Regen und kein Ende: Seit Wochen gehört der Schirm zur Standardausrüstung für Fußgänger und Bahnfahrerinnen. Wer raus ins Grüne will, schiebt den Ausflug immer weiter raus oder muss sich vorher regenfest anziehen. Auch in dieser Woche bleibt es über weite Strecken: nass und grau.
Doch wenn schon nicht für die Stimmung - ist der viele Regen wenigstens für die Böden ein Segen? Nach mehreren Dürresommern waren die teils arg und bis in die Tiefe ausgetrocknet. Was hat sich daran geändert? Eine Reise durch die Bodenschichten Nordrhein-Westfalens.
Überall ausreichend pflanzenverfügbares Wasser
Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung erstellt den Dürremonitor. Beim Blick auf die aktuellen Zahlen wird deutlich: Für Sträucher oder Gräser steht bei Weitem genug Wasser in den oberen 25 Zentimetern des Bodens zur Verfügung. Das so genannte "pflanzenverfügbare Wasser" in den mittelgroßen Poren ist derzeit so üppig vorhanden, dass es nirgendwo in NRW mehr Trockenstress für die Gewächse gibt.
Oberboden nur in wenigen Orten ungewöhnlich trocken
Schaut man sich den gesamten Oberboden an - also neben den mittleren auch große und kleine Poren - ist die Lage ebenfalls gut. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich einige wenige Flecken im Land, in denen trotz wochenlangen Regens noch immer "ungewöhnliche Trockenheit" in den Bodenschichten bis maximal 25 Zentimeter Tiefe herrscht.
Das gilt in einem Gebiet von Ennepetal über Remscheid bis Burscheid, ebenso für das Grenzgebiet zwischen Bad Honnef und Eitorf. Ansonsten sind die höheren Bodenschichten in NRW derzeit überall ordentlich feucht.
Hinter Eifel und Wiehengebirge weiter Dürre im tieferen Boden
Etwas anders sieht es im so genannten "Gesamtboden" bis 1,8 Meter Tiefe aus. "Es gibt hier immer noch Punkte in Nordrhein-Westfalen, wo die Böden deutlich zu trocken sind", sagt Birgit Kaiser de Garcia vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv).
Das betrifft ein Gebiet nördlich der Eifel, das bis nach Köln hineinragt: In Frechen, Bornheim oder Bonn herrscht weiterhin "moderate Dürre". Noch trockener ist es in einem Streifen von Euskirchen bis Brühl, in dem gar "extreme Dürre" verzeichnet wird. Auch zwischen Minden und Espelkamp, ganz im Norden NRWs, sind zumindest Teile des Gesamtbodens noch von Trockenheit betroffen.
Schuld daran ist im Süden die Eifel, im Norden das Wiehengebirge: "Vor den Gebirgen jeweils, aus Westen kommend, ist das Meiste abgeregnet - und dahinter ist dann weniger Regen angekommen, sodass dort die Böden noch immer trockener sind" erklärt Kaiser de Garcia.
Für Landwirte ist Dauerregen ein Problem
Rübenernte im Herbst
Johannes Brünker, Landwirt aus Swisttal, sagt mit Blick auf die tieferen Bodenschichten: "Wir können noch nicht Entwarnung geben". Das Wasser brauche nun einmal Zeit, um vollständig bis in rund zwei Meter Tiefe vorzudringen. Zuckerrüben oder Raps würden durchaus Wurzeln bis in diese Tiefen schlagen.
Zugleich ist der aktuelle Dauerregen ein Problem für die Ernte: Der Boden ist zu weich für die schweren Maschinen, mit denen die Zuckerrüben gerodet und abtransportiert werden. "So extrem, wie wir das in diesem Jahr beobachten, ist der Dauerregen seit einigen Jahren oder gar Jahrzehnten nicht gewesen", sagt Horst Gömann von der Landwirtschaftskammer NRW. "Wenn es heute aufhören würde zu regnen, könnten wir übermorgen wieder aufs Feld fahren", sagt Brünker. Allein: Fast zwei Tage komplett ohne Regen sind kurzfristig nicht in Aussicht.
Grundwasserpegel vielerorts noch im Defizit
Trinkwasser wird oft aus Grundwasser gewonnen
Noch tiefer als die landwirtschaftlich nutzbaren Bodenschichten liegt das Grundwasser. Dessen Pegel reagieren mit einer noch größeren Verzögerung auf Regenfälle. Entsprechend deutlich sind die vergangenen Dürresommer dort noch erkennbar: 59 Prozent der Grundwassermessstellen des Lanuv zeigten Ende Oktober ein Defizit an. Bei 14 Prozent der Messstellen war der Pegel "niedrig", bei acht Prozent gar "sehr niedrig" und bei weiteren vier Prozent so niedrig wie noch nie in einem Oktober gemessen.
Erholung des Grundwassers dauert
Die Bodenschichten, die in den vergangenen Dürresommern austrockneten, tragen dazu bei. "Der Boden selbst muss erstmal so weit durchfeuchtet werden, dass er auch das Regenwasser nach unten durchsickern lassen kann", erklärt Birgit Kaiser de Garcia. In den meisten Gebieten seien die Böden inzwischen wieder so durchlässig - jetzt komme das Wasser langsam auch in den Grundwasserspeichern an. Eine umfassende Erholung der Grundwasserpegel würde jedoch Monate oder gar Jahre dauern.
Immerhin, betont Kaiser de Garcia: Der aktuelle Dauerregen sei dafür sehr gut geeignet.
Über dieses Thema berichtet der WDR Hörfunk in seinem Programm auf WDR 4 und WDR 5 am 14.11.2023 ab 06 Uhr.
Wassermangel
Planet Wissen. 22.05.2024. 06:46 Min.. UT. Verfügbar bis 31.10.2028. SWR.