Zum einen geht es um einen fraktionsübergreifenden Antrag von CDU-Politiker Marco Wanderwitz. Und zum anderen um einen Antrag von Renate Künast (Grüne), der ein Gutachten des Bundesverfassungsgerichts vorsieht.
Wanderwitz ist einer der Initiatoren des fraktionsübergreifenden Gruppenantrags für ein AfD-Verbotsverfahren, dem sich mehr als 120 Bundestagspolitiker angeschlossen haben. Heute soll der Antrag von den Parlamentarischen Geschäftsführern der Bundestagsfraktionen debattiert werden.
Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen
Im Bundestag haben Abgeordnete um die Grünen-Politikerin Renate Künast einen anderen Vorschlag gemacht. Künast will aber, dass erstmal geprüft wird, wie "erfolgreich" ein Verbotsverfahren sein könnte - bevor sich das Bundesverfassungsgericht damit beschäftigt.
Letztlich geht es um die Frage, ob das Thema diese Woche und damit noch vor der Wahl auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt wird. Wanderwitz kritisierte, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz vor der vorgezogenen Bundestagswahl kein aktuelles Gutachten mit einer Einschätzung zu der Partei mehr vorlegen werde. "Wir halten die Rechtsauffassung, dass man so kurz vor einer Wahl nichts sagen darf, dezidiert für falsch", betonte er.
Ein Parteienverbot ist eine sehr brisante Angelegenheit - es wird oft vom schärfsten Schwert des Staates gesprochen. Was hat es mit einem Parteiverbotsverfahren auf sich? Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer steckt hinter dem AfD-Verbotsantrag?
Hinter dem Antrag von Wanderwitz stehen auch Bundestagsabgeordnete von SPD, Union, Grünen und Linken: darunter Till Steffen (Grüne), Martina Renner (Linke) und Carmen Wegge (SPD). Der Entwurf für einen AfD-Verbotsantrag liegt seit letztem Oktober dem Bundestag vor.
CDU-Abgeordneter Marco Wanderwitz
"Wir hatten natürlich ursprünglich einen anderen Zeitplan. Wir sind von einer regulären Bundestagswahl im September ausgegangen und entsprechend hätten wir noch das ganze Frühjahr Zeit gehabt, das Thema breit zu diskutieren", sagte Wanderwitz. Es sei notwendig gewesen, den Zeitplan nach dem Scheitern der Ampel zu straffen. "Wir halten die AfD für eine wirkmächtige, gefährliche rechtsradikale Partei." Er sorge sich um die Zukunft des Landes und den Fortbestand der parlamentarischen Demokratie.
Wie könnte es zu einem Verbot der AfD kommen?
Grundsätzlich kann ein Parteienverbot von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden.
Im aktuellen Fall will die Abgeordneten-Gruppe mit ihrer Vorlage einen entsprechenden Bundestagsbeschluss erreichen. Ob der Antrag Chancen auf eine Mehrheit hat, ist offen. Dem Vorhaben haben sich den Angaben zufolge bisher 124 Abgeordnete angeschlossen. Dem aktuellen Bundestag gehören 733 Parlamentarier an.
Die Richter in Karlsruhe würden dann prüfen, ob die AfD nach Artikel 21 Grundgesetz verfassungswidrig ist. Ihr müsste in einem solchen Verfahren nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht.
Warum sind Parteiverbote überhaupt möglich?
Eine wehrhafte Demokratie muss verfassungsfeindliche Parteien bekämpfen können. Deshalb sieht das Grundgesetz vor, dass das Bundesverfassungsgericht über Parteiverbotsverfahren entscheiden kann.
Zu diesem Zweck prüft das Bundesverfassungsgericht zunächst in einem Vorverfahren, ob der Antrag zulässig beziehungsweise hinreichend begründet ist. "Hierfür wird eine vorläufige Bewertung der Erfolgsaussichten nach Aktenlage vorgenommen", heißt es auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts. Fällt die Einschätzung positiv aus, wird danach das Hauptverfahren eröffnet.
Welche Voraussetzungen braucht es für ein Verbot?
"Ein Parteiverbot hat zwei zentrale Voraussetzungen", sagte Professor Markus Ogorek, Staatsrechtler an der Uni Köln, dem WDR. Zum einen müsse die Partei verfassungsfeindlich sein. "Das heißt, sie muss darauf ausgerichtet sein, die freiheitlich- demokratische Grundordnung zu beseitigen oder zu beeinträchtigen."
Zum anderen müsse sie eine gewisse "Wirkmächtigkeit" haben. "Damit ist gemeint, dass die Partei dazu in der Lage sein muss, ihr Programm, ihre politischen Ziele in Vollzug zu setzen, also in der Realität umzusetzen." 2017 scheiterte aus diesem Grund das NPD-Verbotsverfahren: Das Bundesverfassungsgericht wertete die Partei zwar als verfassungsfeindlich, aber nicht als durchsetzungsfähig.
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Verbotsverfahren durchkommt?
Die Voraussetzung "Wirkmächtigkeit" sieht Professor Ogorek erfüllt. Das sei "bei der AfD überhaupt kein Problem, da sie ja in Landesparlamenten, im Bundestag und auch im Europaparlament vertreten ist."
Staatsrechtler Markus Ogorek
Schwieriger sei der Nachweis beim Kriterium Verfassungsfeindlichkeit. Es reiche beispielsweise nicht aus, dass der Verfassungsschutz einzelne AfD-Landesverbände als gesichert rechtsextremistisch einstufe. Denn bei diesen Einstufungen gehe es um andere rechtliche Maßstäbe. "Da genügen tatsächliche Anhaltspunkte."
In einem Parteiverbotsverfahren hingegen müsse der Nachweis erbracht werden, dass die AfD darauf aus sei, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen oder zu beeinträchtigen. "Und das sind ungleich höhere Maßstäbe", so Professor Ogorek.
Wie steht die Bevölkerung zu einem möglichen AfD-Verbot?
Eine knappe Mehrheit lehnt es ab - aber die Zahl der Befürworter steigt. Das ist das Ergebnis des ARD-DeutschlandTrends vom letzten Oktober. Demnach halten 42 Prozent die Einleitung eines solchen Verbotsverfahrens für angemessen. Das sind fünf Punkte mehr als im Februar 2024. 46 Prozent (minus 5) halten dies für nicht angemessen.
Gleichzeitig sagen zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten, eine starke AfD gefährde die Demokratie und den Rechtsstaat.
Unsere Quellen:
- tagesschau.de
- Informationen des Bundesverfassungsgerichts
- ARD-DeutschlandTrend
- Nachrichtenagentur DPA