Gewinner bekommen häufig Blumen. Die Gewinner der Landtagswahl, nach allgemeiner Lesart CDU und Grüne, bekommen vor allem Erwartungen geschenkt. Und davon reichlich. Ob Polizeigewerkschaft oder Umweltverband, Wirtschaftsvertreter oder Lehrervereinigung - an öffentlich abgesteckten Erwartungen an ein schwarz-grünes Bündnis herrscht kein Mangel.
Clankriminalität, Windräder, Straßenausbau, Flächenverbrauch, Kiesabbau, Unterrichtsausfall - Interessenvertreter formulieren frei heraus, was sie sich von einer neuen Regierung versprechen.
Skepsis in den eigenen Reihen
So groß die Hoffnungen der einen, so groß die Befürchtungen der anderen. Und ja, bei aller zur Schau gestellten Freundlichkeit der Lager um Hendrik Wüst und Mona Neubaur: Es gibt auch jede Menge Skepsis in den eigenen Reihen.
Dabei müssen Schwarz und Grün das Rad nicht neu erfinden. Und man sollte auch nicht so tun, als ob eine solche Landesregierung an sich schon epochemachend wäre. Schon Ende der Neunziger gab es erste schwarz-grüne Bündnisse auf kommunaler Ebene. Es gibt sie bis heute. In anderen Landesregierungen sind sie schon seit Jahren der Normalfall, in Hessen etwa.
Landespolitisches Neuland
Und doch ist es richtig, dass ein Bündnis der beiden ungleichen Partner in Nordrhein-Westfalen etwas Besonderes wäre. Landespolitisch ist es Neuland, weg von den alten Lagern. Und es geht jetzt um eine große Aufgabe, die inzwischen mit dem Gewicht einer Schicksalsfrage über Düsseldorf hängt.
Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland. Wenn der Umbau ganz Deutschlands zu einem klima- und umweltfreundlichen Industrieland gelingen, und wenn Wohlstand und Demokratie dabei nicht auf der Strecke bleiben sollen, dann geht das nur, wenn es auch in Nordrhein-Westfalen klappt. Das ist so schlicht wie logisch.
Wer sich zuerst bewegt, verliert?
Die zweckrationale Machtmaschine CDU, die den politischen Pragmatismus bisher patentiert zu haben schien, muss genauso Kompromisse machen wie die Grünen. Die verstehen sich als programmatisches Kraftzentrum, das gern lautstark fordert. Aber auch sie werden sich nicht an jedem Detail festbeißen dürfen.
CDU und Grüne sind deshalb gut beraten, wenn sie den Schwung ihres Wahlerfolgs nutzen. Wenn sie jetzt nicht, aus lauter Misstrauen, zunächst politisches Mikado spielen. Wer sich zuerst bewegt, verliert.
Eine Mehrheit der Menschen traut Grünen und CDU am ehesten zu, die Zukunftsaufgaben zu lösen. Darin kann man so etwas wie einen Projektauftrag wittern. Ein unausgesprochenes "Macht jetzt!" Und vielleicht findet sich sogar noch jemand für das ungeliebte Schulministerium. Dann könnte es auch mit den Blumen klappen.