilungsleiter Ferdinand Aßhoff.
Schwachstelle: Umgang mit Beschwerden
Bei der Abrechnung zum Skandal wurde auch der eigene Umgang mit Beschwerden kritisch beleuchtet. "Das ist unsere Schwachstelle", so Bollermann. "In dieser Bezirksregierung hat ein klassisches Beschwerdemanagement gefehlt." Für alle Mitarbeiter soll es Fortbildungen geben. Bollermann habe sich zudem mit einem Brief an seine Mitarbeiter gewandt. "Wir werden alles tun, damit sich so etwas niemals wiederholt."
Einen Schlussstrich kann die Bezirksregierung jedoch noch lange nicht unter den Umweltskandal ziehen. Die Behörde ist noch in 30 Verwaltungsverfahren verwickelt - meist geht es dabei um die Sanierung des ehemaligen Betriebsgeländes im Dortmunder Hafen. Zudem gibt es auch einen Rechtsstreit mit der WAZ-Mediengruppe, der vor dem Landgericht Essen ausgetragen wird. Dabei geht es nach Angaben eines Sprechers der Bezirksregierung um Unterlassungsklagen und Gegendarstellungen. Das Urteil des Landgerichts sei noch nicht rechtskräftig.