Angriffe auf Politiker nehmen in NRW deutlich zu

Stand: 04.02.2025, 17:43 Uhr

Straftaten auf Amts- und Mandatsträger haben sich im Vorjahr im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppelt. Die Parteien reagieren mit mehr Angeboten für Betroffene.

Von Peter Hild

540 politisch motivierte Straftaten gegen Amts- oder Mandatsträger in NRW hat das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr registriert. Viele der im Landtag vertretenen Parteien versuchen ihre Mitglieder schon länger auf kritische Situationen vorzubereiten.

Nach den jüngsten Zahlen des Landeskriminalamtes von 2023 waren in NRW vor allem Vertreter und Einrichtungen der Grünen und der CDU Ziel von Angriffen, gefolgt von Mitgliedern der AfD. Im Gegensatz dazu gab es bei den Linken und der FDP nur wenige Vorfälle.

SPD-Lokalpolitiker in Essen attackiert

SPD-Lokalpolitiker Sevinc in Essen | Bildquelle: WDR

Die Angriffe vor allem auf Lokalpolitiker haben in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen. Erst am vergangenen Wochenende sollen zwei SPD-Vertreter in Essen von einem Mann gerempelt, geschubst und bespuckt worden sein. Passanten kamen schließlich zu Hilfe. Einer der Politiker war Ali Kaan Sevinc: "Ich mache seit zehn Jahren Wahlkampf, habe aber noch nie erlebt, dass jemand so nah und körperlich angegangen worden ist. Das kann man wirklich keinem wünschen."

Der SPD-Landesverband in NRW unterstützt bei Bedarf alle Mitglieder und Gliederungen im Bereich der Krisenkommunikation unterstützen und vermittelt auch Ansprechpartner im Bereich des Opferschutzes, sagt Parteisprecher Lukas Günther. Vor allem Schmierereien auf Wahlplakaten und Angriffe gegen Parteibüros hätten deutlich zugenommen, betont er. Deshalb seien Sicherheitsmaßnahmen bereits in der Vergangenheit gerade rund um Wahlkampfveranstaltungen bereits verstärkt worden.

Mehr Unterstützung für Mitglieder

Grünen-Landeschef Tim Achtermeyer | Bildquelle: picture alliance/dpa/David Inderlied

Die Parteien versuchen, ihre Mitglieder besser auf kritische Situationen vorzubereiten, die Grünen etwa durch Online-Seminare. "Wir müssen uns gegen diese Angriffe wehren, aber dürfen denen, die brüllen und attackieren, nicht das Feld überlassen und uns zurückziehen", gibt sich Tim Achtermeyer, Landesvorsitzender der NRW-Grünen, kämpferisch.

Auch die NRW-CDU hat in den vergangenen Tagen von ihrer Bundesgeschäftsstelle in Berlin Empfehlungen für den Umgang mit kritischen Situationen für ihre Mitglieder bekommen. Die FDP rät ihren Mitgliedern, für Veranstaltungen, wenn möglich, Security-Kräfte zu engagieren und sich im Vorfeld mit der Polizei abzustimmen.

Forscher kritisiert fehlende Gesamtstrategie

Für Konfliktforscher Andreas Zick von der Universität Bielefeld ist der zunehmende Anstieg der Angriffe ein wenig überraschendes Ergebnis einer schon längeren Entwicklung. Es gebe eine zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft, es werde emotionaler und angespannter. Die AfD habe die Form der populistischen Zerrbilder und der extremen Sprache in die Parlamente getragen, so Zick.

Konfliktforscher Andreas Zick | Bildquelle: Universität Bielefeld

"Die politische Mitte tut sich schwer, wie sie mit dieser wachsenden Polarisierung umgehen soll", erklärt Zick. Es fehle bisher eine Gesamtstrategie für mehr und bessere Gewaltprävention, sowohl von Seiten der Polizei als auch der Politik. "Wir brauchen einen Ruck durch die Gesellschaft - vor allem in Fragen der Mäßigung, der Konsensfindung und in der Distanz vor menschenverachtenden Zerrbildern, über die Menschen reduziert werden." Genau darüber manifestiere sich Wut oft in Gewalt.

Quellen:

  • Bundesinnenministerium
  • Landeskriminalamt NRW
  • SPD NRW
  • Grüne NRW
  • CDU NRW
  • WDR-Interview Tim Achtermeyer, Grüne NRW
  • FDP NRW
  • WDR-Interview Konfliktforscher Andreas Zick, Universität Bielefeld

Über dieses Thema berichten wir am 04.02.2025 auch im Radio im Landesmagazin Westblick auf WDR5, 17.05 Uhr und im WDR Fernsehen in der Aktuellen Stunde, 18.45 Uhr.