Die NRW-AfD gibt sich seit der Gründung des Landesverbandes gerne betont bieder. Man will – egal wer bisher die Partei führte – das moderate national-konservative Gesicht der AfD sein. Was aber im Landesverband eine Mehrheit hat, hat es eigentlich selten auf Bundesparteitagen.
Gottschalk neuer Vize-Chef
Dennoch ist man mit den Ergebnissen zufrieden, sagt einer aus der Parteispitze. Man habe – wie vorher intern abgesprochen – einen der Stellvertreter-Posten von Alice Weidel und Tino Chrupalla bekommen.
Kay Gottschalk, Bundestagsabgeordneter aus Viersen, zog wieder in den Vorstand ein, dem er zwischen 2017 und 2019 schon einmal angehörte.
Dabei setze der Bundestagsabgeordnete sich mit rund 60 Prozent gegen einen Kandidaten des völkischen Lagers durch. Dabei ist Gottschalk, der sich als ehemaliges Mitglied der "SPD von Helmut Schmidt" als gemäßigter Haushaltspolitiker sieht, parteiintern immer schon umstritten gewesen.
Mit Medienkritik ins Amt
Trotz bürgerlicher Erscheinung gilt er als einigermaßen flexibel in seiner Zuordnung. Bundesweite Aufmerksamkeit erregte er 2018. Auf dem Neujahrsempfang der AfD-Krefeld forderte er, dass man nicht mehr in türkischen Läden kaufen solle. "Boykottiert die Läden der Türken in Deutschland, denn die fahren zu 70 Prozent auf Erdogan ab!", sagte er damals.
Trotz dieser Vorgeschichte konnte er den Stellvertreter-Posten holen, er konnte mit einer medienkritischen Rede, in der er unter anderem von an die Regierung "angeschlossenen" Sendeanstalten sprach, rund 60 Prozent der Delegierten überzeugen. Sein Gegenkandidat Dirk Spaniel erhielt dagegen nur 30 Prozent Zustimmung.
Schwerer Stand gegen völkischen Flügel
Dass für den NRW-Landesverband die Bäume trotzdem noch nicht in den Himmel wachsen, zeigte dann der frühe Abend am Samstag. Eigentlich sollte auch Markus Wagner als Beisitzer in den Vorstand aufsteigen. Der frühere Fraktionschef im Landtag unterlag jedoch dem Bundesvorsitzenden der "Jungen Alternative", Hannes Gnauck, im dritten Anlauf knapp.
Diese Niederlage sieht man beim NRW-Landesverband gelassen. Das völkische Lager habe sich richtig strecken müssen, sagt ein Mitglied aus der Landesspitze. Man habe inzwischen eine diszipliniertere Delegiertenbasis. Was auch stimmt – beim vorherigen Parteitag in Magdeburg ging ein Riss durch die NRW-Delegation.
Am Ende nur ein Posten
Dagegen steht jedoch auch: Ein eigentlich für NRW vorgesehener Vorstandsposten ging an einen AfD-Politiker, der an der Spitze einer vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremen Bestrebung" steht: Der Jungen Alternative. In seiner Zeit bei der Bundeswehr wurde er vom Militärischen Abschirmdienst nach ARD-Informationen "Extremist" eingestuft, 2021 zog er in den Bundestag ein.
Gegen jemanden wie Gnauck einen Vorstandsposten zu verlieren, ist damit doch wiederum eine Niederlage für den NRW-Landesverband. Genau dieser liefert sich nämlich in den vergangenen Monaten einen heftigen Lagerkampf mit der "Jungen Alternative", weil man sie im NRW-Vorstand für zu rechtsextrem hält. In der Bundespartei mit dieser Haltung durchzudringen ist in Essen somit erneut gescheitert. Allerdings knapper, als das bei vorherigen Parteitagen der Fall war.