Dallas, Texas, 22. November 1963. Das Attentat auf John F. Kennedy, dokumentiert von Andy Warhol. Seine Serie "Flash - November 22, 1963" ist eine Chronik in elf Bildern, hergestellt im Siebdruckverfahren.
Vorlage bilden Pressefotos und Fernsehbilder. Andy Warhol taucht sie in aufblitzende Aluminiumfarben. Metallisch leuchten die Rasterpunkte, Konturen geraten in Bewegung, lösen sich auf und wechseln wie in einem Vexierbild zwischen Negativ und Positiv.
Momente aus dem Blitzlichtgewitter
Neben Hoheitszeichen aus dem Weißen Haus - das Siegel des Präsidenten als Legitimation für Warhols Kunst - Collagen aus Wahlplakaten und das lächelnde Gesicht eines Politikers, zum Gespenst mutiert. Zu Tode fotografiert: Jackie Kennedy - die strahlende First Lady, Minuten vor dem Attentat. Momente aus dem Blitzlichtgewitter im November 1963.
Warhol zitiert medial ausgeschlachtete Beweise: die vermeintliche Waffe und den Tatort. Täter und Opfer porträtiert er mit Filmklappe - wie Darsteller bei Dreharbeiten zu einem Spielfilm.
Bild und Text im Widerstreit
"Flash" erscheint 1968 - in einem Jahr neuer Attentate: Martin Luther King und Robert Kennedy werden erschossen; Andy Warhol selbst wird Opfer eines Attentats, das er überlebt. Im selben Jahr liegen neue Erkenntnisse vor, die dem offiziellen Bericht über die Ermordung Kennedys widersprechen. Seinen "Bericht" gibt Warhol als Mappe heraus, setzt neben Agenturmeldungen von 1963 seine Drucke von 1968. Bild und Text im Widerstreit. Expressive Farben gegenüber nüchternen Verlautbarungen zu einem Ereignis, das noch Jahre später die Welt bewegte. "Ganz gleich, wie sehr man es versuchte, niemand kam davon los", so der Kommentar des Künstlers.
Fasziniert von der emotionalen Macht der Bilder hält Andy Warhol vier Tage fest, von der Ankunft John F. Kennedys in Dallas bis zur Beerdigung in Washington D.C. Pop-Art, von der wir nicht loskommen, im Kunstmuseum in Mülheim an der Ruhr.
Autorin: Martina Müller