Am Kirchplatz im Düsseldorfer Stadtteil Unterbilk residiert eine Bank, die es besser nicht gäbe. Dabei arbeitet sie vorbildlich: Die Hierarchie ist flach, 40 Angestellte stemmen eine Bilanzsumme von rund 77 Milliarden Euro. Niemand kassiert millionenschwere Boni. Das Wohl des Steuerzahlers steht über allem, denn die Geschäfte laufen im öffentlichen Auftrag. Nur der Name und noch mehr der Spitzname der Bank zeigt, dass etwas nicht stimmt: Die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) ist die "Bad Bank" der WestLB, eine Art Endlager für riskante Wertpapiere - Forderungen auf Kredite, die womöglich platzen, Anleihen von säumigen Schuldnern oder so genannte Derivate, die Wettscheinen ähneln. Solche Papiere bescherten der WestLB bereits einen Verlust von 530 Millionen Euro im Jahr 2009 und werden mehr als ein juristisches Nachspiel haben, wie die am Sonntag (08.08.2010) bekannt gewordene Schadenersatzklage mehrerer ausländischer Banken über 490 Millionen Dollar zeigt.
Bad Bank entlastet Konzernergebnis
Da die Risiken in der EAA unter Verschluss sind und schrittweise "abgewickelt", nämlich verkauft werden, belasten sie nicht die Bilanz des "guten" Teils der WestLB, die am Donnerstag (12.08.10) ihre Konzernzahlen für das erste Halbjahr 2010 vorlegt. Ein Gewinn im niedrigen dreistelligen Millionenbereich zeichnet sich ab, nachdem im ersten Quartal der Konzerngewinn vor Steuern 72 Millionen Euro betrug. Vorstandschef Dietrich Voigtländer bezeichnet die WestLB wieder als "profitable Bank". Das Geschäft mit den NRW-Sparkassen sowie mittelständischen Unternehmen sorge für eine "solide Ertragsbasis". An den internationalen Kapitalmärkten, wo sich die WestLB zwischen 2000 und 2008 mehrfach verspekulierte, spielt sie keine große Rolle mehr.
Schwerpunkt
Stresstest bestanden - Problem nicht gelöst
Der Ende Juli bestandene Stresstest, bei dem Wissenschaftler simulierten, welche Banken eine neue Wirtschaftskrise überleben würden, stärkt das Selbstvertrauen. Doch die Probleme sind damit nicht gelöst. "Die kurzfristig positivere Entwicklung bei der WestLB ändert nichts an der Notwendigkeit, das Geschäftsmodell langfristig auf sicherere Beine zu stellen", sagt der Finanzmarktexperte Professor Jörg Rocholl von der European School of Management and Technology in Berlin. Immerhin: "Die Auslagerung der Risiken in eine Bad Bank hat der Bank und besonders ihren Eigentümern die notwendige Atempause gegeben, die Umstrukturierung und den Verkauf nun nachhaltig voranzutreiben."
Zweischneidige Schrumpfkur
Die von der deutschen Bankenaufsicht und der EU verordnete Schrumpfkur ist zweischneidig. Einerseits erscheint die Bilanz der WestLB wieder halbwegs gesund, andererseits "dürfte die Restbank aktuell kaum die Größe haben, um als systemrelevant eingestuft zu werden", meint Dirk Schiereck, Bankenkenner und Professor an der Technischen Universität Darmstadt. Systemrelevanz wäre aber die Voraussetzung, um bei einer erneuten Krise vom staatlichen Stabilisierungsfonds (SoFFin) gerettet zu werden. Zudem ist die WestLB immer noch ein, wenn auch kleinerer, Gemischtwarenladen ohne richtiges Profil. "Das legt als Lösung eine Zerschlagung nahe", folgert Schiereck. Das Kreditgeschäft beispielsweise könnte an eine Privatbank verkauft werden, für das Sparkassengeschäft kämen andere Landesbanken als Interessenten infrage und das Zertifikategeschäft ließe sich separat veräußern. "Damit wäre die WestLB abgewickelt", sagt Schiereck, "und die Restaktiviäten von der Bad Bank wären mit der Zeit dann ebenfalls weg."
Vertrauen muss zurück gewonnen werden
Der Regierungswechsel in NRW beschert der WestLB eine Gnadenfrist. Eigentlich sollte der ehemalige CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz, der jetzt für eine Anwaltskanzlei arbeitet, als "Veräußerungsbevollmächtigter" schnellstmöglich Käufer finden, doch der rot-grüne Koalitionsvertrag legt ihn an die Leine. "Eine Zerschlagung der WestLB ist nicht akzeptabel", heißt es darin. Das Bekenntnis der Regierung zu "ihrer" Landesbank mit immer noch 5.000 Beschäftigten kann NRW teuer zu stehen kommen. "Für die neue Landesregierung ist die Bad Bank der WestLB ein Giftschrank mit unbekanntem Inhalt", sagt Professor Rainer Elschen, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft und Banken der Universität Duisburg-Essen. "Die Regierung ist ja bereits mit hohen zusätzlichen Schulden angetreten. Wenn nun bei der Bad Bank der WestLB Verluste anfallen, kommen diese oben drauf und können den Landeshaushalt erheblich gefährden."
Die WestLB als überregionale Sparkasse
Elschen geht davon aus, das die "WestLB als RestLB" überleben kann. Dafür müsse sie aus ihren Fehlern lernen, deren entscheidender die Selbstüberschätzung war: "Die WestLB sollte wieder stärker versuchen, sich als überregionale Sparkasse zu profilieren. Da gibt es eine Marktlücke: Die örtliche Sparkasse ist mit dem Kreditwunsch eines mittelständischen Unternehmens, das 2.000 bis 3.000 Mitarbeiter hat, schlicht überfordert. Um diese Kunden sollte sich die WestLB bemühen, aber dazu muss sie erst einmal das Vertrauen von Kunden und Sparkassen zurückgewinnen, das sie durch Fehlspekulationen und die Beinahe-Pleite verloren hat."