Sommer 2020. Im August ächzt ganz Deutschland unter einer Hitzewelle. Ein Freibad in Hilden lässt aber wegen der Coronapandemie nur eine begrenzte Anzahl an Menschen rein und auch nur, wenn sie online ein Ticket gekauft haben. Für viele ältere Menschen ein Ausschlusskriterium, sagt Erwin Knebel. Er war als Experte Teil der Konferenz im Landtag, weil er sich im Kreis Mettmann und in ganz NRW für mehr Teilhabe von älteren Menschen am digitaler werdenden Leben einsetzt.
Er ist auch im Förderverein der Verbraucherzentralen und hat untersuchen lassen, wie digital die Älteren eigentlich unterwegs sind. Demnach sind rund ein Drittel der über 70-Jährigen nicht im Internet oder waren es sogar noch nie. Eine Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach kam zuletzt sogar auf noch höhere Zahlen. Selbst von den Personen ab 60 Jahren waren demnach fast ein Drittel überhaupt keine Internetnutzer.
Elke Schilling war auch auf der Konferenz. Sie hat vor fünf Jahren in Berlin ein Hilfstelefon für ältere Menschen gegründet. Ursprünglich gegen die Einsamkeit. Inzwischen rufen genauso viele Senioren aus NRW wie aus Berlin an und schildern auch ihre Hilfslosigkeit bei digitalen Problemen, sagt sie. "Eben diese Gruppe ab 85 sind auch sehr häufig Menschen, die mehr oder weniger allein leben. Wir haben ja immer diese Vorstellung, dass die in Pflegeheimen leben und betreut sind. Das ist eine Minderheit, das sind 20 Prozent." Die Alleinstehenden bekämen eben auch keine Hilfe im digitalen Alltag:
Aber auch der Busfahrplan oder Informationen über Kulturveranstaltungen seien heute kaum noch analog verfügbar.
Auch Kommunen vergessen ältere Menschen
Linda Göbl von der Katholischen Hochschule Freiburg hat die digitale Teilhabe von älteren Menschen wissenschaftlich untersucht und festgestellt: Auch die öffentliche Hand grenzt Senioren aus. Termine im Bürgeramt seien schwierig zu bekommen und oft nur im Internet buchbar.
Erwin Knebel hilft mit anderen ehrenamtlichen, sogenannten Digitalpaten in einer Bibliothek in Hilden, wenn Senioren Hilfe brauchen. Es sei klar, dass die Kommunen weder Geld noch Personal für ein breites Angebot hätten, aber die Städte müssten die Ehrenamtler wenigstens mehr unterstützen und wohnortnah Serviceangebote schaffen, wo die Menschen Hilfe bekommen. Das betreffe aber auch die Wirtschaft, weil die von mehr digitaler Teilhabe profitiere, indem sie ihre Produkte mehr Menschen verkaufen könne:
Raum zum üben, üben, üben
"Die Hamburger Sparkasse macht zum Beispiel in allen Filialen einmal im Monat ein Angebot, wo ihre Kunden Onlinebanking trainieren können." Auch die Volkshochschulen müssten ihre durchaus guten Angebote didaktisch überdenken. Kurze Lerneinheiten, dafür öfter und dann müsste es auch Möglichkeiten geben, das Gelernte zu üben, damit es nicht vergessen wird.
In einer rasant digitaler werdenden Welt müsse auch an die Älteren gedacht werden, die das Tempo nicht mehr mitgehen können, findet auch die Wissenschaftlerin Linda Göbl: "Es war uns eben wichtig, dass sowohl die Politik als auch für die Wissenschaft als auch wir als Gesellschaft das Problem erstmal wahrnehmen und ernst nehmen und anfangen, dafür Lösungen zu entwickeln und weiter voranzubringen.“
Die Konferenz im Düsseldorfer Landtag hat also deutlich gemacht, dass ältere Menschen häufig strukturell benachteiligt werden, weil Teilhabe oft nur noch digital funktioniert. Sie hat aber auch gezeigt, dass selbst in der Gruppe der ab 70-Jährigen die Allermeisten wissen, wie das Internet funktioniert und sich auch im digitalen Raum zurecht finden.