Vier Jugendliche stehen in einer Reihe und tragen jeweils eine Jogginghose.

Jogginghose im Unterricht: Was dürfen Schulen verbieten?

Stand: 25.03.2023, 14:40 Uhr

In Wermelskirchen wurden Schülerinnen und Schüler nach Hause geschickt, weil sie Jogginghosen trugen. Was ist in Sachen Kleidungvorschriften an NRW-Schulen überhaupt erlaubt?

Das Jogginghosen-Verbot an einer Sekundarschule in Wermelskirchen hat für viel Streit gesorgt. Die Kleiderordnung an der Schule gilt bereits seit längerer Zeit und wurde nun umgesetzt. Dies sorgte für viel Ärger bei den Schülern und Schülerinnen, aber auch bei ihren Eltern. Und manche fragten sich: Ist das überhaupt erlaubt?

Kann die Schulkonferenz eine einheitliche Schulkleidung empfehlen?

Ja, sagt ein Sprecher der Bezirksregierung Köln und verweist auf das Schulgesetz NRW, wonach die Schulkonferenz sich auf eine Kleiderordnung einigen kann, wenn die Schülervertreter dies mittragen. Dies sei bereits 2019 geschehen, als eine Realschule in Bad Oeynhausen ebenfalls per Schulkonferenzbeschluss das Tragen von Jogginghosen verboten hatte. Dort hatte jeder Schüler drei Verwarnungen frei. Erst beim vierten Mal sollten die Schüler zum Umziehen nach Hause geschickt werden. Der Konferenzbeschluss von 2019 werde immer noch mehrheitlich durch die Schulgemeinschaft getragen und sei damit Teil der Schulordnung.

"Die Schulkonferenz kann eine einheitliche Schulkleidung empfehlen, sofern alle in der Schulkonferenz vertretenen Schülerinnen und Schüler zustimmen." NRW-Schulgesetz, §42 Abs. 8

Die Kleiderordnung, die das Tragen von Jogging- und Trainingshosen nicht gestattet, findet sich auf der Wermelskirchener Schul-Website. Zudem ist dort am Mittwoch ein Brief an die Eltern mit Datum von vergangener Woche zu sehen, in dem die Schule ankündigt, Schüler bei Verstoß gegen die Kleiderordnung nach Hause zu schicken.

Was sagt das NRW-Schulministerium?

Das NRW-Schulministerium begrüßt es nach eigenen Angaben, wenn sich die Schulen vor Ort über eine einheitliche Schulkleidung verständigten. Das Schulgesetz biete dafür einen guten Rahmen. Das äußere Erscheinungsbild eines Schülers sei allerdings grundsätzlich eine persönliche Angelegenheit, die durch das Grundgesetz geschützt werde.

Der Verband Bildung und Erziehung hatte bereits 2016 mitgeteilt, dass die Schulen den Schlabberlook nicht wirklich verbieten könnten. Auch für Schüler gelte "das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit". Eine zwangsweise Einführung, die für alle Schülerinnen und Schüler gelte, sei nicht möglich. Als rechtswidrig wollte ein Ministeriumssprecher das Verhalten der Schulleitung aber nicht einstufen: "Es kommt auf den konkreten Einzelfall an.

Kann die individuelle Wahl der Bekleidung seitens der Schüler ein Pflichtverstoß sein?

Seitens des Schulministeriums hieß es, in der Regel begründe ein "individualisiertes Erscheinungsbild und die Wahl der Bekleidung" noch kein Pflichtverstoß der Schülerin oder des Schülers. Eine Pflichtverletzung sei aber dann nicht auszuschließen, wenn durch die Wahl der Bekleidung der Schulfrieden gestört oder der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule gefährdet werde. Eine Definition angemessener Kleidung für den Schulbesuch seitens des Ministeriums könne es vor diesem Hintergrund nicht geben.

Ist denn das Tragen einer Jogginghose per se Schlabberlook?

Jörg Melsbach, Kölner Stilberater

Nein, sagt der Kölner Stilberater Jörg Melsbach dem WDR - ganz im Gegenteil. Eine Jogginghose lasse sich heutzutage schick kombinieren: Mit einem weißen Hemd, ein paar schönen Sneakers und einem Blazer - "perfekt" sei ein solches Outfit, findet Melsbach.

Was sagen Jura-Professoren zu dem Jogginghosen-Verbot?

Aus Sicht von Rechtswissenschaftler Hinnerk Wissmann ist ein Jogginghosen-Verbot rechtlich nicht haltbar. "Es gibt keine Grundlage für ein individuelles Verbot. Die Rechtslage ist ziemlich eindeutig", sagte der Hochschullehrer der Uni Münster der Deutschen Presse-Agentur. Das nordrhein-westfälische Schulgesetz lasse in der Sache wenig Spielraum. "Die Schulkonferenz kann in Fragen der Kleiderordnung eine Empfehlung aussprechen, mehr aber auch nicht." Entsprechend könne das Tragen einer Jogginghose nicht als Pflichtverstoß gewertet werden, der einen Ausschluss vom Unterricht rechtfertigt.

Ähnlich äußerte sich der Rechtswissenschaftler Markus Ogorek von der Uni Köln: "Eine Empfehlung kann schon dem Wortsinne nach keine Verpflichtung sein." Der Ausschluss von mit Sporthosen bekleideten Schülern dürfte daher rechtlich nicht gedeckt sein: "Wer Sanktionen aus dem Nichtbefolgen einer Empfehlung ziehen will, verkennt schlichtweg deren mangelnde Bindewirkung", so der Rechtswissenschaftler.

Dresscode an Schulen: Streitobjekt Jogginghose

WDR 2 Das Thema 23.03.2023 03:33 Min. Verfügbar bis 22.03.2026 WDR 2


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