Eines ist im Fall der WestLB klar: Jede der fünf Landtagsfraktionen möchte einen Untersuchungsausschuss einsetzen, um die Pleite der Landesbank aufzuklären. Und: Jede der fünf Fraktionen will darüber bestimmen, wie weitgehend der Untersuchungsauftrag eines solchen Ausschusses ist. Kaum hat also am Mittwoch die CDU angekündigt, in der nächsten Landtagssitzung am 23./24. Januar einen Antrag zu stellen, legen die rot-grünen Regierungsfraktionen einen bereits fertigen Antrag vor. Die beiden Fraktionen sind vom Vorstoß der CDU überrascht worden und wollen - wie aus der Grünen-Fraktion zu hören ist - die Deutungshoheit über den Untersuchungsauftrag nicht der CDU überlassen.
Aufklärung "unabhängig von der politischen Farbenlehre"
"Unser Ziel ist es, die Vorgänge bei der WestLB umfassend und verantwortlich aufzuklären", sagen die beiden Fraktionschefs Norbert Römer (SPD) und Reiner Priggen (Grüne) laut einer gemeinsamen Presseerklärung. Im Gegensatz zur CDU, könnte man hinzufügen. Denn ganz offensichtlich glaubt Rot-Grün nicht, dass die CDU umfassend aufklären will. So gibt der grüne Finanzexperte Mehrdad Mostofizadeh gegenüber WDR.de zu Protokoll: "Die CDU hat über die Ihnen nahe stehenden Sparkassenverbände, die Haupteigentümer der WestLB waren, und aus ihrer eigenen Regierungszeit eine hohe eigene Verantwortung für das Desaster." Und: "Wir wollen unabhängig von der politischen Farbenlehre sehr genau wissen, wer zu welchem Zeitpunkt Entscheidungen zum Schaden des Landes getroffen hat."
Politik machen mit der WestLB?
Tatsächlich hat die CDU zuvor betont, ihr Ziel sei es nicht, die Schuld einzelner Personen nachzuweisen. Vielmehr solle es darum gehen zu zeigen, welche Strukturen zu der Pleite geführt haben. Die Landesbank habe eine sehr enge Verbindung zur SPD und zur Landesregierung unterhalten, die "wahrscheinlich einzigartig" sei, sagte am Mittwoch der Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann. Die WestLB sei dazu benutzt worden, Politik zu machen. "Das darf nie wieder geschehen", warnte Laumann und verwies auf die landeseigene NRW-Bank, die ähnlich aufgestellt sei wie früher die WestLB.
Jetzt gibt es also zwei konkurrierende Anträge, und es wird sich zeigen, ob sich die Parteien auf eine gemeinsame Formulierung des Untersuchungsauftrags einigen können. Piraten und FDP haben ebenfalls signalisiert, für einen Ausschuss zu stimmen.
Das Angriffsziel heißt Peer Steinbrück
Für die CDU ist der Vorstoß der Regierungsparteien ärgerlich. Denn erstens können sie möglicherweise nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, den Anstoß zum U-Ausschuss gegeben zu haben. Und zweitens dürfte es schwerer fallen, die SPD im Ausschuss vorzuführen. Insbesondere im Wahljahr ist die Aussicht verlockend, mit dem Finger auf den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zu zeigen. Der war als ehemaliger Ministerpräsident und Finanzminister im Land ja mitverantwortlich für die WestLB. Dass die CDU diese Absicht hegt, hat Parteichef Armin Laschet am Mittwoch indirekt zugegeben. "Steinbrück war unser Wunschkandidat als Kanzlerkandidat", sagt Laschet bei einer Pressekonferenz. Gegen ihn habe man aus seiner NRW-Zeit genügend Munition in der Hand.
Neben der WestLB will Laschet im Wahlkampf auch Steinbrücks Einlassungen zur Zukunft der Bundesministerien in Bonn aufgreifen. Der Kanzlerkandidat hatte in einem Interview Sympathie dafür gezeigt, die Ministerien nach Berlin zu holen. Ebenfalls nutzen will der CDU-Vorsitzende angebliche Äußerungen Steinbrücks vor einem Jahr im Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp. Das "Handelsblatt" hatte berichtet, Steinbrück habe dem Vorstand des Unternehmens unter anderem geraten, Informationen über das sogenannte Schienenkartell zurückzuhalten. In dem "Kartell" soll es zu illegalen Preisabsprachen gekommen sein, die die Bahn und kommunale Verkehrsbetriebe massiv geschädigt haben sollen. "Was ist das für ein Selbstverständnis eines Politikers, so einen Rat zu geben", fragt Laschet nun. Von Steinbrück fordert er Aufklärung über die Angelegenheit.
Fraktion will erstmals konkrete Sparvorschläge vorlegen
Während sich Parteichef Laschet also schon mal für den Wahlkampf warmredete, hat sein Parteifreund Laumann am Mittwoch die Themen aufgezählt, mit denen die Landesregierung in diesem Jahr attackiert werden soll. Der Dauerbrenner Haushalt darf natürlich nicht fehlen. Auch wenn Laumann sogar zugibt, dass das möglicherweise kein Thema sei, um Wahlen zu gewinnen. "Aber es geht dabei um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes", echauffierte sich der Fraktionschef. Am 22. Januar werde seine Fraktion erstmals konkrete Sparvorschläge vorlegen, versprach Laumann.
Wo es weitere Breitseiten in Richtung Rot-Grün geben soll, ist wenig überraschend. Thematisieren will Laumann die fehlenden U3-Plätze, Ungerechtigkeiten beim Gemeindefinanzierungsgesetz und die ins Stocken geratene Inklusion behinderter Schüler. Gerade bei der Inklusion zeige sich, wie negativ sich die "Verschuldungspolitik" der Landesregierung auswirke, meinte Laumann. Wegen der geringen finanziellen Spielräume fehle nämlich das Geld, die Inklusion vernünftig über die Bühne zu bringen. Und damit schließt sich der Bogen zur WestLB. "Diese Bank", sagte Laumann, "hat den Steuerzahler eine Menge Geld gekostet."