"Wir haben heute einen Hinweis erhalten, aufgrund dessen kurzfristig Büros mehrerer Baufirmen in Köln durchsucht wurden", sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld am Freitagabend zu WDR.de. "Es wurden umfangreiche Unterlagen sichergestellt, die noch ausgewertet werden müssen." Es soll an mindestens fünf der acht in Bau befindlichen U-Bahnhöfen Pfusch und Schlamperei in bisher unbekanntem Ausmaß gegeben haben. Nicht nur beim Stahl und Beton soll es Unregelmäßigkeiten gegeben haben, sondern auch bei Verankerungen für unterirdische Schutzwände gegen das Grundwasser. Weil man Gefahr im Verzug gesehen habe, seien die Räume der Arbeitsgemeinschaft der Bauunternehmen für die U-Bahn in Köln durchsucht worden, so Feld. Außerdem werde die Baustelle am Heumarkt in der Kölner Altstadt auf möglicherweise fehlende Verankerungen untersucht.
Die Ermittlungen richten sich unter anderem gegen den Mannheimer Baukonzern Bilfinger Berger. Zudem wurden bundesweit noch weitere Büros durchsucht.
Offenbar wurden Informationen aus dem Kölner Ermittlungsverfahren auch an die Justiz in Bayern weitergegeben. Nach WDR-Recherchen sollen die gleichen Firmen auch am Bau der ICE-Strecke München-Nürnberg beteiligt gewesen sein, wo es möglicherweise ebenfalls Pfusch gegeben haben könnte.
Tippgeber soll Ex-Mitarbeiter von Bilfinger Berger sein
Ein Sprecher der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) sagte am Freitagabend zu WDR.de, dass es sich bei dem Hinweisgeber um einen ehemaligen Mitarbeiter der Baufirma Bilfinger Berger gehandelt habe. Dieser habe gegenüber der Staatsanwaltschaft Köln gesagt, dass beim Bau der ICE-Strecke in Bayern Protokolle gefälscht worden seien. Er sei besorgt, dass dies auch in Köln so sein könnte. Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin die KVB informiert.
Nach Einschätzung der KVB besteht in Köln keine Gefahr. Bei der in Köln eingesetzten Verankerung handele es sich um sogenannte temporäre Anker, die nach Fertigstellung des Baus keine tragende Funktion mehr hätten - im Gegensatz zu den sogenannten Dauerankern bei der ICE-Strecke. In Köln - so der KVB-Sprecher - seien in zwei Baugruben Anker verwendet worden: am Waidmarkt und Heumarkt. Am Waidmarkt seien die Anker bereits überprüft und als einwandfrei bewertet worden. TÜV-Ingenieure hätten dies mittlerweile auch am Heumarkt getan. Mit dem angeblich selben Ergebnis: Alles sei sicher. Die KVB will nun unabhängig davon zusätzlich ein Ankerspezialisten beauftragt, der das noch mal überprüfen soll.
Bilfinger Berger überprüft ICE-Trasse
Der beim Kölner Großprojekt federführende Baukonzern Bilfinger Berger hat unterdessen seine internen Untersuchungen ausgeweitet. "Wir wollen sicherstellen, dass alle Projekte, in denen ähnliche Technologien verwendet wurden, korrekt ausgeführt worden sind", sagte der Vorstandsvorsitzende Herbert Bodner am Freitagabend. In diesem Zusammenhang werde auch der Bau der ICE-Trasse Nürnberg-München überprüft. Die Staatsanwaltschaft habe dem Unternehmen mitgeteilt, dass auch dort der Verdacht auf fehlerhafte Ankerprotokolle bestehe.
Der unter Druck geratene Baukonzern sucht einem Medienbericht zufolge einen Nachfolger für den seit mehr als zehn Jahren amtierenden Vorstandschef Bodner. Ein Headhunter sei bereits eingeschaltet, berichtete die "Financial Times Deutschland" in ihrer Freitagsausgabe. Der Aufsichtsrat des Unternehmens wolle im Frühjahr dazu offiziell über die Nachfolge des 61-Jährigen beratschlagen. Bodners Vertrag laufe Mitte 2011 aus. Der Konzern wollte sich gegenüber der Zeitung nicht äußern.
Auch in Düsseldorf wird geprüft
Da in Düsseldorf dieselben Firmen wie in Köln mit dem Bau der U-Bahn betraut sind, wird auch dort die Baustelle auf fehlende Verankerungen der Schlitzwände überprüft. Die Überprüfung durch Rheinbahn und Stadtverwaltung dauere derzeit noch an, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Bislang gebe es aber noch keine Hinweise auf Baumängel. Deshalb ermittle man derzeit auch noch nicht.