Subventionen wofür: Dienstwagen oder 49-Euroticket?
Aktuelle Stunde. 30.08.2023. 13:23 Min.. UT. Verfügbar bis 30.08.2025. WDR. Von Cengiz Ünal.
Steuer-Vorteil für Dienstwagen: Klimaschädliches Privileg oder unumgänglich?
Stand: 31.08.2023, 06:18 Uhr
Die bestehende Dienstwagen-Regelung sorgt für Kritik. Sie kostet den Staat offenbar weit mehr als das Deutschlandticket. Dabei sind die meisten Dienstwagen immer noch klimaschädliche Verbrenner.
Unternehmen sollen klimafreundlicher Geld ausgeben. Das ist eines der Ziele des sogenannten Wachstumschancen-Gesetzes, auf das sich die Bundesregierung in Grundzügen bei ihrer Kabinettsklausur am Mittwoch auf Schloss Meseberg geeinigt hat. Wie sinnvoll ist es, dass es trotzdem weiterhin Steuer-Vorteile bei der Nutzung von Dienstwagen gibt, obwohl die meisten klimaschädliche Verbrenner sind?
Viele Dienstwagen werden privat genutzt
In Deutschland sind etwa zwei Drittel der neu zugelassenen Pkw auf einen gewerblichen Halter angemeldet, so die Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes. Darunter sind viele Dienstwagen, die auch privat genutzt werden.
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können die Anschaffung und den Betrieb von der Steuer absetzen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt bei Verbrennern die Ein-Prozent-Regel. Heißt: Bei einem Neuwagen für 50.000 Euro muss pro Monat ein Prozent, also in diesem Fall 500 Euro, versteuert werden. Das geschieht, indem der Betrag dem monatlichen Einkommen hinzugerechnet wird.
Die meisten Neuzulassungen gelten Verbrennern
Für Dienstwagen mit Elektro- oder Hybrid-Antrieb müssen Arbeitnehmer zwar weniger Steuern zahlen. Aber: Nach wie vor werden überwiegend Verbrenner neu zugelassen. Unter den neu zugelassenen Autos waren im laufenden Jahr bis Juli mehr als die Hälfte reine Verbrenner, mehr als ein Viertel Hybrid-Wagen und nur 16,4 Prozent reine E-Autos, so das Kraftfahrtbundesamt.
Thorsten Koska vom Wuppertal Institut
Vor diesem Hintergrund sieht Thorsten Koska vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie die Dienstwagen-Regelung kritisch: Die neuen Dienstwagen seien häufig Fahrzeuge der Oberklasse und oberen Mittelklasse. "Und die sorgen dafür, dass der gesamte deutsche Fahrzeugmarkt, also auch die, die in den Gebrauchtwagenmarkt durchtröpfeln, alle deutlich größer sind, als wenn sich die Leute die Fahrzeuge privat kaufen würden", sagt Koska dem WDR. Und weiter:
Die Dienstwagen-Regelung koste dem Staat in diesem Jahr rund 5,5 Milliarden Euro, heißt es in einer Kurzstudie des Forums Sozial-Ökologische Marktwirtschaft vom Juni im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland, des Deutschen Caritasverbandes und des WWF Deutschland.
Zum Vergleich: Das Deutschlandticket, das zum Schutz des Klimas mehr Menschen von der Straße auf die Schiene holen soll, kostet Bund und Länder dieses Jahr etwas mehr als halb so viel, nämlich drei Milliarden Euro.
Auch Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbands Betriebliche Mobilität, spricht sich klar dafür aus, klimafreundliche Dienstwagen zu fördern. Am Mittwoch sagte er dem WDR:
Ein Steuer-Vorteil für Arbeitnehmer, wenn sie E-Autos nutzen, bringe aber nichts, wenn ihnen die Firma kein E-Auto bereitstelle, so Schäfer.
Grundsätzlich hält Schäfer steuerliche Vorteile bei der Nutzung von Dienstwagen weiterhin für wichtig. Damit die Zahl der Neuzulassungen klimafreundlicher Autos künftig steige, komme es vor allem darauf an, dass für Elektromobilität insgesamt noch mehr als bisher getan werde, meint er. Da hinke die Entwicklung in Deutschland immer noch hinterher.
Den oft von Umweltverbänden verwendeten Begriff "Dienstwagenprivileg" kritisiert Schäfer übrigens stark. Ein Privileg sehe er bei vielen Dienstwagen-Nutzern nicht, weil sie schlichtweg darauf angewiesen seien und häufig keine Luxuswagen nutzten.
Unsere Quellen:
- Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes
- WDR-Interview mit Thorsten Koska, Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie für die "Aktuelle Stunde"
- WDR-Interview mit Axel Schäfer, Bundesverband Betriebliche Mobilität, für das "Morgenecho"
- Kurzstudie des Forums Sozial-Ökologische Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland, des Deutschen Caritasverbandes und des WWF Deutschland
Über dieses Thema berichtete am 30.08.2023 auch das "Morgenecho" bei WDR 5 und die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.