Das Gelände der Polizei an der Müngstener Straße 35 in Wuppertal ist in einem katastrophalen Zustand. Und das, obwohl dort für NRW wichtige Einsatzkräfte untergebracht sind, etwa die Taucherstaffel, Diensthundeführer und die Bereitschaftspolizei, aber auch die Verwaltung für Waffen.
Schimmel an den Wänden, Legionellen in den Duschen
Wie schlimm der Zustand der Gebäude ist, erzählt der Wuppertaler Polizeigewerkschafter Björn Lüdtke im Interview mit dem WDR-Magazin Westpol. Er ist Sprecher der Kreisgruppe Gewerkschaft der Polizei (GdP) Bergisches Land. Die Beamtinnen und Beamten würden in großer Unsicherheit arbeiten, "mit Angst vor Schimmelbefall, vor Legionellenbefall, vor Asbestbefall“. Oft werde das Wasser abgestellt, dann könnten Tauchstaffel oder Bereitschaftspolizisten nach einem Einsatz nicht mal duschen, so Lüdtke. Über Jahre sei ein Sanierungsstau entstanden, kritisiert der Polizeigewerkschafter. Das belegen auch Unterlagen und Fotos, die Westpol zugespielt wurden.
Sanierungsbedarf seit langem bekannt
Es geht bei der Liegenschaft um eine Fläche, die so groß wie zehn Fußballfelder ist. Die Gebäude darauf stammen teilweise noch aus den 1920er Jahren. Das Areal gehört dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes (BLB), der es an die Polizei in Wuppertal und damit an das Innenministerium NRW vermietet hat. Die Aufsicht über den BLB hat das Finanzministerium.
Der Vermieter, also der BLB, habe solche sehr alten Liegenschaften "gerade so auf Stand gehalten“, sagt der Wuppertaler Polizeipräsident Markus Röhrl gegenüber dem WDR. Und jetzt sei man an den Punkt gekommen, wo man darüber nachdenken müsse, ob man die Liegenschaft generalsaniere oder aufgeben müsse.
Dieser Punkt war schon 2008 erreicht. Damals hatte die Landesregierung sich eigentlich gegen die Sanierung und für einen Neubau an anderer Stelle entschieden. Doch bevor es dazu kam, verwarf Innenminister Herbert Reul (CDU) kurz nach seinem Amtsantritt 2017 die Pläne. Er wollte die Liegenschaften an der Müngstener Straße doch nicht verlassen und fordert vom Vermieter BLB ein Sanierungskonzept.
BLB mit „unmoralischem“ Sanierungsangebot
Doch erst im Juli 2024 präsentierte der BLB dem NRW-Innenministerium und dem Polizeipräsidium Wuppertal eine Rahmenvereinbarung über die Revitalisierung der Liegenschaft. Auch sie liegt dem WDR vor. Die Refinanzierung der Sanierungsmaßnahmen solle über die Mietzahlungen erfolgen. Derzeit muss die Polizei für Gebäude und Gelände rund 3,7 Millionen Euro im Jahr an den BLB überweisen. Das entspricht einem Quadratmeter-Preis von 8,76 Euro für die Gebäude. Nach der Sanierung soll der auf 67 Euro steigen und "somit insgesamt 29.910.193 Euro Jahreskaltmiete“ fällig werden, heißt es in der Rahmenvereinbarung. Eine Verzehnfachung auf fast 30 Millionen Euro also. "Man könnte es auch unanständig nennen“, sagt Philipp Sprengel vom Bund der Steuerzahler NRW dazu. Das seien keine für Wuppertal marktüblichen Preise.
Kündigung statt Sanierung
Bis Ende August 2024 sollte der Polizeipräsident diese Rahmenvereinbarung unterschreiben. Dazu hätte das Innenministerium ihm eine Finanzzusage geben müssen, so Röhrl. Dazu kam es nicht. Stattdessen erhielt die Polizei im Dezember zwei Kündigungsschreiben für mehrere Gebäude vom BLB, die dem WDR vorliegen. Darin kündigt der BLB den Mietvertrag "form- und fristgemäß zum 31.12.2026".
Doch der Wuppertaler Polizeipräsident Markus Röhrl hält die Kündigungen für nichtig, weil "der BLB die gesetzliche Verpflichtung hat, den Landesbehörden entsprechende Liegenschaften zur Verfügung zu stellen.“ Doch das ist bisher nicht passiert.
Innenminister Reul fordert Lösung vom BLB
"Wir können die Polizei nicht auf die Straße setzen“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Interview mit dem WDR-Magazin Westpol. Er erwarte vom Landesbaubetrieb, dass er die Räume zur Verfügung stelle.
Für das vorgelegte Sanierungskonzept samt Mietsteigerung fehlt dem Ministerium allerdings offenbar das Geld. Wieso sich das Finanzministerium mit dem Innenministerium trotz der angespannten Lage in Wuppertal nicht einig wird, ist bisher unklar.
Landesbaubetrieb lässt Zukunft des Geländes offen
Der BLB antwortet dem WDR auf Fragen nach der Kündigung der Polizei-Gebäude in Wuppertal nicht. "Die vorhandenen Gebäude sind größtenteils nicht mehr sanierungsfähig. Über die nächsten Schritte befindet sich der BLB NRW weiterhin im Austausch mit den Beteiligten", heißt es schriftlich.
Bliebe es bei der Kündigung von sechs Gebäuden, sieht Polizeipräsident Röhrl die Arbeit der Polizei in Wuppertal gefährdet.
BLB immer wieder in der Kritik
Den Bund der Steuerzahler überrascht der Skandal nicht. Seit seiner Gründung habe der Landesbaubetrieb für negative Schlagzeilen gesorgt, sagt Philipp Sprengel. Man müsse sich wirklich fragen, warum die Versprechen von Aufarbeitung und mehr Transparenz beim BLB immer noch keine Wirkung gezeigt haben.
Innenminister Reul lässt inzwischen immer öfter auch ohne BLB und stattdessen mit privaten Unternehmen Gebäude für die Polizei bauen.
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen, in der Sendung Westpol, am 30.3.2025, ab 19:30 Uhr
Unsere Quellen:
- eigene Recherchen
- Interview mit Gewerkschaft der Polizei
- Interview mit Bund der Steuerzahler
- Interview mit Polizeipräsident Wuppertal
- Interview mit Innenminister Reul