"Bielefeld ist online!", twittert ondalex. Im Sekundentakt gingen am Donnerstag (18.11.10) auf Twitter neue Einträge mit der Nachricht ein, dass der Online-Dienst für 20 deutsche Großstädte gestartet ist. "Heute spielt ganz Deutschland mit Street View herum - vor allem die, die ihr Haus verpixeln ließen", twittert Medien_ Buero. Die Vermutung scheint richtig, denn in vielen Tweets wird berichtet, ob das eigene Haus unkenntlich gemacht wurde oder zu erkennen ist. "Mein Haus ist nicht verpixelt, aber viele in der Nachbarschaft", schreibt mariuszenkri. Überraschend viel sei nicht mehr zu sehen, findet sistrix. "Scheint die Leute doch zu bewegen." Einige User ärgern sich darüber, dass ihre Gebäude auf Wunsch der Nachbarn verschleiert wurden. Daraufhin habe er erst einmal ein Foto gemacht und werde es bei Google hochladen, schreibt Camilio Tomanek. "Leute macht mit und sucht nach verpixelten Häusern", fordert Markus andere User auf. Dank Street View wisse man nun, "wo die ewig Gestrigen leben", meint HerrKronat ironisch auf Twitter. Elena wiederum versteht nicht, warum Verpixler persönlich angegangen würden. Das sei affig, kommentieren sie und andere.
Berechtigte Kritik im Vorfeld?
Wie zuverlässig ist die Verpixelung? Nur die Hälfte der von ihm gemeldeten Sperren seien bislang umgesetzt worden, kommentiert Zweifler auf WDR.de. Er habe nur eine Minute gebraucht, um das erste Auto mit vollem Kennzeichen in Düsseldorf zu finden, schreibt Schneider. "Google Street View funktioniert weiterhin fehlerhaft", bloggt das Medien-Portal "Meedia". Das habe ein Kurztest bewiesen. Die Verpixelung lasse sich einfach im Browser aushebeln. Häuser seien verpixelt, wenn man direkt davor stehe. Bewege man sich mit den Pfeiltasten zurück, seien sie völlig unverpixelt zu sehen. "Wir konnten die Tests in unterschiedlichen Straßen wiederholen. Immer mit dem gleichen Effekt."
User: "Keinen juckt so kalter Kaffee"
Der Blogger und Journalist Richard Gutjahr wiederum kann die Aufregung über Street View nicht nachvollziehen. "Wir regen uns auf, wenn Google unsere Hausfassade fotografiert. Wir schweigen aber, wenn der Staat millionenfach Telefonate abhört, E-Mails abfängt oder Webseiten speichert, die wir besuchen", schreibt er auf seiner Seite. Und Gast bemerkt auf 1Live, dass Satellitenfotos und Web-Angebote mancher Städte mehr als Google Street View zeigten, worüber sich aber niemand aufrege. Heiner S. fragt sich, ob alle, die ihre Häuser verpixeln ließen, wussten, dass es sich um alte Standbilder handele. In zwei Jahren seien die Aufnahmen schon fünf Jahre alt. "Keinen juckt so kalter Kaffee", schreibt er auf WDR.de.
Stadtarchiv noch nicht eingestürzt
Die Diskussion um veraltetetes Bildmaterial findet auch in einem anderen Zusammenhang statt. Dat_schaf bezeichnet es auf Twitter als makaber, dass das Stadtarchiv bei Street View unversehrt zu sehen sei, obwohl es im März 2009 eingestürzt war. Sven schreibt dazu auf WDR.de: "In der Severinsstraße steht's noch. Abbiegen in den Gereonsplatz, und weg ist es."Street View sei gruselig, schreibt Lyilly_thatsme. Man sehe ihr Haus, ihr Auto - und Wahlplakate. Und Marius H. scherzt im 1Live-Gästebuch, sein altes Auto sei wohl doch nicht verschrottet worden, es stehe ja noch am Straßenrand.
Postkarte mit verschwommenem Reichstag
In den sozialen Netzwerken sind auch Einträge zu finden, die ironisch mit den Ängsten spielen. "Street View ist in Deutschland gestartet, lasst uns unsere Nachbarn ausspionieren und berauben, ich freu mich", schreibt SebiDedejuhu. HeinStudt bemerkt, terroristische Anschläge auf Großstädte seien nun hochauflösend zu planen, DSL und Flatrate-Tarif in der Wüste vorausgesetzt. "Street View enthüllt: Millionen Deutsche können sich keine Villa am See leisten!", twittert picadilly. Links zu Seiten mit skurrilen Street-View-Fotos und zu neuen Street View-Postkarten werden gepostet. Dort sind das Brandenburger Tor, Schloss Neuschwanstein oder der Reichtag in Berlin verwischt zu sehen. Tenor der Kommentare: Cool und witzig.