Schaden gilt als unschätzbar
Das Historische Kölner Stadtarchiv
Stand: 03.03.2009, 18:50 Uhr
Das Historische Archiv der Stadt Köln galt als eines der größten Deutschlands. Neben Dokumenten kölnischer, rheinischer und preußischer Geschichte beherbergte es auch den Nachlass des Schriftstellers Heinrich Böll.
Mit dem Einsturz des Historischen Kölner Stadtarchivs am Dienstagnachmittag (03.03.2009) dürften Schätze der zweitausendjährigen Kölner Stadtgeschichte für immer verloren sein. Die Schäden durch den Verlust der Dokumente gelten als unschätzbar. Wissenschaftler sprachen davon, dass das "Gedächtnis der Stadt" ausgelöscht sei. Das Archiv umfasste 65.000 Urkunden ab dem Jahr 922, 104.000 Karten und Pläne, 50.000 Plakate und rund eine halbe Million Fotos aus über tausend Jahren Kölner, rheinischer und preußischer Geschichte - darunter auch die seit 1.000 Jahren gelagerte komplette Überlieferung der Stadt Köln.
Böll-Nachlass im Archiv untergebracht
Erst seit kurzem zählte auch der Gesamtnachlass des Schriftstellers Heinrich Böll zum Bestand des Archivs. Im Februar hatten die Stadt Köln, das Land Nordrhein-Westfalen und die Kulturstiftung der Länder für 800.000 Euro weitere Teile des Gesamtnachlasses gekauft und unter einem Dach in seiner Heimatstadt vereinigt. Dazu zählen etwa Bölls Geburtsurkunde, sein Reifezeugnis und Unterlagen zur Verleihung des Nobelpreises 1972. Zu dem Fundus gehören unveröffentlichte Arbeiten der Zeit vor 1945, Manuskripte zu Romanen, Rezensionen und Übersetzungen nach 1945 sowie etwa 2.400 Briefe Bölls. Viele davon stammen aus seiner Soldatenzeit. Er schrieb sie während des Zweiten Weltkriegs an seine Frau Annemarie. Kistenweise Fotos gingen ebenfalls an das Historische Archiv sowie Bölls Korrespondenz mit dem Künstler HAP Grieshaber. Die Familie entschied sich zu einem Verkauf, weil die zum Teil sehr empfindlichen Stücke im Archiv besser gelagert werden könnten. Zur Erinnerung blieb nur ein Ordner mit privaten Erinnerungen im Familienbesitz.
"Schaden größer als in der Anna-Amalia-Bibliothek"
Der Nachlass des Schriftstellers Heinrich Böll ist einer von 780 Nachlässen und Sammlungen, die in dem Anfang der 70er Jahre gebauten Gebäude in der Kölner Südstadt untergebracht waren. Auch die Archivalien des ehemaligen Kölner Oberbürgermeisters und ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer liegen unter den Trümmern. Das Historische Archiv galt als eines der größten kommunalen Archive Deutschlands.
Der Ausbau wurde 1857 mit der Ernennung Leonard Ennens zum ersten Kölner Stadtarchiv auf den Weg gebracht. Eberhard Illner, ein langjähriger Abteilungsleiter in dem Archiv, sagte im Deutschlandradio Kultur, der Schaden sei größer als beim Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar: "Wir reden hier von ungefähr 18 Regalkilometern wertvollsten Archivguts, und zwar europäischen Ranges."