Gerade laufen an den Grundschulen die Anmeldungen für die Einschulung im kommenden Sommer. Für die meisten Eltern ist es vor allem wichtig, eine Grundschule in der Nähe zu finden und vielleicht einen Platz in der Nachmittagsbetreuung der Offenen Ganztagsgrundschule zu bekommen. Doch manche fragen auch nach der Größe der Klassen, sagt Christian Pennekamp vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) im Kreis Coesfeld.
Kleinere Klassen eher auf dem Land
In ländlichen Regionen und sozial besser gestellten Stadtteilen sind die Grundschulklassen meist kleiner, das zeigen die Zahlen aus dem Schulministerium, die auf eine Anfrage der FDP-Fraktion zurückgehen und die der WDR allesamt ausgewertet hat.
Im Hochsauerlandkreis liegt der Wert zum Beispiel bei unter 22 Kindern pro Klasse, deutlich weniger als in Ballungsgebieten wie im Ruhrgebiet.
Grundsätzlich aber steigen die Schülerzahlen in NRW und damit vielerorts auch die Klassengrößen. Beispiel: Im Kreis Warendorf waren im Schuljahr 2021/22 im Schnitt 22,4 Kinder in einer Grundschulklasse, im Schuljahr 2022/23 dann schon 23. Damit liegt der Kreis allerdings noch unter dem Landesschnitt.
NRW hat bundesweit die größten Grundschulklassen
Landesweit besuchen in NRW 23,5 Kinder eine Grundschulklasse. Das sind etwa 2 Kinder pro Klasse mehr als im Bundesschnitt, wie aus den Zahlen vom statistischen Landesamt IT.NRW für das Jahr 2021 hervorgeht. Damit ist das Land bundesweit Schlusslicht. Bei Spitzenreiter Rheinland-Pfalz sind es nur 18,6 Kinder gewesen.
Gemengelage in NRW ist unfair
Beispiel Duisburg: Stadtweit lag die Klassengröße bei knapp 25 im letzten Schuljahr. Aber die Unterschiede sind riesig. Im sozial besser aufgestellten Süden gibt es Grundschulen mit nur 18 Kindern. In den sozial benachteiligten Stadtteilen wie Duisburg-Marxloh besuchen die Grundschulklassen 27 und mehr Schüler, berichtet Haris Kondza dem WDR. Er leitet die Regenbogenschule. Ganz aktuell lernen dort 415 Kinder in 15 Klassen.
Durch die hohe Zuwanderung in diesem Stadtteil müsse er auch im laufenden Schuljahr weiter Kinder aufnehmen, egal ob die Klasse mit 27 Kindern eigentlich voll sei. Diese hohen Schülerzahlen und der Lehrkräftemangel würden die ohnehin noch schwierige Situation weiter verschärfen, so Kondza. Derzeit seien drei Stellen nicht besetzt. Und: wenn Lehrkräfte 10 Jahre an seiner Schule gewesen seien, würden sie weg wollen. Es gäbe zahlreiche Versetzungsanträge.
Vor allem die Eingangsklassen sind zu groß
Das größte Problem für Gewerkschafter Christian Pennekamp sind die zu großen Klassen zu Beginn. In der sogenannten Schuleingangsphase, also der ersten und zweiten Klasse, können Kinder mit Lernproblemen auch drei Jahre bleiben. Dadurch würden die Klassen weiter wachsen. Aber der Bildungserfolg hänge von kleinen Klassen ab, so Pennekamp. Bei mehr als 22 Kindern in der Klasse bräuchte man generell zwei Lehrkräfte. Allerdings sind schon jetzt an den Grundschulen im Land 2775 Lehrerstellen nicht besetzt.
FDP sieht dringenden Handlungsbedarf
"Für gerechte Bildungschancen unabhängig vom Wohnort der Kinder brauchen wir mehr Lehrkräfte und multiprofessionelle Teams", fordert Franziska Müller-Rech (FDP). Die schulpolitische Sprecherin ihrer Landtagsfraktion hält außerdem ein neues Schulbauprogramm "Gute Schule 2030" des Landes für nötig, damit die Kommunen in der Lage seien, ihre Klassen zu verkleinern.
"Die schwarz-grüne Landesregierung kann nicht einfach die Hände in den Schoß legen und alles nur weiterlaufen lassen. Die Zeit der warmen Worte ist vorbei", so Müller-Rech nach Auswertung der vom Schulministerium vorgelegten Zahlen.