Bild der Parteizentrale der nordrhein-westfälischen SPD auf der Kavalleriestraße in Düsseldorf

Kommentar: Das lehrt die Brandenburg-Wahl die NRW-SPD

Stand: 23.09.2024, 13:01 Uhr

Der SPD-Wahlsieg in Brandenburg hat für die NRW-Partei Signalwirkung. Eine zu große Kanzler-Treue könnte teuer werden.

Von Christoph Ullrich Christoph Ullrich

Im Johannes-Rau-Haus dürften sie jetzt ganz genau darauf schauen, wie es Dietmar Woidke gemacht hat. Ähnlich wie er zum Start seiner Wahlkampagne stecken die NRW-Sozialdemokraten in einem ähnlichen Dilemma: Die Umfragen sind mies, der Ampel-Effekt schlägt auf den Landesverband durch.

Die selbsterklärte einstige NRW-Staatspartei steckt hier mehr als nur in der Krise. Und sie hat noch nicht mal - anders als Woidke - einen Amtsbonus. Den hat Hendrik Wüst von der CDU. Und er wird - anders als der brandenburgische CDU-Spitzenkandidat - nicht so schnell angetrunken auf einem E-Roller durch die Gegend fahren.

Es braucht Identifikationsfiguren

Da ist Dietmar Woidke ein willkommener Hoffnungsschimmer. Er hat gezeigt, dass man sich von einem ungeliebten Kanzler aus der eigenen Partei absetzen kann, ohne ihn gleich infrage zu stellen. Er hat Haltung bewiesen und eine klare Strategie gefahren: "Entweder ich gewinne, oder ich gehe!" Ob er das auch tatsächlich wahr gemacht hätte, wäre er hinter der AfD gelandet: Wir werden es nie erfahren. 

Aber es ist auch egal. Seine Aufholjagd ist mehr als respektabel. Und damit sind wir bei der NRW-SPD. Will sie aufholen, muss sie sichtbar sein. Gewinnerthemen gibt es für die Partei genug: Im Wohnungsbau, in der Industrie oder in der Bildung. Gesellschaftspolitisch hat die NRW-SPD eigentlich genug Antworten zu bieten. 

Dazu fehlen jedoch die Identifikationsfiguren. Einen Bodenständigen wie Woidtke haben sie nicht. Aber so eine Person braucht die NRW-SPD, will sie 2025 nicht die Rathäuser verlieren und 2027 Hendrik Wüst weiterhin die Staatskanzlei überlassen. Der Aufbau solcher Persönlichkeiten sollte jetzt erfolgen und nicht erst knapp vor den Wahlen. 

Es geht um mehr als das Kanzleramt

Natürlich halten sich viele der möglichen Sozialdemokraten und -demokratinnen aktuell zurück, man will ja nicht einen internen Gegenpol zu Olaf Scholz bilden. Es ist halt am Ende immer noch etwas anderes, wenn die SPD hierzulande nichts mit dem Kanzler zu tun haben will. Senkt NRW den Daumen, ist Scholz Kanzlerschaft erledigt. 

Aber für so viel Rücksicht hat man in der Düsseldorfer Parteizentrale eigentlich keine Zeit mehr. Die Landes-SPD muss - das ist die Lehre aus Brandenburg - erst einmal auf sich schauen und sich von der Parteiräson emanzipieren. Sonst verliert die gesamte Partei nicht nur das Kanzleramt.

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