Der neue NRW-Krankenhausplan startet: Was sich jetzt ändert | WDR Aktuell

04:45 Min. Verfügbar bis 01.04.2027

Der neue NRW-Krankenhausplan startet: Was sich jetzt ändert

Stand: 01.04.2025, 06:00 Uhr

Heute startet der neue Krankenhausplan. Viele Kliniken dürfen bestimmte Behandlungen nicht mehr anbieten. Andere brauchen neue Abteilungen.

Von Martina KochMartina KochNadja BascheckNadja Bascheck

In ganz NRW findet gerade eine Umwälzung der Krankenhauslandschaft statt: Ein Kölner Krankenhaus hat seine Urologie geschlossen, in Oelde ist eine Geburtsklinik dicht. Eine große Klinik in Mönchengladbach darf keine Knie- und Hüft-OPs mehr anbieten, auch Eingriffe an Bauchspeicheldrüse und Leber sind ab jetzt tabu. Viele andere Behandlungen darf das Haus aber weiterführen. All das ist gewollt.

Die Grundidee

Laumann (CDU) bei der Pressekonferenz zum Krankenhausplan

NRW-Gesundheitsminister Laumann bei der Pressekonferenz zum Krankenhausplan

Nicht jedes Haus soll alles anbieten. Das ist im Kern die Idee der Reform von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Zwar soll nach wie vor im Notfall ein Krankenhaus in 20 Autominuten erreichbar sein, zumindest für den Großteil der Einwohner im Land. Doch spezielle und vor allem planbare Eingriffe wie Hüft- und Knie-OPs oder bestimmte Krebsarten werden nun stark gebündelt.

Was sich ab heute ändert

Krankenhausplanung ist Ländersache, das war schon immer so. Neu ist jetzt die Art der Planung. Dafür hat das Gesundheitsministerium über mehrere Jahre gemeinsam mit Krankenhausgesellschaft, Ärztekammer und anderen Akteuren am neuen Plan getüftelt. Basis sind nicht mehr die Anzahl der Betten eines Hauses, sondern die medizinischen Fachgebiete. Die sogenannten Leistungsgruppen.

Einerseits wurde geschaut, wo die Grundversorgung gesichert sein muss – also welche Häuser etwa chirurgische Eingriffe vornehmen können. Im nächsten Schritt ging es um die Spezialisierung der Kliniken. Sie konnten sich in einem mehrstufigen Verfahren bewerben. Das Ministerium hat schließlich im Dezember festgelegt, welche Klinik was anbieten darf.

Folgen für Patienten

Patienten werden ab sofort genau hinschauen müssen, wo sie für welche Behandlung hin müssen. Bei einem Armbruch wird höchstwahrscheinlich weiterhin die Klinik zuständig sein, die auch bisher schon erste Anlaufstelle war – denn in der Notfallversorgung soll sich nicht viel ändern.

Wer aber zum Beispiel an Leber- oder Speiseröhrenkrebs erkrankt ist, muss unter Umständen längere Fahrtwege für die Behandlung in Kauf nehmen. Auch Hüft- und Knie-OPs wird es an weniger Standorten geben. Der Grund: Patienten sollen stets die bestmögliche Behandlung bekommen, das ist Laumanns Ansinnen. Deswegen wurde bei der Auswahl der Kliniken auch auf Qualitätskriterien geachtet.

Sorgenkind Geburtsklinik

Mit Sorge schauen derzeit einige auf die Entwicklung der Geburtskliniken. Denn Geburten sind teuer und lohnen sich für die Kliniken in der Regel nicht. Das Land hatte eigentlich fast alle Anträge in dem Bereich genehmigt, aber nun kündigen einige Krankenhäuser an, ihre Geburtsstationen zu schließen.

Beispiel Dortmund: Das Knappschaftskrankenhaus hat die Leistungsgruppen Eierstock- und Brustkrebs nicht mehr zugewiesen bekommen. Und damit auch Einnahmen verloren. Auch bei neuen Leistungsgruppen wie Neurochirurgie ging die Klinik leer aus. So wird sie die Defizite der Geburtsklinik nicht ausgleichen können, schreibt eine Sprecherin auf Anfrage.

Gesundheitsminister Laumann kündigte an, er wolle kleinere Geburtskliniken mit insgesamt 25 Millionen Euro unterstützen. Für manche Klinik dürfte das aber zu spät sein.

So läuft die Umsetzung

Seit Ende 2024 haben die Häuser Zeit sich umzustellen. Das gilt für den Großteil der Leistungsgruppen. Die Krankenhäuser dürfen also jetzt keine Behandlungen mehr anbieten, für die sie keinen Zuschlag erhalten haben. Oder andersherum: Sie müssen neue Abteilungen aufbauen.

Dafür und für einige spezielle Bereiche gilt aber eine längere Frist: in der Notfallversorgung wie bei den "Stroke Units", also Schlaganfallstationen, oder auch in der Kardiologie, also dort, wo vergleichsweise viele Fälle auftreten und eine Umstellung komplizierter ist.

Klagen gegen die Entscheidungen

Es gibt Kliniken, die gegen die Entscheidungen des Ministeriums geklagt haben. Zum 31. März liegen laut Ministerium 93 Klagen und 44 Eilverfahren vor. Hintergrund der Eilverfahren ist, dass manche Kliniken über den 1. April hinaus bestimmte Leistungen weiter anbieten wollen. Ein Großteil der Eilverfahren wurde in erster Instanz entschieden: Bisher wurden 24 Anträge abgelehnt, fünf wurden stattgegeben, zum Beispiel in Essen, Gelsenkirchen und Steinfurt.

So hatte zum Beispiel die Uniklinik Essen gegen die Entscheidung geklagt, dass sie eine bestimmte Art der Herztransplantation nicht mehr anbieten darf. Sie argumentiert auch mit ihrer Rolle als Forschungszentrum und darf nun erst mal weiter operieren.

Trotz der Klageverfahren zeigt sich Gesundheitsminister Laumann entspannt. Es handele sich um Verwaltungsentscheidungen: "Dass die auch gerichtlich überprüft werden, halte ich für das Normalste der Welt", so der Minister im WDR-Interview. Er gehe davon aus, dass das Land nicht alle Verfahren gewinnen, aber auch nicht alle verlieren würde.

Auch aus Kliniken selbst ist zu hören, dass sie zwar klagen, aber trotzdem nicht gänzlich gegen die Reform sind: "Ich bin komplett der Meinung, dass wir diese Krankenhausplanung brauchen, dass wir Klarstellungen brauchen. Wer mehr soll eigentlich was tun?", meint Dr. Paul Schneider, Geschäftsführer der Maria Hilf Kliniken in Mönchengladbach. Denn das sei bislang nicht so eindeutig gewesen und habe zu einem "Wildwuchs" geführt. Die Bündelung mache Sinn, sowohl finanziell als auch personell.

Wie geht's weiter mit dem Krankenhausplan?

18 Millionen. Der Podcast für Politik in NRW 28.03.2025 41:32 Min. Verfügbar bis 27.03.2030 WDR Online


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Wie geht es weiter?

Auf Bundesebene läuft parallel die sogenannte "Lauterbach-Reform", die auch die Finanzierung der Betriebskosten regelt. Diese zahlt der Bund. Beide Reformen verfolgen ein ähnliches Ziel. Es ist möglich, dass es in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD nochmal zu Veränderungen in der Krankenhauslandschaft kommt.

In einigen Krankenhäusern werden in diesem Jahr und darüber hinaus noch ganze Umbauten nötig, etwa weil sie Stationen aufbauen müssen oder prinzipiell mit mehr Patienten zu rechnen haben. Für solche Umbaumaßnahmen stellt das Land insgesamt 2,5 Milliarden Euro bereit. Es ist für diese Investitionskosten zuständig. Die SPD-Fraktion, Opposition im Landtag, findet, das sei zu wenig. Thorsten Klute, gesundheitspolitischer Sprecher, sagt, die Reform sei "dramatisch unterfinanziert".

Auch die Krankenhäuser erwarten mehr Geld, allerdings ebenso vom Bund. Sie hoffen auf einen Inflationsausgleich. Erstmal erhalten heute fünf weitere Häuser die Förderbescheide für ihre Bauvorhaben. 114 Millionen Euro sind im nächsten Schritt für die Umsetzung des neuen Krankenhausplans gedacht.