Die Vorfälle in der Silvesternacht waren in Köln besonders dramatisch. Aber auch in anderen NRW-Städten hat es Übergriffe und sexuelle Attacken gegeben, die fast ausschließlich von Männern mutmaßlich nordafrikanischer oder arabischer Herkunft begangen wurden. Das geht aus einem Bericht hervor, den Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) am Mittwoch (19.01.2016) dem Rechtsausschuss präsentieren wird. Die FDP hatte den Bericht angefordert.
Auffällig ist, das sämtliche Vorfälle Verdächtigen ausländischer Herkunft oder Aussehens zur Last gelegt werden. Wie das zu erklären ist, ist nicht ganz klar. Das Justizministerium sagt, gefragt wurde nach Vorfällen, die mit denen in Köln vergleichbar seien. Ein Sprecher gibt zu, dass diese Formulierung zweideutig ist. Es kann sein, dass die Behörden nur Vorfälle gemeldet haben, die mit ausländischen Tatverdächtigen zu tun haben. Ein Polizeisprecher sagte dem WDR allerdings: "Wir haben nach Straftatbeständen, nicht nach Tätern gefragt." Vergleichszahlen zum Vorjahr kann das Justizministerium nicht nennen, weil es vor einem Jahr keine spezielle Abfrage für Silvester gegeben habe. Der WDR dokumentiert die Angaben im Bericht.
Bislang haben sich 833 Opfer in Köln gemeldet
Der Ermittlungsstand in dem Bericht bezieht sich auf den vergangenen Donnerstag (14.01.2016). Die Zahl der Strafverfahren in Köln hat sich seitdem noch einmal erhöht. Am Montag (18.01.2016) zählte die Staatsanwaltschaft Köln 766 Anzeigen. Davon betreffen 381 Sexualdelikte und 385 Eigentums- oder Körperverletzungsdelikte. Die Zahl der betroffenen Opfer liegt noch höher, nämlich bei 883. Es ist wahrscheinlich, dass diese Zahlen noch steigen. Ermittlungen laufen derzeit gegen 21 Beschuldigte, acht sitzen in Untersuchungshaft. Einem 26-Jährigen aus Algerien wird sexuelle Nötigung vorgeworfen. Bei den anderen Verdächtigen geht es um Diebstahl.
Der Bericht enthält auch Informationen zu Ermittlungsmaßnahmen. Demnach hat die Staatsanwaltschaft Köln eine Funkzellenauswertung vorgenommen. Das heißt, die Polizei kann feststellen, wessen Handy am Silvesterabend in eine der Funkzellen am Hauptbahnhof eingeloggt wurde. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Identität der Personen vor Ort. Laut Bericht liegen der Polizei 1,6 Millionen Datensätze vor. Darüber hinaus hat die Polizei Videomaterial aus Überwachungskameras mit einer Gesamtlänge von 355 Stunden gesichert. Hinzu kommen Videos von Privatpersonen. All diese Daten werden derzeit ausgewertet.
50 Vorfälle in Düsseldorf
Nach Köln haben sich die meisten Vorfälle in Düsseldorf ereignet. Der Bericht spricht von 48 "Vorgängen", bei denen es um sexuelle Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht geht. In nahezu allen Fällen, so der Bericht, haben die Zeuginnen die Täter als "arabisch", "nordafrikanisch" oder "südländisch" beschrieben. Die allermeisten Übergriffe fanden in der Altstadt statt. Bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf laufen zudem zwei Verfahren, eines wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Raub und eines wegen sexueller Beleidigung.
Diebstahl und Körperverletzung auf Bielefelder Vergnügungsmeile
In Bielefeld zählt die Polizei 21 Ermittlungsvorgänge aus der Silvesternacht im Umfeld einer Vergnügungsmeile. Hauptsächlich geht es dabei um Diebstahl und Körperverletzung, in drei Fällen kommt laut Polizei ein Sexualdelikt - vermutlich Beleidigung - hinzu. Die Staatsanwaltschaft hat aber noch kein Ermittlungsverfahren begonnen.
Versuchte Vergewaltigungen in Detmold
Detmold meldet zwei Fälle von versuchter Vergewaltigung. In beiden Fällen werden die Täter als "ausländisch" beschrieben. Ein Fall ereignete sich in unmittelbarer Nähe einer Flüchtlingsunterkunft.
Beleidigungen in Dortmund und Essen
In Dortmund liegen fünf Verdachtsfälle aus der Silvesternacht vor. In allen Fällen geht es um sexuelle Beleidigung. Zwei Fälle von sexueller Nötigung werden aus Essen gemeldet.
Vorfälle in Borken und Paderborn
Die Kreispolizei in Borken berichtet dem Ministerium, dass "mehrere Asylbewerber" zwei Mädchen angegriffen haben sollen. In Paderborn sollen Frauen Schutz beim Türsteher einer Disko gesucht haben. Diesem hätten sie berichtet, dass sie von einer Gruppe von acht bis zehn "Nordafrikanern" gegen ihren Willen unsittlich berührt worden seien. Die Polizei nahm in der Nacht drei Verdächtige fest, ließ sie später aber wieder frei. Die Opfer haben sich bisher nicht bei der Polizei gemeldet.