Seit Jahren ermittelt ein Team der Kölner Staatsanwaltschaft rund um die Cum-Ex-Steuertricks von Bankern, Beratern und Aktienhändlern. Dabei geht es um Milliarden an Steuern, die sie sich erstatten ließen, obwohl sie zuvor gar nicht gezahlt wurden. Die zuständige Kölner Hauptabteilung H rund um die Chefin Anne Brorhilker hat sich bei der Verfolgung deutschlandweit einen Namen gemacht. Denn die ersten wegweisenden und inzwischen rechtskräftigen Urteile des größten deutschen Steuerskandals beruhen vor allem auf ihre Anklagen.
Aufspaltung und ein zusätzlicher Chef
Trotzdem stehen nun große Veränderungen an: Brorhilkers Hauptabteilung H wird aufgespalten und sie wird Fälle abgeben müssen. Konkret wird eine zusätzliche Abteilung eingerichtet, in die in etwa die Hälfte von Brorhilker bisherigem Team ausgegliedert wird. Für diese zweite Abteilung soll es eine zusätzliche Leitung geben, sodass es am Ende zwei Cum-Ex-Teams mit zwei Führungen geben wird. All das kündigte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Mittwoch im Landtag an und bestätigte damit entsprechende Medienberichte der vergangenen Tage - unter anderem auch vom WDR. Er habe einem entsprechenden Vorschlag des Chefs der Kölner Staatsanwaltschaft zugestimmt.
Minister verspricht sich schnellere Arbeit
Begründet wird die Aufteilung damit, dass dadurch die bisherige Abteilung von Brorhilker entlastet wird und es eine "effizientere und zügigere Aufgabenerledigung" gibt, so Limbach. "Es ist für einen zu viel. Es geht darum, die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen und zu vermeiden, dass die Taten verjähren. Das ist meine Sorge."
Eine Entmachtung der bisherigen Chefin Brorhilker sieht der Minister nicht. Die bisherige Leitung bleibe eine "bedeutende Kraft" in der Bearbeitung der Cum-Ex-Verfahren und ihr Wissen sei für die weitere Arbeit von "großer Bedeutung". Durch die zusätzliche Führungskraft solle die komplexe Cum-Ex-Materie "noch zügiger" bearbeitet werden.
Generalstaatsanwalt übt Kritik
Vor der Bestätigung durch den Minister war bereits Kritik an der Aufspaltung des bisherigen Teams öffentlich geworden. So hat nach Recherchen des WDR die Generalstaatsanwaltschaft Köln bereits Anfang des Monats in einem vertraulichen Bericht die Pläne deutlich kritisiert. Die Maßnahme erfolge offenbar gegen den Willen von Oberstaatsanwältin Brorhilker und daher sei es fraglich sei, ob ein solcher Umbau zielführend sei.
Schließlich würde sich bei zwei Hauptabteilungsleitern die Frage stellen, wer die Gesamtleitung innehabe. Die Cum-Ex-Fälle seien derart komplex und verwoben, dass die jetzige Struktur mit Brorhilker an der Spitze inhaltlich Sinn ergebe.
Es könne gar der Eindruck entstehen, dass durch eine Aufspaltung die Cum-Ex-Ermittlungen behindert würden.
Justizminister Limbach bestätigte am Mittwoch, dass es Kritik vom Generalstaatsanwalt gebe. Diese wies er aber zurück. "Das Ziel der Einrichtung einer weiteren Hauptabteilung ist, um es ganz klar zu sagen, die Cum-Ex-Ermittlungen weiter entschlossen voranzutreiben", sagte er.
Bei Cum-Ex-Geschäften schoben Investoren Aktien rund um den Dividendenstichtag mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Schaden von geschätzten zehn Milliarden Euro.
Mails von Scholz können übergeben werden
In Hamburg beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss mit dem Cum-Ex-Skandal rund um die Privatbank MM Warburg, bei dem es auch um die Rolle des damaligen Ersten Hamburger Bürgermeisters und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz geht. Es steht der Verdacht im Raum, Hamburger Politiker und Finanzbeamte könnten der Privatbank geholfen haben, gestohlene Steuergelder auch dann noch behalten zu dürfen, als der Skandal längst aufgeflogen war.
Seit mehr als einem Jahr bemühen sich die Hamburger um Unterlagen der Kölner Staatsanwaltschaft, die bei einer Razzia sichergestellt wurden. Dabei geht es auch um E-Mail-Postfächer aus dem innersten Kreis von Scholz. Der frühere Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft trat im Streit um die Herausgabe von sichergestellten Asservaten im Sommer zurück.
Nach dem Personalwechsel im August geht es nun offenbar schneller. Justizminister Limbach kündigte am Mittwoch an, dass das Postfach von Scholz freigegeben worden sei und derzeit noch geklärt werde, wie die Daten dem Hamburger Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt werden können.