"Hast du die rote Ampel nicht gesehen?", fragt die Computerstimme. Gerade hat Maximilian Simeth auf dem Fahrsimulator einen ordentlichen Crash hingelegt. Der 18-jährige Student ist mitten in der Führerschein-Ausbildung in Korschenbroich. Seine Fahrschulchefin Heike Ködderitzsch hatte den Fahrsimulator während der Pandemie angeschafft. "Er nimmt Berührungsängste für ängstliche Fahrschüler", sagt sie.
Fahrsimulator um Kosten zu reduzieren?
Fahrsimulatoren sind eine gute Ergänzung, können den Unterricht auf der Straße aber nicht ersetzen, meint Heike Ködderitzsch aus langjähriger Erfahrung. Aber sie haben einen entscheidenden Vorteil: Eine Stunde auf dem Fahrsimulator kostet im Schnitt nur die Hälfte einer Stunde im Auto.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Florian Müller aus Olpe setzt sich deshalb dafür ein, dass der Fahrsimulator aktiver eingesetzt wird. Dann könne man sich in der ersten Fahrstunde mehr auf den Verkehr konzentrieren, sei im Auto schon sicherer. Müller glaubt, dass man dann weniger teure Fahrstunden auf der Straße brauchen würde.
Fahrschulpreise sind enorm gestiegen
Das Problem: Die Führerscheinkosten steigen seit Jahren drastisch. Der Unterhalt an sich sei teurer geworden, sagt Fahrschulchefin Heike Ködderitzsch. Inflation, hohe Energie- und Spritpreise sowie steigende Lohnkosten haben auch in der Korschenbroicher Fahrschule zu Preiserhöhungen geführt. Seit Jahresbeginn kostet die Fahrstunde auf der Straße hier 69 Euro. Wenn bei Fahrschüler Maximilian Simeth alles glatt läuft, wird sein Führerschein rund 3000 Euro kosten. Längst ein normaler Betrag. Manche Führerscheine kosten mittlerweile weit über 4000 Euro.
Mehr als die Hälfte kann den Führerschein nicht allein finanzieren
Er hat zwar einen studentischen Nebenjob in der SPD-Landtagsfraktion, aber auch das reiche nicht, um den Führerschein allein zu bezahlen. Zum Glück habe er aber unterstützende Eltern, so Maximilian Simeth. Darauf sind viele angewiesen. Nach einer aktuellen Befragung des Automobilclubs ADAC kann nur noch ein Fünftel der jungen Leute den Führerschein selbst bezahlen.
Das will CDU-Mann Müller nicht hinnehmen. Es sei eine Frage von Sozialpolitik, dass man den Führerschein bezahlen könne und dadurch Mobilität gewährleiste. Gerade in dünn besiedelten Regionen im ländlichen Raum seien viele auf das Auto angewiesen, um arbeiten zu können oder Freunde zu besuchen, so Florian Müller im WDR-Interview.
Durchfallquote nimmt zu
Ein zusätzliches Problem: Immer mehr schaffen die Prüfungen nicht beim ersten Mal. Und die Wiederholungen machen den Führerschein noch teurer. 2022 fielen in NRW 41 Prozent der Prüflinge nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) durch die praktische Prüfung zum Führerschein Klasse B.
Bei der Theorieprüfung lag die Durchfallquote sogar bei 46 Prozent, Tendenz steigend. Institute wie der TÜV Rheinland nehmen die Prüfungen ab. Führerscheinexperte Arne Böhne sieht dafür mehrere Gründe. Motivation und Wille, sich mit den Themen zu beschäftigen seien nicht mehr so groß wie früher. Aber auch die Verkehrswirklichkeit und die Verkehrsregeln hätten sich geändert. "Wer vor 10 Jahren die Fahrerlaubnis erworben hat, würde die Theorieprüfung jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bestehen", so Börne. Außerdem würden immer neue Aufgaben dazu kommen.
Mehr Kontrolle und Transparenz für Fahrschulen?
Die Durchfallquoten reichen bei den Fahrschulen von 10 bis 70 Prozent. Eine Pflicht, diese öffentlich zu machen gibt es nicht. Um eine gute Fahrausbildung zu garantieren, werden die Fahrschulen von den Kommunen kontrolliert und die Durchfallquoten beim TÜV registriert.
Aus Sicht des NRW-Verkehrsministeriums reicht das. „Dem Ministerium liegen aus dieser Verpflichtung der Kommunen keine Erkenntnisse vor, dass im Hinblick auf die Fahrschulüberwachung in NRW grundlegende Defizite bestehen“, heißt es auf WDR-Anfrage.
Nach dem Abbau von Wartezeiten bei Fahrprüfungen konzentriere man sich in NRW nun auf die weiteren Erleichterungen für Fahrschülerinnen und Fahrschüler (insb. zu E-Learning und dem Einsatz von Fahrsimulatoren). Außerdem arbeite NRW in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine neue Fahrschulausbildungsordnung mit.
Darüber berichten wir auch im WDR-Fernsehen, in der Sendung Westpol am Sonntag, 7.4.2024 ab 19:30 Uhr.