Ein Jahr Dortmunder Phoenixsee
Projekt Aschenputtel
Stand: 05.10.2011, 00:05 Uhr
Vor einem Jahr hieß es in Dortmund: Wasser marsch! Nach fünf Jahren Bauzeit wurde der künstlich angelegte Phoenixsee geflutet. Der See hat der Stadt einen kleinen Bauboom gebracht. WDR.de zieht Bilanz.
Von Katrin Schlusen
Auf Phoenix im Dortmunder Süden sieht es ein bisschen so aus wie in Berlin in den 90er Jahren. Wo das Auge auch hinfällt, überall sind Baukräne und große Schilder zu sehen, die verheißen, welches Gebäude an dieser Stelle demnächst stehen soll. Grund für den Mini-Bauboom ist der Phoenixsee: Ein 1,2 Kilometer langes Gewässer, das für über 200 Millionen Euro künstlich angelegt wurde. Für die Dortmunder war es wie eine "Projekt Aschenputtel", denn den Stadtteil, in dem der See gebaut wurde, hatten viele abgeschrieben.
"Vermarktungserfolge geben uns Recht"
"Wir haben auch zahlreiche Skeptiker überzeugen können", sagt Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke (DSW 21), die für das Projekt verantwortlich zeichnen. "Die Vermarktungserfolge geben uns Recht, dass der Phoenixsee gefragt und beliebt ist", so Pehlke heute. Als er nach Dortmund kam, war vom See noch keine Rede. Damals stand das Stahlwerk auf Phoenix-Ost noch. Es wurde 2001 geschlossen, bis 2004 abgebaut und nach China verschifft.
Kostensteigerung beim Seebau
Dann gab es auf Phoenix jede Menge Platz. Der Plan, einen See mit einem schmucken Wohngebiet zu bauen, kam vielen Kritikern als Schnapsidee vor. Groß war die Sorge, dass bei den Bauarbeiten viel zu giftige Altlasten gefunden werden könnten, die ein gesundes Wohnen unmöglich machen würden. Und dann war da noch die Sache mit dem Geld: Die Kosten wurden mit 186 Millionen Euro veranschlagt. Unter anderem durch Verzögerungen im Bau stiegen sie nach Angaben der Stadtwerke um 30 Prozent.
45 Millionen Euro Umsatz durch Grundstücksverkauf
Diese Kosten soll die Phoenixsee Entwicklungsgesellschaft - eine Tochter der Stadtwerke - jetzt durch den Verkauf der Grundstücke rund um den See wieder reinholen. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Über 200 Grundstücke wurden bereits verkauft, das sind 15 Hektar Land. 45 Millionen Euro Umsatz hat die Phoenixsee Entwicklungsgesellschaft bislang durch die Grundstücksverkäufe verbucht. Wie viele Grundstücke insgesamt zum Verkauf angeboten werden, steht noch nicht fest, da eine Uferseite bislang nicht erschlossen wurde.
Ungewisse Zukunft für Phoenix-Museum
Heimatkundler Willi Garth
"Es hat schon einen enormen Anschub gegeben und wird den Stadtteil mitziehen", zieht Heimatforscher Willi Garth Bilanz. Er ist der Vorsitzende des Heimatvereins, der am westlichen Seeufer ein Museum in der Hörder Burg eingerichtet hat. Seitdem die Bauzäune um den See im Mai 2011 abgerissen wurden, kann sich Willi Garth vor Anfragen für eine historische Führung am See kaum noch retten. Wie es für das Museum weitergeht, weiß er noch nicht. Die Stadt Dortmund will die Hörder Burg bei der Expo Real in München zum Verkauf anbieten.
Bauboom stößt teilweise auf Unverständnis
Noch kann Willi Garth vom Museum aus uneingeschränkt über den See blicken. Doch das wird sich durch Geschäfts- und Bürogebäude, die bald in der Nähe des Anlegeplatzes gebaut werden, ändern. "Das verstehen die Leute nicht", sagt Willi Garth. Es seien fast schon zu viele Gebäude, sagt er. Aber: "Der See muss durch den Verkauf von Grundstücken refinanziert werden, sonst zahlt der Steuerzahler."