Christian Lindner beißt in einen Döner

"Auf einen Döner mit": Die Interviews mit den Kandidaten im Überblick

Stand: 05.02.2025, 06:00 Uhr

Vor der Bundestagswahl haben die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Bundestagsparteien in der WDR-Reihe "Auf einen Döner mit ..." Antworten auf die wichtigsten Fragen im Wahlkampf gegeben.

Von Lukian Ahrens

Am 23. Februar steht die Bundestagswahl 2025 an. Die Wählerinnen und Wähler in Deutschland entscheiden dann darüber, welche Parteien in den Bundestag einziehen, wer eine neue Regierung bilden soll und wer in der Opposition landet.

WDR-Format "Auf einen Döner mit..."

Für die Reihe "Auf einen Döner mit ..." hat der WDR im Vorfeld alle Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, um mit ihnen über die wichtigsten Themen im Wahlkampf zu diskutieren. Im Zentrum standen die Bereiche Migration, Wirtschaft und Krieg und Frieden.

Bislang stellten sich die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Linken, des BSW, der FDP, der Grünen und der SPD den Fragen der Moderatoren des WDR-Newspodcasts 0630. Den Ort wählten die Kandidaten, den Foodtruck samt Verpflegung brachte das WDR-Team mit.

Blick auf den Dönerstand

Der für das WDR-Format gestaltete Foodtruck in Köln

Linke-Spitzenkandidatin Reichinnek: "Niemand muss Millardär sein"

Den Anfang machte Mitte Januar Heidi Reichinnek, die gemeinsam mit Jan van Aken für die Linke bei der Wahl antritt. Sie traf sich mit Robert Meyer und Florian Gregorzyk an dem Foodtruck auf dem Osnabrücker Marktplatz. Zeit, um in ihren Gemüse-Döner zu beißen nahm sich Reichnnek allerdings kaum.

Vielmehr unterstrich sie die politischen Kernforderungen der Linkspartei. Im Bereich Wirtschaft plädierte sie für eine stärkere Besteuerung von hohen Einkommen und großen privaten Kapitalvermögen. Niemand müsse Milliardär sein, argumentierte Reichinnek und sprach von leistungslosem Einkommen:

"Diese Milliarden, die sich da anhäufen, das kommt über Erbschaften, die nicht vernünftig besteuert werden, das kommt über Ausbeutung von Arbeitenden." Heidi Reichinnek, Spitzenkandidatin der Linken

Analog zum Parteiprogramm plädierte Reichinnek zudem für eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und für die Aufstockung des Mindeslohns auf 15 Euro.

Sicherheitspolitisch argumentierte Reichinnek, dass sich Deutschland mittelfristig von der NATO in der jetzigen Form emanzipieren müsse. Bezüglich des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine pochte sie auf mehr Diplomatie.

In der Migrationsdebatte machte Reichinnek derweil deutlich, dass sie straffällig gewordene Asylbewerber nicht per se abschieben wolle. Wenn jemand straffällig geworden sei, werde er entsprechend verurteilt und müsse die Strafe in Deutschland absitzen oder zahlen. Alle Verschärfungen des Asylrechts lehnen die Linken in ihrem Wahlprogramm ab.

BSW-Spitzenkandidatin Wagenknecht: "Wir können Verbrenner"

Für die zweite Station reisten die Moderatoren des WDR-Newspodcasts 0630, Robert Meyer und Minh Thu Tran, ins saarländische Merzig - zu Sahra Wagenknecht, Spitzenkandidatin des BSW.

Bei einer Falafel plädierte Wagenknecht dafür, die deutsche Wirtschaft unter anderem durch die Senkung der Energiepreise zu entlasten. Man dürfe sich nicht abhängig von einzelen Ländern machen und in Erwägung ziehen auch wieder Gas aus Russland zu importieren.

"Wir haben quasi die russische Abhängigkeit durch eine vom amerikanischen Gas ersetzt. Das ist aber dreimal so teuer." Sahra Wagenknecht, BSW-Spitzenkandidatin

Darüber hinaus forderte Wagenknecht das Verbrenner-Verbot wieder zurückzunehmen, um die Automobilindustrie zu stärken. Deutschland müsse in verbrauchsarme Verbrenner statt in E-Autos investieren, denn das sei eine Technologie, "die wir können" und "wo wir nach wie vor überlegen sind".

Angesprochen auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine forderte Wagenknecht ein sofortiges Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine, um Russland zu einem Waffenstillstand an der jetzigen Frontlinie zu bewegen. Für den Nahen Osten peilt das BSW in seinem Wahlprogramm eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästina an, die Waffenlieferungen an die Israelis sollen ebenso wie an die Ukrainer gestoppt werden.

In der Migrationspolitik forderte Wagenknecht eine konsequente Umsetzung der Dublin-Regel. Zudem erklärte sie, Asylsuchende, die durch sichere Drittstaaten in Richtung Deutschland kommen, künftig ohne Asylverfahren abweisen zu wollen.

FDP-Spitzenkandidat Lindner: "Einem AfD-Antrag stimme ich niemals zu"

Am 1. Februar trafen sich die 0630-Hosts Lisa Bertram und Florian Gregorzyk mit FDP Spitzenkandidat Christian Lindner in Köln. Wie auch Sahra Wagenknecht bestellte Lindner am Foddtruck eine Falafel.

Das Interview wurde durch die zuvor stattgefundenen Bundestags-Abstimmungen beeinflusst, bei der CDU/CSU, AfD und FDP teilweise gemeinsam abgestimmt hatten. Darin sahen viele einen Tabubruch. Lindner verteidigte das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion:

"Wir haben einem CDU-Gesetzentwurf zugestimmt. Einem AfD-Antrag stimme ich niemals zu. AfD-Kandidatinnen und -Kandidaten wähle ich nicht. Niemals würde die FDP mit der AfD zusammenwirken." Christian Lindner, FDP-Spitzenkandidat

Beim Thema Migration befürwortete Lindner die Forderung nach dauerhaften Grenzkontrollen. Gleichzeitig betonte er im Gespräch, man müsse dafür sorgen, leichter in den deutschen Arbeitsmarkt einzuwandern. Denn was Deutschland dringen brauche, sei Fachpersonal.

Bei der Wirtschaftpolitik verwies Lindner auf drei Punkte, die auch im Wahlprogramm der FDP nachzulesen sind. Erstens brauche es einen radikalen Bürokratieabbau in Deutschland. Zweitens ein Steuersystem, "das den Aufschwung fördert, statt zu bremsen". Drittens forderte Lindner "weniger Ideologie in der Klima- und Energiepolitik."

Beim Thema Krieg und Frieden machte Lindner deutlich, dass er sich weiterhin auch für deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine einsetze. Der Krieg in der Ukraine würde zeigen, dass es notwendig sei, "auch in unsere Sicherheit zu investieren".

Grünen-Spitzenkandidat Habeck: "Die Union ist größer als Merz"

Einen Tag nach Christian Lindner trafen sich Carolin Bredendiek und Florian Gregorzyk ebenfalls in Köln mit dem Grünen-Spitzenkandidaten Robert Habeck. Auch er bestellte eine Falafel und ging auf die Abstimmungen im Bundestag ein.

"Ich halte es wirklich für einen Bruch in der demokratischen Geschichte unseres Landes", sagte Habeck angesprochen auf die gemeinsamen Abstimmungen von Union, AfD und Teilen der FDP.

"Wie immer Mehrheiten entstehen und wie immer man zu einzelnen Sachfragen steht: Demokraten arbeiten nicht mit Rechtsradikalen zusammen. Und das kann nicht aufgeweicht werden." Robert Habeck, Spitzenkandidat der Grünen

Bei der im Bundestag heftig diskutierten Migrationspolitik setzt Habeck auf die Reform des neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, deren Inhalte ab Sommer 2026 in allen EU-Mitgliedstaaten gelten und vollständig angewendet werden müssen. Dieses sichere die Kontrolle und Registrierung an den Außengrenzen und soll für schnelle Verfahren sorgen.

In Sachen Wirtschaft forderte Habeck Sozialabgaben auf Kapitalerträge. Wie hoch er Freibeträge für Renditen aus Aktien ansetzen wolle, darauf ging der Wirtschaftsminister erneut nicht konkret ein. Dafür machte er klar: "Es geht um diejenigen, die sehr hohe Kapitalerträge aus Aktienvermögen haben." Zudem verwies er auf seine Idee eines Deutschlandfonds. Mit diesem solle in die öffentliche Infrastruktur wie beispielsweise Bus und Bahn, Schulen und Kitas oder Stromnetze investiert werden.

Hinsichtlich Russlands Angriffskrieg in der Ukraine machte Habeck deutlich, dass er als Bundeskanzler nur dann mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin reden wolle, wenn das im Sinne der Ukraine und mit den Verbündeten abgesprochen sei. Die Grünen sprechen sich zudem dafür aus, den freiwilligen Wehrdienst attraktiver zu machen und deutlich mehr als zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben.

SPD-Spitzenkandidat Scholz: "Weitere Abschiebeflüge nach Afghanistan"

Mit SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz trafen sich Carlin Bredendiek und Robert Meyer in Gelsenkirchen. Wie es sich für das Ruhrgebiet gehört, bestellte der Bundeskanzler einen "Fleisch-Döner" und wurde sogleich auf die hohen Lebensmittelpreise angesprochen.

Scholz plädierte dafür, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent zu senken. Viel wichtiger sei es aber, die Mitte der Gesellschaft zu entlasten. "Wir brauchen ein gerechteres Steuersystem, das dazu beiträgt, dass diejenigen, die normal verdienen, eine Entlastung bekommen." Im Gegenzug sollen besser Verdienende höhe Steuern zahlen.

Im Bereich der Migrationspolitik verwies Scholz darauf, wie viel seine Regierung in den vergangenen Jahren bereits geschafft habe. "Wir haben das Notwendige getan und wollen auch weitere Dinge durchsetzen." Damit schloss Scholz auch "weitere Abschiebeflüge nach Afghanistan" mit ein. Allerdings werde er nicht zulassen, "dass über diejenigen schlecht geredet wird, die in diesem Land eine familiäre Einwanderungsgeschichte haben." Ohne Einwanderung wäre der deutsche Wohlstand nicht möglich gewesen und es wäre auch nicht möglich, den Wohlstand zu sichern, wenn das in Zukunft nicht weiter passiere.

Beim Thema Krieg und Frieden betonte Scholz, dass Deutschland weiterhin der größte europäische Unterstützer der Ukraine bleiben werde. Wie auch im SPD-Wahlprogramm schloss Scholz die Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine aber aus. Als Bundeskanzler habe er auch die Verantwortung dafür, "dass dieser furchtbare Krieg nicht eskaliert zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO." Auch kritisierte er scharf Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Dass Merz drohe, die Marschflugkörper zu liefern, "wenn Russland nicht macht, was er für richtig hält", sei eine "völlig unangemessene, gefährliche und der Verantwortung für Deutschland nicht gerecht werdende Haltung".

Unsere Quellen:

  • Interviews mit Heidie Reichinnek (Linke), Sahra Wagenknecht (BSW), Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Grüne) und Olaf Scholz (SPD)
  • Tagesschau-Artikel zum ARD-Deutschlandtrend
  • Wahlprogramme der Parteien