
Wie NRW auf die Schulden-Pläne im Bund reagiert
Stand: 05.03.2025, 16:26 Uhr
Das ging fix. Union und SPD im Bund einigen sich bei ihren Sondierungen auf ein riesiges Finanzpaket mit neuen Schulden. Was heißt das für NRW und die Schuldenbremse? Grüne und FDP kritisieren CDU-Chef Merz scharf.
Von Martin Teigeler und Andrea Miosga
Rund eine Billion Euro extra sollen nach dem Willen der schwarz-roten Sondierer im Bund in den kommenden Jahren investiert werden - allein die Hälfte davon in die Infrastruktur. Erste NRW-Politiker reagieren auf die Pläne von Union und SPD.
Was Union und SPD im Bund planen
Union und SPD hatten sich bei ihren Sondierungen im Bund auf neue Schulden geeinigt, um wichtige Aufgaben zu finanzieren: Ein sogenanntes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur - 100 Milliarden davon für die Länder. Hinzu soll der Wegfall der Beschränkungen der Schuldenbremse für alle Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts kommen.
Die Länder sollen außerdem durch eine Grundgesetz-Änderung die Möglichkeit bekommen, mehr Schulden zu machen. Ihre Schuldenbremse, die bisher besonders streng ist, soll an die flexiblere Bundesregelung angepasst werden. Viele Fragen sind aber noch offen - politisch und juristisch.
Zustimmung von Wüst und Neubaur

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und seine Stellvertreterin Mona Neubaur (Grüne)
"In außergewöhnlichen Zeiten braucht es außergewöhnliche Maßnahmen", sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst CDU). Das Sondervermögen für die Infrastruktur biete große Chancen. NRW werde dafür Sorge tragen, dass die Mittel den Kommunen "schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden", so der Regierungschef. "Die Vorschläge sind in ihrer Stoßrichtung und ihrer Dimension richtig", sagte auch Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne).
"So richtig und dringend notwendig, wie die Beschlüsse sind, so bitter ist es, dass sie erst so spät kommen", sagte Jochen Ott, SPD-Fraktionschef im Landtag. "Jeder wusste, was die Stunde geschlagen hat - auch schon vor der Wahl am 23. Februar. Aber es zeigt sich wieder das alt bekannte Muster: In der Opposition kennt die Union nur Taktiererei und Blockade."
FDP und Grüne entrüstet über Merz

FDP-Landeschef Henning Höne
"Friedrich Merz bricht sein Wort, noch bevor er überhaupt Bundeskanzler wird", sagte Henning Höne, FDP-Fraktions- und Parteichef in NRW. Die CDU habe die Ampel-Regierung wegen 60 Milliarden Euro in Karlsruhe verklagt. Und kurz nach der Bundestagswahl solle das 15-fache "mal eben ausgegeben werden". Der Staat habe aber kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem.
Wibke Brems und Verena Schäffer, die beiden Vorsitzenden der Grünen-Landtagsfraktion NRW, kritisierten ebenfalls CDU-Chef Merz, der im Wahlkampf einen Sparkurs statt neuer Schulden angekündigt hatte: "So schnell wie Friedrich Merz seine politischen Versprechen abräumt, kann man kaum gucken." Eine Reform der Schuldenbremse sei notwendig angesichts des Investitionsstaus bei Infrastruktur, Klimaschutz und Bildung, so Brems und Schäffer.
"Länder und Kommunen müssen bei der Reform unbedingt mitgedacht und langfristig die Einnahmeseite verbessert werden." Zugleich lehnten die beiden Grünen es ab, "dass die Bundesländer jetzt Schulden aufnehmen sollen, um Steuergeschenke von Schwarz-Rot zu finanzieren".

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne)
"Sonderdreist" nannte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) das Vorgehen des CDU-Chefs. Es sei dennoch richtig, dass mehr in die Verkehrs-Infrastruktur investiert werden solle. Krischer mahnte allerdings eine "dauerhafte, langfristige" Lösung an, damit das Geld vor Ort ankomme. Er sehe die Gefahr, dass Schwarz-Rot nur in "Prestigeprojekte" investiert.
Offen ist bisher, wie sich NRW bei einer Abstimmung über die geplante Änderung des Grundgesetzes im Bundesrat verhalten wird. Und im Bundestag benötigen Union und SPD die Zustimmung der Grünen. Die Linke erwägt rechtliche Schritte, wenn nicht der neue, sondern der alte Bundestag abstimmen soll. Im neugewählten Bundestag ist die Linke das Zünglein an der Waage, wenn es um eine notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit geht.
Schuldenbremse seit 2009 umstritten in NRW
In NRW war die 2009 eingeführte Schuldenbremse von Anfang an politisch umstritten. Die Sozialdemokraten im Düsseldorfer Landtag lehnten es ab, dafür die Landesverfassung zu ändern. Der damalige Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bezeichnete die Schuldenbremse im Herbst 2010 vor Journalisten als "ein Stück Selbstentmündigung".
Die CDU widersprach. Die christdemokratischen Ministerpräsidenten Armin Laschet und Hendrik Wüst positionierten sich über Jahre pro Bremse. "Die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse konkretisiert das Prinzip der finanziellen Nachhaltigkeit", heißt es im Grundsatzprogramm der NRW-CDU.
Zugleich nutzt Schwarz-Grün im Landeshaushalt schon jetzt die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse, um innerhalb der bestehenden Vorgaben neue Kredite in Milliardenhöhe aufnehmen zu können. Es bleibt abzuwarten, wie viele Schulden das Land NRW künftig aufnehmen darf und will. Wüst und Finanzminister Marcus Optendrenk hatten immer betont, das Land sei sparsam.
Unsere Quellen:
- Wüst, Ott, Höne, Krischer und Neubaur auf WDR-Anfrage
- Brems und Schäffer in Mitteilung
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
- eigene Recherchen