Parteitag: CDU will Laschets Nachfolger Wüst küren
Stand: 22.10.2021, 18:00 Uhr
Noch läuft bei der CDU die Aufarbeitung ihrer Schlappe bei der Bundestagswahl. Doch beim Landesparteitag in Bielefeld geht der Blick in Richtung Landtagswahl. Hendrik Wüst wird nun Chef der Landespartei.
Von Niklas Schenk
Der letzte CDU-Landesparteitag im Mai 2019 stand ganz im Zeichen der anstehenden Europawahlen. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber hielt eine umjubelte Rede. Europa-Veteran Elmar Brok wurde nach fast 40 Jahren verabschiedet. Annegret Kramp-Karrenbauer war als CDU-Bundesvorsitzende ein halbes Jahr im Amt. Eine Kanzlerkandidatur von Armin Laschet lag im Nebel der Zukunft. Und niemand sah eine Corona-Pandemie kommen.
Zweieinhalb Jahre später trifft sich die CDU in der Bielefelder Stadthalle erstmals wieder zu einem Parteitag - und alles ist anders. Während die Gründe für die Niederlage bei der Bundestagswahl in der Partei weiter heftig diskutiert werden, richtet sich der Blick in NRW schon auf die in sieben Monaten anstehende Landtagswahl am 15. Mai 2022.
Laschet hofft auf eine Aufbruchstimmung
Ein "Zeichen des Aufbruchs für unsere Partei, aber auch die Menschen in Nordrhein-Westfalen" möchte Noch-Ministerpräsident Armin Laschet mit dem Parteitag aussenden. Gelingen soll das vor allem mit Verkehrsminister Hendrik Wüst, der zum neuen Landesvorsitzenden gewählt werden soll.
Die Wahl Wüsts ist als achter Tagesordnungspunkt vorgesehen. Gegen 13 Uhr hält Wüst seine Bewerbungsrede, kurz danach wird abgestimmt. Laschet spricht schon zwei Stunden vorher. Er dürfte für Wüst werben. Erst vor zwei Wochen hatte er ihn als seinen Nachfolger vorgeschlagen.
Nicht bei allen beliebt
Wüst sei ein "Macher", lobte ihn Laschet. Und er habe in den vergangenen Jahren "kluge Politik" gemacht. Mit 96,3 und 93,4 Prozent aller Stimmen schaffte Laschet bei den vergangenen beiden Wahlen zum Landesvorsitzenden gute Ergebnisse. Eine der spannendsten Fragen am Samstag wird sein, wie viel Zustimmung der in der CDU nicht bei allen beliebte Wüst erhält.
2010 musste Wüst wegen einer Affäre rund um buchbare Sponsorentermine mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ("Rent a Rüttgers") als Generalsekretär der Landes-CDU zurücktreten. Seit seinem Comeback als Verkehrsminister 2017 vermeidet er die ganz lauten Töne. Auch in den vergangenen Wochen hielt sich Wüst auffällig zurück.
677 Delegierte stimmen ab
Über den neuen Landesvorstand stimmen 677 Delegierte ab, Gegenkandidaten zu Wüst gibt es nicht. Ein gutes Ergebnis wäre für ihn wichtig, denn nur vier Tage später soll der gelernte Jurist in einer Sondersitzung des Landtags zum Ministerpräsidenten gewählt werden.
Dort haben CDU und FDP mit 100 von 199 Stimmen nur eine hauchdünne Mehrheit. Wüst braucht alle 100 Stimmen im ersten Wahlgang. Er kann sich keinen einzigen Abweichler in der eigenen Koalition leisten.
In Umfragen liegt die SPD auch in NRW vorne
Der Landesparteitag wird für Wüst also zur ersten Bewährungsprobe. Die CDU will den Fokus auf die Landtagswahl im Frühjahr 2022 lenken - aktuellen Umfragen zufolge liegt die SPD auch in NRW aktuell vorne.
13 Tagesordnungspunkte sind am Samstag vorgesehen. Neben dem Landesvorstand werden auch die Delegierten zum Bundesparteitag gewählt. Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann wird nicht mehr für den Vorstand kandidieren. Für ihn soll Sabine Verheyen aus dem Kreisverband Aachen einen der fünf Stellvertreter-Posten übernehmen.
Neu in den Vorstand gewählt werden soll offenbar auch Innenminister Herbert Reul sowie der Paderborner Daniel Sieveke. Bauministerin Ina Scharrenbach tritt erneut für einen der fünf Stellvertreter-Posten im Landesvorstand an.
Mit Spannung erwartet: Brinkhaus hält eine Rede
Ehrengäste sind aufgrund der Corona-Pandemie nicht eingeladen. Jedoch wird der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion ein Grußwort halten - denn Ralph Brinkhaus ist gleichzeitig auch der Vorsitzende des CDU-Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe.
Dessen Rede erwarten viele mit Spannung. Brinkhaus werden Ambitionen auf den CDU-Bundesvorsitz nachgesagt. Seine scharfe Kritik am Ampel-Sondierungspapier hatte zuletzt vielen in der CDU nicht gefallen. Hendrik Wüst dürfte vor allem Brinkhaus gemeint haben, als er Anfang der Woche über die Sondierungen sagte: "Ich finde, es steht der CDU nicht gut zu Gesicht, da jetzt draufzuhauen."