Die Kita, die Kirche und die Kündigung
Streit um Privatleben von Erzieherin
Stand: 20.03.2012, 16:00 Uhr
In Königswinter ist ein Streit zwischen Eltern und Kirche eskaliert: Die Stadt hat der katholischen Kirche als Träger des Kindergartens gekündigt. Hintergrund ist das Privatleben der verheirateten, getrennt lebenden Leiterin der Einrichtung.
Von Lisa von Prondzinski
Der Jugendhilfeausschuss in Königswinter hat Anfang dieser Woche (19.03.2012) einen städtischen Vertrag mit der Kirche gekündigt. Das heißt: Spätestens zum 1. August 2013 wird der katholische Kindergarten Rauschendorf einen anderen Träger haben. Das Gebäude, in dem derzeit 45 Kinder betreut werden, gehört der Stadt, so dass sie eine Kündigung aussprechen kann. Diese politische Entscheidung ist der Höhepunkt eines monatelangen anderen Streits.
Leiterin trennte sich und zog bei neuem Partner ein
Die katholische Kirche hatte die Leiterin des Kindergartens Rauschendorf, Bernadette Knecht, entlassen: Die 47 Jahre alte Pädagogin leitete die Einrichtung seit neun Jahren. Und das zur absoluten Zufriedenheit der Eltern. Der Kindergarten ist sehr beliebt. Vor gut einem Jahr trennte sich Bernadette Knecht von ihrem Ehemann. Nicht mal mehr eine Paartherapie hatte geholfen, die Beziehung zu kitten. Bernadette Knecht suchte sich zunächst eine eigene Wohnung, zog dann später aber zu ihrem neuen Lebenspartner.
Kirche sieht Vorbildfunktion nicht erfüllt
Das Zusammenwohnen mit dem neuen Partener machte die verheiratete, aber getrennt lebende Pädagogin aus Sicht der Kirche untragbar als Kindergartenleiterin. Ihr wurde angeboten, zu einem Kindergarten eines anderen Orts zu wechseln. Das aber lehnte sie ab - und erhielt eine Kündigung zum 31. Juni 2012, weil sie gegen kirchliche Grundsätze verstoßen habe.
Eine katholische Ehe sei bis zuletzt von Treue geprägt, meint Ulrike Keller, Mitglied im örtlichen Kirchengemeindeverband. Und in einer Stellungnahme des Kirchengemeindeverbandes heißt es: "Damit hat Frau Knecht ihren Arbeitsvertrag mit der katholischen Kirche gebrochen." Weiter steht in dem Schreiben: "Der Dienst in der katholischen Kirche fordert auch von einer Kindergartenleiterin, dass sie ihre persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre und den sonstigen Normen der katholischen Kirche ausrichtet."
Eltern kämpfen für die gekündigte Leiterin
Bei den Eltern war die Leiterin beliebt
Bernadette Knecht hat gegen die Kündigung Klage eingereicht. Öffentlich äußern will sie sich zu ihrem Fall derzeit nicht. Dass sie Mitte des Jahres ihre Stelle räumen muss, passt den Eltern der Kinder überhaupt nicht. Sie gehen seit Monaten auf die Barrikaden, weil sie die Leiterin behalten wollen. Mit wem sie zusammenwohnt, interessiert sie nicht. Also haben sie Unterschriften gesammelt, es gab Gespräche mit katholischen Vetretern. Doch die Kirche beharrte auf ihrer Position.
Für Peer Jung, Sprecher der Elternschaft, ist das nicht nachvollziehbar: "Wir hätten schon vor einem halben Jahr mit den Kirchenvertretern einvernehmlich eine Lösung finden können. Zur Kündigung der Trägerschaft hätte es nicht kommen müssen. Aber die Kirche war nicht dazu bereit, über ihren Schatten zu springen." Wegen der starren konservativen Haltung seien viele Eltern, die bisher kirchlich aktiv waren, auch in ihrem Glauben getroffen, erzählt Jung weiter. Als kein Appell an die Kirchenvertreter in Königswinter mehr half, stellte die Elternschaft einen Bürgerantrag bei der Stadt, mit dem Ziel die Trägerschaft zu kündigen.
Eltern hoffen auf Rückzug der Kirche
Damit bald Ruhe einkehrt, hofft Jung nun, "dass die Kirche Größe zeigt" und ihre Trägerschaft wenigstens freiwillig früher aufgibt als zum 1. August 2013. Was jedoch in der Hand des Kirchengemeindeverbandes vor Ort liegt. Das Bistum Köln will zu "dieser Einzelfallsache" in Rauschendorf nichts sagen, außer dass hier gegen die kirchliche Grundsatzordnung verstoßen worden sei. Schriftlich reagierte das Bistum aber auf die Kündigung seitens der Stadt Königswinter so: "Das Wohl der Kinder liegt uns auch in der Übergangszeit besonders am Herzen und wird Basis der weiteren Entscheidungen sein."
Wer nun grundsätzlich als neuer Träger in Frage kommt, ist noch unklar. Die Erziehung der Kinder soll auf jeden Fall christlich bleiben, sagt Jung stellvertretend für die engagierten Eltern. Das sei aber auch ohne die katholische Kirche möglich.