Nach der Erhebung des Pestel-Instituts verzeichnete NRW 2022 beim Sozialen Wohnungsbau mit 435.025 Einheiten die höchste Zahl bundesweit. Das waren dem Institut zufolge nur 4.175 Sozialwohnungen weniger als im größten Bundesland benötigt werden. In anderen Bundesländern war die Differenz zwischen der benötigten Zahl an Sozialwohnungen und der vorhandenen Zahl deutlich größer. In Baden-Württemberg zum Beispiel fehlen 206.000 Sozialwohnungen, in Bayern 195.000 und in Berlin 131.000.
Viele Sozialbauten in NRW nach dem Krieg
"Nordrhein-Westfalen war nach dem Zweiten Weltkrieg das Sozialbauwohnungsland. Deshalb gibt es einen besonders großen Bestand - davon profitiert das Land noch immer", so Matthias Günther, der die Erhebung leitete.
Mieterbund NRW: “Bedarf ist höher”
Allerdings gibt es unterschiedliche Ansichten dazu, wie viele Sozialwohnungen in NRW benötigt werden. Für die Berechnung des Bedarfs hat das Pestel - Institut eine Art Formel aufgestellt, die die Zahl der fehlenden Wohnungen in Relation zur Zahl der Empfänger staatlicher Leistungen wie Bürgergeld setzt.
"Nur rund 4.000 fehlende Wohnungen, das ist viel zu wenig, es fehlen zigtausende Sozialwohnungen", kritisiert Hans-Jochem Witzke vom Mieterbund in NRW das Ergebnis der Berechnung. Das Problem verschärfe sich zusätzlich dadurch, dass in den kommenden Jahren tausende Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen.
"Im vergangenen Jahr wurden nur 3.600 neue Sozialwohnungen gebaut, es wären aber 20.000 Wohnungen nötig, um zu verhindern, dass der Bestand an Sozialwohnungen weiter sinkt", so Witzke. Tatsächlich sinkt die Zahl der Sozialwohnungen schon seit Jahren, früher waren es 700.000 in Nordrhein-Westfalen.
Forderung nach 50 Milliarden Euro für Sozialen Wohnungsbau
Die Zahlen wurden am Dienstag in Berlin von einem Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden vorgestellt. Es wirft Bund und Ländern vor, die Förderung von Sozialwohnungen vernachlässigt zu haben. Dadurch sei ein "dramatischer Mangel an sozialem Wohnraum" entstanden, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten. Das Bündnis "Soziales Wohnen" fordert 50 Milliarden Euro für die Förderung sozialen Wohnraums.
Ampel-Koalition bleibt hinter Zielen zurück
Die Ampel-Koalition hatte wegen des enormen Bedarfs vor allem in den Städten im Koalitionsvertrag den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen angepeilt - davon 100.000 Sozialwohnungen. Auch wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs räumte sie zuletzt aber ein, das Ziel zunächst zu verfehlen. Knappe Materialien, Fachkräftemangel und gestiegene Zinsen zählen zu den Haupthindernissen.
Landesregierung versucht, mehr Sozialwohnungen zu bauen
In NRW ist ein großes Problem, dass es an Flächen zum Bauen fehlt. Bauministerin Scharrenbach (CDU) will darum auf Bundesebene erreichen, dass neue Flächen frei gegeben werden. Das Land hatte zuletzt die Fördermittel für Sozialwohnungen stark erhöht. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband hatte dies zuletzt gelobt.
Daneben gibt es Initiativen der Landesregierung wie zum Beispiel das Kaufen von Belegungsrechten. Dabei werden die Rechte an alten Wohnungen von Wohnungsgesellschaften abgekauft, um sie danach günstig weiter vermieten zu können. Auf diese Art sind alleine in Bochum fast 500 neue Wohnungen entstanden.
Kritik an der Wohnungsbaupolitik der Landesregierung kommt von der SPD - Opposition im Landtag. "Die CDU - geführten Landesregierungen verschlafen das Thema Wohnungsbau seit Jahren", teilte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sarah Phillipp mit. Um schnell mehr Wohnungen zu bauen, will die SPD eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ins Leben rufen.
Zahl der Sozialwohnungen rückläufig
Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit Jahren deutschlandweit ab. Gab es in der alten Bundesrepublik noch fast vier Millionen Sozialwohnungen, waren es 2020 nur noch rund 1,13 Millionen. In Nordrhein-Westfalen gab es im Jahr 2007 noch mehr als 700.000. Die Mieten sind bei Sozialwohnungen staatlich reguliert. Wohnen dürfen dort nur Menschen, bei denen die Behörden besonderen Bedarf sehen. Nach einer bestimmten Zeit können die Wohnungen normal am Markt vermietet werden - je nach Regelung im jeweiligen Land.