EU-Kommission möchte jährliche Pflichtinspektion | WDR Aktuell
02:50 Min.. Verfügbar bis 25.04.2027.
Jährlicher TÜV für ältere Autos: Experten sehen geringen Effekt
Stand: 25.04.2025, 16:49 Uhr
Die EU will für mehr Sicherheit ältere Autos jedes Jahr prüfen lassen. Unfallforscher und Umweltschützer sind jedoch skeptisch.
Von Peter Hild
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Kommentieren [6]Die EU-Kommission will die Verkehrssicherheit erhöhen und plant, dafür eine jährliche Pflicht-Inspektion für alle Autos einzuführen, die mindestens zehn Jahre alt sind. Sie verspricht sich davon weniger Verkehrstote und weniger CO2-Emissionen.
Die Vorschläge müssten jedoch zunächst die Unterstützung vom Europäischen Parlament und dem EU-Ministerrat finden. Experten bewerten die Pläne eher zurückhaltend bis skeptisch.
EU will mehr Sicherheit und weniger Abgase
Mit der Maßnahme will die Kommission dem Ziel der sogenannten "Vision Zero" näher kommen, also die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten bis 2050 auf nahezu Null zu senken. Mitverantwortlich für hohe Zahlen seien da unter anderem ältere Fahrzeuge, die laut Kommission häufiger an Unfällen beteiligt seien. Die Kommission beruft sich dabei auf Studien.
Hochgerechnet auf 25 Jahre könnte es mit jährlichen Kontrollen aus Sicht der Kommission rund 2.000 Verkehrstote weniger geben. Auch die Reduzierung der Abgas-Emissionen spricht aus Sicht der Kommission für ihre Pläne. So soll die Einführung neuer Testverfahren Fahrzeuge mit hohem Ausstoß besser erkennen und erlauben, diese auch aus dem Verkehr ziehen zu können.
Unfallforscherin sieht Pläne skeptisch

Unfallforscherin Zeidler ist skeptisch
Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, hält von den EU-Plänen nicht allzu viel. Erst müsste der Nachweis erbracht werden, dass technische Mängel mit der Häufigkeit zu Unfällen zusammenhingen, so Zeidler. Das sei jedoch schwierig, technisches Versagen habe als Unfallursache bisher keine große Relevanz.
"Allein die Beteiligung von älteren oder auch neueren Autos an Unfällen sagt noch nichts über mögliche technische Mängel", betont Zeidler. Auch wer das Auto fährt, dessen Alter oder die Sicherheitsausstattung des Autos spielten eine Rolle. "Ich bezweifle, dass häufigere Prüfungen einen deutlichen Beitrag zu Verkehrssicherheit leisten, weil es bisher keinen Nachweis über einen Zusammenhang von Technikmängeln mit Unfällen gibt."
Greenpeace: Pläne erschweren Betrug
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace betrachtet die Kommissionspläne differenziert. "Die Ziel ist ja unter anderem, Stickoxide und Feinstaub neuen Prüfmethoden zu unterziehen. Das ist zu begrüßen, weil es künftig Betrug wie beim Diesel-Skandal erschweren würde", erklärt Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marion Tiemann.

Greenpeace-Expertin Marion Tiemann
Für einen Rückgang des CO2-Ausstoßes hätte ein jährlicher TÜV aus Tiemanns Sicht jedoch nur eine geringe Wirkung. "Ein deutlich größerer Hebel dafür wären strengere Flottengrenzwerte für PKW." Allerdings wolle die EU den Herstellern für die Einhaltung strengerer Grenzwerte jetzt drei Jahre mehr Zeit einräumen. "Das ist ein massiver Rückschritt für den Umstieg auf E-Fahrzeuge und damit für den Klimaschutz."
Jeder zweite PKW in Deutschland wäre betroffen
Sollten die EU-Pläne Wirklichkeit werden, wäre davon in Deutschland aktuell fast jeder zweite PKW betroffen. Zum 1.1.2025 gab es bundesweit gut 49,3 Millionen registrierte PKW - davon waren rund 23,4 Millionen Fahrzeuge mindestens zehn Jahre alt.
Der ADAC hält von den Plänen wenig: "Die Hauptuntersuchung wurde in Deutschland immer wieder angepasst. Jährliche Prüfintervalle machen aus Fahrzeugsicht deshalb wenig Sinn und sorgen nur für zusätzliche Kosten beim Verbraucher", sagt Sprecher Johannes Giewald.
Viele EU-Staaten bereits mit jährlichen Kontrollen
Deutschland ist mit seiner TÜV-Prüfung im Zwei-Jahres-Rhythmus EU-weit in der Minderheit. In 16 der insgesamt 27 Mitgliedsstaaten gilt bereits die jährliche Inspektionspflicht, in Österreich, Polen oder Spanien - wie jetzt von der Kommission vorgesehen - nach 10 Jahren. In den Niederlanden gibt es jährliche Kontrollen bereits acht Jahre nach der Erstzulassung und in Belgien schon nach vier Jahren.

ADAC-Sprecher Giewald hält nichts von der TÜV-Verschärfung
Eine schnelle Umsetzung der Kommissionspläne gilt jedoch als unwahrscheinlich. Eher ist mit längeren Verhandlungen im EU-Parlament und dem Ministerrat zu rechnen, an deren Ende vermutlich ein Kompromiss stehen dürfte. Selbst nach einem Beschluss haben die Mitgliedsstaaten in der Regel zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.
Quellen:
- EU-Kommission
- WDR-Interview mit Johannes Giewald, ADAC Nordrhein
- WDR-Interview mit Kirsten Zeidler, Unfallforschung der Versicherer
- WDR-Interview mit Marion Tiemann, Greenpeace
- Kraftfahrtbundesamt
6 Kommentare
Kommentar 6: Mick schreibt am heute, 01:06 Uhr :
Um der völlig absurden Argumentation der EU- Behörde zu folgen ("bis 2050 due Zahl der Verkehrstoten auf 0 reduzieren"), muss konsequenterweise leider jeder Individualverkehr (inkl. Fahrrad u.ä.) verboten werden. Es wäre schön, einen Asylschlüssel zu vereinbaren, eine gemeinsame Verteidigungspolitik, einheitliche Sozialstandards oder Umsatzsteuersysteme. Schafft die EU leider nicht- da stürzt man sich lieber mit großer Leidenschaft in derart absurde Gesetzesvorhaben - bald hat sich diese einstmals große wirtschaftliche und politische Vision in Vollendung komplett zerlegt.
Kommentar 5: Oldtimer schreibt am heute, 00:08 Uhr :
Zuerst bin ich für die Auflösung der EU wegen Lohn-, Sozial- und Steuerdumping. Dann kommt der Krieg in der Ukraine. Aber solcher Realitätsverlust und ähnliche Absurditäten wie verbundene Deckel an Plastikflaschen zeigen, diese EU hat jede Bodenhaftung verloren. Mit Verkehrssicherheit hat das nicht zu tun, eher mit Lobbyarbeit der Prüfindustrie. „Weniger Verkehrstote und weniger CO2-Emissionen“ sind reine Fantasie, da gibt es keine Grundlage.
Kommentar 4: Michael schreibt am 25.04.2025, 22:35 Uhr :
Europaweit maximal 100 weniger Tote pro Jahr (2.000 in 25 Jahren). Deutschland stellt ca. 20% der EU-Bevölkerung. Somit maximal 20 weniger Tote pro Jahr in Deutschland. Angemessen erscheinen mir die vorgesehenen Maßnahmen nicht wirklich. Zum Vergleich könnte die Problematik MRSA-Keime dienen. In Krankenhäusern infizieren sich in D 400.000 bis 600.000 Patienten pro Jahr mit MRSA bei voraussichtlich 20.000 Todesfällen, also Faktor 1.000 mehr Potential bei MRSA als bei Autos mit einem Alter von über 10 Jahren.
Kommentar 3: RC42HO schreibt am 25.04.2025, 21:56 Uhr :
Erst der Schwachsinn die Reifenbindung für ältere Motorräder ,trotz Unbedenklichkeitsbescheinigung, wieder einführen, die dann gg. Geld wieder problemlos auszutragen ist, und jetzt der nächste Schwachsinn gegen Geld.
Kommentar 2: Anonym schreibt am 25.04.2025, 21:00 Uhr :
Solche Regeln sollten beständig sein - und kein Verfallsdatum haben. Mit dieser Info hätte ich mein Auto (Baujahr 2015) dann eventuell nicht gekauft ... Klimaschutz ist bestimmt wichtig, aber die CO2-Steuer halte ich für Augenwischerei und einfach nur zum generieren von Geld in die Staatskasse. Zudem wäre ich dafür, daß TÜV, Dekra etc. staatlich werden sollten und die Untersuchung kostenlos wird.
Kommentar 1: Pascal schreibt am 25.04.2025, 19:05 Uhr :
Der TÜV wird jedes Jahr teurer. Jetzt schon 150 Euro . Das wäre ja eine lukrative Einnahmequelle. Und hey - wer sich kann neueres Auto leisten kann, wird wieder mal bestraft!