Die EU will die Regeln für den Führerschein 2024 reformieren und vereinheitlichen. Dafür kamen am Montag die europäischen Verkehrsminister in Brüssel zusammen, um über die Vorschläge der EU-Kommission und die Ideen aus dem EU-Parlament zu beraten. Einige der Vorschläge, die Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im WDR-Interview klar ablehnte, sollen jetzt offenbar umgesetzt werden.
Die Vorschläge aus Brüssel zielen vor allem auf Fahranfänger und Senioren.
Was könnte sich für Fahrer ab 70 Jahren ändern?
Das EU-Parlament soll darüber abstimmen, ob im Rahmen der geplanten Führerschein-Reform eine Selbstauskunft bei Führerschein-Erneuerungen Pflicht werden soll. Das bedeutet, dass untersucht werden soll, ob Führerschein-Inhaberinnen und -Inhaber noch körperlich und geistig in der Lage sind, Auto oder Motorrad zu fahren.
Dabei geht es etwa um Einschränkungen wie Sehschwächen, Herzerkrankungen, Epilepsie oder Alkoholismus, die auch für andere Menschen im Verkehr eine Gefahr darstellen. Ob die eigene Sehkraft oder das Trinkverhalten ein Risiko darstellen, muss aber keine Ärztin oder Arzt untersuchen. Jedes Land kann sich auch dafür entscheiden, lediglich eine Selbstauskunft zu verlangen.
Den Vorschlag der ärztlichen Untersuchung hatte Verkehrsminister Wissing grundsätzlich abgelehnt. Aber auch die Selbstauskunft, die in Deutschland alle 15 Jahre fällig werden könnte, wollte er eigentlich verhindern. "Jeder kann sich ja mit seiner Gesundheit selbst beschäftigen und braucht dazu nicht eine staatliche Verpflichtung, Formulare auszufüllen", sagte er dem WDR am Montagmorgen. Der Nutzen dieser Tests sei wissenschaftlich nicht bewiesen und führe nicht zum gewünschten Ziel. "Es führe lediglich zu mehr Bürokratie und einer zusätzlichen Belastung der Verwaltung." Und weiter:
Nachgewiesen ist allerdings: "Sind ältere Autofahrerinnen oder -fahrer in einen Unfall mit Personenschaden verwickelt, so tragen sie häufiger die Hauptschuld daran als jüngere", teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Und auch der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann widerspricht Verkehrsminister Wissing. Zwar seien ältere Menschen mit Blick auf die absoluten Zahlen im Schnitt nicht öfter an Unfällen beteiligt, dies liege aber daran, dass sie deutlich weniger unterwegs seien, so der Unfallforscher.
Gemessen an der Fahrleistung sterben Brockmann zufolge bei Unfällen, an denen Menschen über 75 Jahren beteiligt sind, genauso viele Menschen wie bei Unfällen, an denen die Hochrisikogruppe der 18- bis 21-Jährigen beteiligt ist.
Senioren und Seniorinnen sollten sich auch nach Ansicht des ADAC selbst "auf freiwilliger, eigenverantwortlicher Basis" um ihre Fahrtauglichkeit kümmern, wie Thomas Müther, Sprecher des ADAC Nordrhein, gegenüber dem WDR erklärte.
Was plant die EU für Fahranfänger?
Die Rahmenbedingungen für das begleitete Fahren sollen vereinheitlicht und EU-weit anerkannt werden. Damit soll begleitetes Fahren ab 17 Jahren über staatliche Grenzen hinweg möglich sein. Diese Begleitung muss dem Vorhaben zufolge mindestens 24 Jahre alt sein und seit mindestens fünf Jahren einen Führerschein haben. Zudem darf sie innerhalb der vergangenen fünf Jahre kein Fahrverbot bekommen haben. Bislang müssen Begleitpersonen in Deutschland mindestens 30 Jahre alt sein. Auch eine Probezeit soll es künftig in der gesamten EU geben.
Wissing unterstützt das: "Um die Fahranfängersicherheit weiter zu verbessern, setzt Deutschland auf den Führerschein ab 17 Jahren. Das begleitete Fahren ist ein echtes Erfolgsmodell und soll künftig EU-weit möglich sein."
Wie geht es mit dem digitalen Führerschein weiter?
Die EU-Staaten einigten sich auch darauf, dass es künftig auch einen digitalen Führerschein geben soll, den man auf dem Handy abspeichern kann. Dieser soll kostenlos abgerufen werden können. Laut Kommissionsvorschlag soll es aber weiterhin eine physische Version der Fahrerlaubnis geben.
Wie geht jetzt mit der Führerschein-Reform weiter?
Bis eine Reform in Kraft tritt, ist noch ein weiter Weg. Erst im Mai kommenden Jahres will das Europaparlament nach Informationen der Tagesschau über die Führerscheinreform entscheiden.
Zustimmen müssen danach noch die EU-Kommission und die einzelnen EU-Staaten. Bevor die Änderungen in Deutschland in Kraft treten, müssen sie dann noch in nationales Recht überführt werden.
Unsere Quellen:
- EU-Kommission
- ADAC.de
- Bundesministerium für Digitales und Verkehr
- tagesschau.de
- ARD-Studio Brüssel
- WDR-Interview mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing
- Statistisches Bundesamt
Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir manche Vorschläge der EU-Kommission zugeschrieben, obwohl es sich um einzelne Vorschläge aus dem EU-Parlament handelt. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.