Tod von Rudolf Dreßler
00:34 Min.. Verfügbar bis 09.01.2027.
SPD-Sozialpolitiker Rudolf Dreßler ist tot
Stand: 09.01.2025, 14:11 Uhr
In der 16-jährigen Kohl-Ära war er das sozialpolitische Gesicht der SPD: Jetzt ist Rudolf Dreßler im Alter von 84 Jahren gestorben. Der gebürtige Wuppertaler war auch deutscher Botschafter in Israel.
Von Martin Teigeler und Johannes Rasch
Der langjährige sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Rudolf Dreßler ist gestorben. Dies teilte die nordrhein-westfälische SPD am Donnerstag mit. Der gebürtige Wuppertaler wurde 84 Jahre alt. Der Sozialpolitiker saß 20 Jahre für seine Partei im Bundestag. Von 2000 bis 2005 war er deutscher Botschafter in Israel.
Achim Post und Sarah Philipp, die beiden Landesvorsitzenden der SPD, teilten mit: "Wir trauern in Respekt um einen hochgeschätzten, meinungsstarken und tatkräftigen Genossen, der den Kampf für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der SPD über Jahrzehnte geprägt hat. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Angehörigen."
Gegenspieler von Norbert Blüm
Politische Kontrahenten in der Kohl-Ära: Norbert Blüm (CDU, l) und Rudolf Dreßler (SPD)
Von 1980 bis 2000 gehörte Dreßler dem Bundestag an. In der langen Ära von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) war Dreßler der wohl bekannteste Sozialpolitiker der SPD. Im Bundestag in Bonn lieferte er sich zahllose Rededuelle mit dem damaligen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) zu Themen wie Arbeitnehmerrechten, Rente und Gesundheit.
Angriffslustig, deutlich und auf den Punkt – so kannte man Rudolf Dreßler. Etwa als er in einer Bundestagsdebatte 1988 die Gesundheitsreform der Regierung von Helmut Kohl aus seiner Sicht kommentierte: "Sie schließt sich nahtlos an Ihre unsoziale Steuerreform an. Den Kleinen wird genommen und den Großen wird gegeben. Das ist das Ergebnis."
Schwerer Unfall veränderte seine Sicht
Der gelernte Schriftsetzer Dreßler führte viele Jahre lang die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. Er war unter anderem Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Parteipräsidium der SPD. Von 1986 bis 1996 war er zudem Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Wuppertal.
Rudolf Dreßler nach seinem Unfall mit Armbinde
Ein einschneidendes privates Erlebnis war ein Verkehrsunfall, bei dem er 1997 schwer verletzt wurde. Dreßler musste Monate in Kliniken verbringen. Danach hatte sich seine Perspektive verändert: "Vor dem Unfall hab ich wie jeder Abgeordnete fest daran geglaubt, dass meine Arbeit die Welt verändert. Und ich stelle fest, dass die Welt sich daran gar nicht gestört hat."
Kein Ministerposten unter Schröder
Als die Sozialdemokraten 1998 wieder an die Regierung kamen, wurde nicht Dreßler Bundesarbeitsminister, sondern der Gewerkschafter Walter Riester. Nachdem er 16 Jahre lang in der Opposition für die SPD-Sozialpolitik verantwortlich gewesen war, hatte Dreßler fest damit gerechnet, Minister zu werden. Er vermutete: Gerhard Schröder habe ihn loswerden wollen.
Dreßler galt als scharfer Kritiker der Hartz-Reformen, die Bundeskanzler Schröder gegen innerparteilichen Widerstand und Proteste der Gewerkschaften durchsetzte. Hartz IV sei verantwortlich gewesen für den "Absturz" der SPD, kritisierte Dreßler 2012 rückblickend in einem Interview. Er war ein vehementer Verfechter eines starken Sozialstaats.
Nach der Enttäuschung, nicht dem Kabinett anzugehören, stand Dreßler zu Beginn von Schröders Regierungszeit vor einer persönlichen Entscheidung: "Soll ich jetzt weiter machen, einen aussichtslosen Kampf, oder soll ich nach 20 Jahren sagen, ich höre auf.“ Dreßler legte sein Bundestagsmandat nieder und machte "etwas völlig Neues".
Von 2000 bis 2005 übernahm er den Posten des deutschen Botschafters in Israel. Dreßler gilt als der Schöpfer der Aussage, die gesicherte Existenz Israels sei Teil der deutschen Staatsräson. Er schrieb die Worte 2005 in einem Beitrag für die Bundeszentrale für politische Bildung, in einer Rede vor dem israelischen Parlament benutzte 2008 die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Formulierung.
Unsere Quellen:
- Mitteilung der NRW-SPD
- Munzinger-Archiv und anderes Archivmaterial
- Nachrichtenagentur AFP
- eigene Recherchen
Über den Tod von Rudolf Dreßler berichtet der WDR am 9. Januar 2025 auch im Hörfunk und im Fernsehen.