Bund der Steuerzahler präsentiert Schwarzbuch Aktuelle Stunde 17.10.2023 UT Verfügbar bis 17.10.2025 WDR Von Sebastian Auer

Schwarzbuch 2023: Bund der Steuerzahler sieht viel Verschwendung in NRW

Stand: 17.10.2023, 11:43 Uhr

Von einer kleinen Brücke über das Bächlein Osterschledde bis zu Großbaustellen wie der Beethovenhalle in Bonn reichen die Beispiele aus NRW, die im neuen Schwarzbuch gelistet sind.

Von Sabine Tenta

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW hat am Dienstag in Düsseldorf sein aktuelles Schwarzbuch vorgestellt. Die jährlich erscheinende Publikation enthält eine Auflistung von Ausgaben der öffentlichen Hand, die vom BdSt als Verschwendung eingestuft werden. Es seien 100 exemplarische Fälle, erklärte der Vorsitzende des Landesverbands, Rik Steinheuer, 13 Fälle stammten aus NRW. Sie zeigten einen "sorglosen Umgang mit Steuergeldern", sagte Steinheuer. Er appellierte an die Verantwortlichen, "mit dem öffentlichen Geld so sorgsam umzugehen, als wäre es das eigene".

Die Liste der Fälle aus NRW bildet eine Mischung aus alten und neuen Fällen. Hier ein paar Beispiele:

Die Sanierungsfälle

Sanierungsfälle wie die Kölner Oper und die Bonner Beethovenhalle sind zu Dauerbrennern im Schwarzbuch geworden. Die Sanierung der Stadtbibliothek in Köln ist ebenfalls eine Schwarzbuch-Fortschreibung: Es habe eine Kostensteigerung von ursprünglich 15,8 Millionen auf 140 Millionen Euro gegeben, kritisiert der Steuerzahlerbund. Zwischen diesen beiden Summen liegen unter anderem mehrere Jahre, eine Inflation, eine Energiekrise und eine Kostenexplosion im Bausektor.

Selfiepoints als Marketinginstrument

Alaaf - für die Stadt Köln für lau | Bildquelle: Imago/Political-Moments

Bocholt, Bochum, Bonn - sie alle haben ihn, den Selfiepoint. Also einen markanten Rahmen oder Schriftzug mit Stadtnamen, aufgestellt vor schöner Stadtkulisse. Sie sollen zu einem Selfie anregen, das in sozialen Netzwerken Ruhm und Ehre der Kommune mehren. Die Finanzierung dieses Marketinginstruments ist laut BdSt unterschiedlich: Die Schriftskulptur "#Duisburgistecht" habe die Stadt 100.000 Euro gekostet, ähnlich teuer war der Selfiepoint in Bochum.

Günstiger sei es in Bonn gewesen, hier habe der Verein City-Marketing Bonn den Schriftzug finanziert, die Stadt habe ihn mit 28.000 Euro bezuschusst. Und Nettetal habe bei seinem Selfie-Marketing nur gut 2.150 Euro dazugezahlt. Das werde von Köln unterboten, den Schriftzug Alaaf in den Stadtfarben nebst Narrenkappe habe komplett das Festkomitee Kölner Karneval getragen. In Summe bezweifelte Steinheuer den Sinn der Investitionen, er befürchtet, es handele sich bei den Selfiepoints um einen "eher kurzlebigen Trend".

Die Fische in der Osterschledde bei Geseke

Die Osterschledde ist ein Bächlein in der Nähe von Geseke (Kreis Soest). Nach Angaben des BdSt muss eine neue Brücke über das Bächlein ein zweites Mal gebaut werden, weil ein Rohr - das Durchlassprofil - nicht tief genug eingelassen worden sei. "Damit entstand unter der Brücke am Wassergrund eine Stufe, die für kleine Fische und Kleinstlebewesen wie Insektenlarven, Würmer und Schnecken unüberwindbar war. Die Durchgängigkeit der Osterschledde hatte sich also deutlich verschlechtert, was nach Vorschrift des europäischen Wasserrechts nicht zulässig ist."

Der Brückenneubau kostete nebst Angleichung und Sanierung der angrenzenden Straßen laut BdSt rund 100.000 Euro, der Neubau schlage mit 50.000 Euro zu Buche. "Ökologische Vorgaben missachtet, Bodenverhältnisse nicht geprüft, Genehmigungen nicht eingeholt: In Geseke mangelt es beim Umgang mit Steuergeld an Sorgfalt", resümiert deshalb der Verband.

Pendlerparkplatz in Borken: Park ohne Ride

In Borken im Münsterland sieht der BdSt bei einem Pendlerparkplatz mit angeschlossenem Bus-Shuttle-Service eine Verschwendung von Steuergeldern. Im Sommer 2020 sei der Parkplatz vom Rat der Stadt beschlossen und im Februar 2022 fertiggestellt worden. "Gekostet hat er, zusammen mit einer erforderlichen Linksabbiegespur, rund 1,43 Mio. Euro. Davon hat circa 800.000 Euro die Stadt bezahlt, den Rest das Land Nordrhein-Westfalen", so der Steuerzahlerbund NRW.

Doch wegen der Coronapandemie und dem Arbeiten aus dem Home-Office habe sich der Bedarf geändert. Dies habe die Stadt dem BdSt mitgeteilt. Zudem sei der Shuttle-Bus erst verspätet eingerichtet worden, kritisiert der BdSt, dann nur an drei Tagen pro Woche gefahren und schließlich mangels Nachfrage im April ganz eingestellt worden.

Goldfarbene Bänke in Wuppertal

Goldfarbene Bänke in Wuppertal | Bildquelle: WDR / Vogt

Diese Sitzgelegenheiten in Wuppertal sind nicht nur für den Bund der Steuerzahler ein glänzendes Beispiel fragwürdiger Verwendung von öffentlichen Geldern. Sie waren bereits eine Steilvorlage für WDR 2 Comedy und die Satiriker der NDR-Sendung Extra 3: Für zehn goldfarbene Bänke in der Wuppertaler Innenstadt hat die Kommune nach Angaben des BdSt 400.000 Euro ausgegeben, trotz klammer Kassenlage.

Wunderschönes Wuppertal - Stadt der goldenen Bänke WDR 2 Comedy 28.02.2023 01:27 Min. Verfügbar bis 27.02.2026 WDR 2

Download

Doch der Wuppertaler Baudezernent versicherte im Februar dem WDR, dass für die Bänke kein Gramm echtes Gold verwendet worden sei, darum sei die Bezeichnung "goldene Bänke" irreführend. Auch sei die öffentliche Diskussion verkürzt, weil nicht die Gesamtmaßnahme betrachtet werde, die den Stadtraum aufgewertet habe. Das Besondere an den Bänken sei, dass sie nachts leuchten. Bürgerinnen und Bürger kritisierten jedoch, dass die Bänke ohne Rückenlehne unbequem seien.

Über dieses Thema berichten wir am Dienstag auch in der WDR-5-Sendung Westblick ab 17:04 Uhr.