Mit knallbunten Farben, einer aufgeräumten Website und Videos, die via Social Media verbreitet werden, versucht NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) junge Menschen und reifere Personen als Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger für den Lehrerberuf zu begeistern. Zusammen mit zwei Lehrkräften stelle sie am Montag die neue Werbekampagne des Ministeriums in Düsseldorf vor. Sie läuft unter dem Motto "Was ist deine Lehrkraft?".
Feller betonte, die fünf Lehrkräfte, die das Ministerium stellvertretend für die ganze Bandbreite der Erwerbsbiografien und Einsatzmöglichkeiten in diesem Beruf aussuchte, seien echt und hätten ihre Texte selbst verfasst. Louisa und Volker, zwei von fünf Gesichtern der Kampagne, waren bei der Vorstellung in Düsseldorf dabei.
Seiteneinstieg nicht bereut
Volker erzählte von seinem Seiteneinstieg, der bereits mehrere Jahre zurückliege. Nach seinem Architekturstudium habe er zunächst in einem Architekturbüro gearbeitet und sei dann Lehrer an einer Berufsschule geworden. "Man muss zunächst einmal bereit sein, sich auf die Schulbank zu setzen", um die pädagogischen Anteile des Berufs zu erlernen.
Seiner Erfahrung nach wurde die Ausbildung der Seiteneinsteiger in den letzten Jahren immer mehr professionalisiert. Bereut habe er den Schritt nie, er schätze es sehr an seinem neuen Beruf, dass er "viel familienfreundlicher" sei: Urlaubsplanung und Kinderbetreuung seien für ihn als Lehrer viel einfacher geworden.
Die 26-jährige Louisa arbeitet als Musiklehrerin an einer Förderschule und liebt es nach eigener Aussage, junge Menschen für Themen zu begeistern und in ihrer Entwicklung zu unterstützen.
Kampagne mit "Chancenrechner"
Das Schulministerium konzentriert sich mit der neuen Kampagne auf digitale Verbreitungswege, denn so Feller, man wolle ja vorzugsweise junge Menschen erreichen. Darum werden die Videos über Facebook, Instagram, Youtube und die Kampagnen-Website verbreitet. Die enthält auch einen "Chancenrechner", bei dem sich Fächerkombinationen eingeben lassen und Einschätzungen zur Einstellungschance an den diversen Schulformen abgegeben werden.
Feller sagte, der Mangel sei aktuell besonders groß bei Grundschulen, der Sonderpädagogik und bei bestimmten Fächern im Berufsschulbereich.
Lob von "Lehrer NRW"
Der Verband "Lehrer NRW" findet die Kampagne "authentisch und seriös". Sie hebe sich positiv von der Vorgängerkampagne aus dem Jahr 2018 ab, verzichte auf Anbiederung durch Jugendsprache und spreche "einerseits Abiturienten und potenzielle Seiten- bzw. Quereinsteiger an, drückt aber andererseits auch Wertschätzung für Bestands-Lehrkräfte aus", heißt es in einer Mitteilung des Verbands.
Dennoch schreibt "Lehrer NRW": "Ob diese Aktion aber wirksam den Lehrkräftemangel lindern kann, bleibt fraglich." Beste Werbung für den Lehrerberuf seien attraktive Arbeitsbedingungen. Dazu gehörten neben einer angemessenen Besoldung auch kleinere Klassen, weniger Bürokratie und eine bessere Ausstattung.
GEW und VBE: Beste Werbung sind gute Arbeitsbedingungen
Ähnlich äußerten sich die anderen großen Verbände für Lehrkräfte GEW und VBE. Die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik sagte: "Die beste Werbung bleiben allerdings gute Arbeitsbedingungen – hier ist Luft nach oben." Der Erfolg der Werbekampagne hänge maßgeblich von der Politik ab. Zentral sei, die Belastungen vor Ort zu reduzieren, "damit Lehrkräfte ihren Beruf sinnstiftend erleben". Und der VBE NRW schlug als konkrete Maßnahme vor, "frühe Praktika für am Beruf der Lehrkraft interessierte Schülerinnen und Schüler in den verschiedenen Schulformen".
SPD: Das fehlt den Lehrkräften in NRW
Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, Dilek Engin, sagte, es sei "absolut richtig" für den Beruf zu werben, darum wünsche man der Kampagne den "größtmöglichen Erfolg". Doch es sei mehr nötig, als gute Werbung. Konkret nannte Engin die Einführung moderner Arbeitszeitmodelle, eine umfassende Lehrplanreform oder auch die Möglichkeit, Ein-Fach-Lehrkräfte einzustellen.
Über dieses Thema berichten wir auch am Montag in der WDR-5-Sendung "Westblick" ab 17.04 Uhr.