Harvard gegen Trump | Aktuelle Stunde
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Harvard gegen Trump: Warum der Ausgang des Konflikts auch uns betrifft
Stand: 22.04.2025, 18:44 Uhr
Zwischen US-Präsident Donald Trump und der Elite-Universität Harvard tobt ein erbitterter Streit. Das betrifft auch uns.
Von Sabine Meuter
Sie ist eine der berühmtesten Universitäten der Welt. Ohne die Harvard University mit Sitz in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts gäbe es wohl vieles in unserem Alltag nicht. Backpulver wurde hier einst erfunden. Der Defibrillator. Und auch die erste Organtransplantation gelang dank Wissenschaftlern in Harvard. Doch jetzt das: Die alt-ehrwürdige Universität, die fast 400 Jahre alt ist, liegt mit US-Präsident Donald Trump im Clinch. Trump hat Harvard Fördergelder eingefroren, weil die Uni sich weigert, seine neuen Regeln zu akzeptieren. Harvard möchte unabhängig bleiben.
Trumps Regierung hatte die Universität in einem Schreiben aufgefordert, mehrere Änderungen vorzunehmen und Verpflichtungen einzugehen. In dem Schreiben wurde von der Universität verlangt, ausländische Studierende bei Verstoß gegen Verhaltensregeln den Bundesbehörden zu melden, die Meinungsvielfalt unter Studenten und Uni-Personal überprüfen zu lassen sowie die Zulassung von Studierenden und die Einstellung von Personal nach Diversitätskriterien zu beenden.
Harvard hat gegen die Trump-Regierung Klage eingereicht
Jetzt hat Harvard wegen der Kürzung von Zuschüssen in Milliardenhöhe die Trump-Regierung verklagt. Die Regierung gefährde damit die akademische Freiheit, hieß es in der am Montag (Ortszeit) veröffentlichten Klageschrift.
Die US-Regierung will Harvard mehrjährige Zuschüsse in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro) streichen. Trump drohte der Universität vergangene Woche zudem mit dem Entzug ihrer Steuervorteile und mit der Einstufung als "politische Organisation". Inzwischen haben in den USA mehr als 100 Universitäten, Colleges und Wissenschaftsorganisationen eine gemeinsame Erklärung gegen die Hochschulpolitik von Präsident Trump unterzeichnet. Hinter dem Vorstoß stehen Institute wie die Elite-Universität Princeton oder auch das Connecticut State Community College.
Was sagen Harvard-Professoren zum Einfrieren der Fördermittel für ihre Universität durch Trump?

Prof. Friedhelm Hildebrandt
An der Harvard Medical School lehrt seit zwölf Jahren Prof. Friedhelm Hildebrandt. Wegen der herausragenden Wissenschaft war er einst in die USA ausgewandert. Nun sieht er genau die durch die US-Regierung bedroht. "Es ist sehr wichtig, sich gegen das Eingreifen der US-Regierung zur Wehr zu setzen und rasch Widerstand zu leisten“, sagte Hildebrandt dem WDR. Die Elite-Universitäten in den USA hätten "eine ganz wichtige Funktion, um Ausbildung in der klinischen Medizin weltweit zu fördern". Dies sei ohne die Fördergelder der US-Regierung gefährdet.
Andrew Crespo, Jura-Professor an Harvard, wertet das Vorgehen der US-Regierung als "gefährlich für Harvard und das ganze Land“, wie er dem WDR sagte. Universitäten anzugreifen sei einer der ersten Schritte für autoritäre Systeme. "Wenn Sie den Charakter eines Landes fundamental ändern wollen, seine Demokratie angreifen, dann attackieren Sie die Gerichte, die Presse, Anwälte und Sie greifen die Universitäten an" so Crespo.
Warum betrifft die US-Hochschulpolitik auch uns in Deutschland?

Harvard ist ein Ort, an dem viele Wissenschaftler aus Deutschland eine gewisse Zeit verbringen und wertvolle Erfahrungen sammeln. "Doktoranden etwa gehen oft für eine Weile nach Harvard und kehren wieder nach Deutschland zurück“, sagte Prof. Joybrato Mukherjee, Rektor der Universität zu Köln, dem WDR. Es gebe dort sehr viele Einrichtungen sowie Daten, mit denen auch Wissenschaftler in Deutschland arbeiteten.
"Die Spitzen-Universitäten in den USA haben eine ganz wichtige internationale Funktion, um Ausbildung etwa in der klinischen Medizin weltweit zu fördern“, sagte Friedhelm Hildebrandt. Er habe bislang 80 sogenannte Postdocs aus verschiedenen Ländern der Welt betreut, die Hälfte davon aus Deutschland. Dies alles sei auf kurz oder lang nicht mehr möglich, wenn die Gelder der US-Regierung wegbrechen.
Postdocs sind übrigens Wissenschaftler, die nach Beendigung einer Promotion den Doktorgrad erlangt haben und im Anschluss an einer Universität oder einem Forschungsinstitut befristet tätig sind.
Wäre es – rein theoretisch – auch in Deutschland denkbar, dass eine Uni massiv unter Druck gesetzt wird?
Das ist aus Sicht von Joybrato Mukherjee derzeit nicht vorstellbar. Er verwies auf Artikel 5 des Grundgesetzes. Darin heißt es in Absatz 3: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung."
Aber trotzdem sollte man aus der US-Entwicklung Lehren ziehen, so Mukherjee. "Wir sollten uns nicht einfach darauf verlassen, dass die Grundlagen unseres freiheitlichen Forschens und Lehrens immer schon da sein werden. Wir müssen uns dafür auch einsetzen."
Wo sind in Deutschland die Elite-Universitäten?
Es gibt elf Elite-Universitäten, davon zwei in NRW: Die RWTH in Aachen und die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Weitere Elite-Universitäten sind:
- TU Dresden
- Uni Hamburg
- Uni Heidelberg
- Karlsruher Institut für Technologie
- Uni Konstanz
- LMU München
- TU München
- Uni Tübingen
- Forschungsverbund aus Berliner Humboldt-Uni, der dortigen TU und der Freien Universität
Diese Elite-Universitäten erhalten von Bund und Länder Mittel in dreistelliger Millionenhöhe. Das Ziel: Den deutschen Wissenschaftsstandort im internationalen Wettbewerb stärken.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Prof. Friedhelm Hildebrandt gegenüber dem WDR
- Andrew Crespo, Jura-Professor an Harvard gegenüber dem WDR
- Prof. Joybrato Mukherjee, Rektor der Universität zu Köln gegenüber dem WDR
- Elite-Universitäten in Deutschland
- Bund-Länder-Förderung für Elite-Universitäten